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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Oktober 2009; 19:24
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Post:

> Vom Fuchs zum Elefanten
> oder: Was sie schon immer ueber ihre Brieftraegerin wissen wollten.

Eines schoenen Mittwochs (23. 9. dJ) platzierte die oesterr. Post AG
eine ganz persoenliche Werbebotschaft auf den Abo-Sendungen einer
TV-Wochenprogrammzeitschrift.

Dort war zum Beispiel zu lesen: "Die Post praesentiert Ihnen, Herr Xy,
Ihr persoenliches TV-Media! Zugestellt von Ihrer BrieftraegerIn Yy X".
An Stelle von Xy und Yy X stand "natuerlich" der richtige Namen der
AbonnentInnen und der BrieftraegerInnen zu lesen.

Die Post AG betrieb also, ohne mit der Wimper zu zucken, Werbung mit
den Namen ihrer Belegschaft. Und zwar in dem sie - in Zeiten von
Google, 123 People, MySpace und Facebook - Vor- und Zuname ihrer
fleissigen AussendienstmitarbeiterInnen hinausposaunte.

Bei dieser Sendung platzte manchen von uns der Kragen, schliesslich
waren das UNSERE Namen, die da ohne vorheriges Fragen (und Nachdenken)
veroeffentlicht wurden.

Die Post hat jedoch nicht nur Zugang zu den Adressdaten ihrer
ArbeitnehmerInnen, sondern zu beinahe allen in Oesterreich wohnhaften
Personen.

So ist das hier gezeigte Manko an Sensibilitaet auch fuer
Post-EmpfaengerInnen aeusserst bedenklich.

Deren Daten sind heiss begehrte Ware bei Direkt- und Geomarketing
Unternehmen wie Meiller oder Schober. Verknuepft mit Informationen
ueber Konsumgewohnheiten ergeben sich daraus wertvolle Adresslisten.
Da ist es doch praktisch, wenn die Sendungen noch altmodisch per Hand
von Leuten mit aufmerksamen Augen und schreibtuechtigen Fingern
zugestellt werden. Denn als BrieftraegerIn weiss man so einiges, das
anderen von Bedeutung ist. Auto, Hund, Katze, Kinderzahl,
Grundstuecksgroesse? Gerade eben geschieden, staendig auf Reisen?
Schliesslich gab es ja auch bereits Versuche, die Brieftraegerinnen
als Marketingspitzel in den Zustellbezirken zu verwenden. Damals waren
wir angehalten worden, genau solche Angaben in den Hausparteienlisten
zu vermerken. Derlei Ideen koennten die Postoeberen vielleicht bald
wieder haben.

Die Fuelle an Informationen und der Kontakt zu ihren Quellen erinnert
uns ZustellerInnen daran, dass wir sensibel damit umzugehen haben.

Unser Wissen aber auch unsere Verschwiegenheit geht weit ueber die
Sendungen, die wir zustellen, hinaus.

Das ist - pathetisch gesagt - ein Berufsethos, der sich bei vielen
gefestigt hat, wie der, dass uns fremdes Geld und der Inhalt fremder
Pakete nicht zu interessieren haben.

Die Marketingabteilung allerdings hat mit diesem Vorfall ihre
mangelnde Kompetenz in Sachen Datenschutz ausreichend unter Beweis
gestellt, und sich nicht schlau wie der Fuchs, der einst als
Maskottchen diente, verhalten.

Vielmehr hat sie sich wie der sprichwoertliche Elefant im
Porzellanladen benommen.

Angesichts der neuesten Entwicklungen, was die Prekarisierung unseres
Berufsstandes betrifft, stellt sich auch die Frage, wie lang "unser"
Ethos noch Bestand haben wird.

Ob unsere Kollegen und Kolleginnen von der Feibra oder zukuenftiger
Konkurrenz, die auch sehen/hoeren, wer welches Auto und welchen Hund
hat, ebenfalls so "ehrenhaft" sind, vermag ich nicht zu sagen.

Uns allen - den Opfern von Direkt-Marketing - bleibt nur, achtsam mit
unseren Daten umzugehen, und sie nicht oeffentlich Preis zu geben.
Kein Name, kein Geburtsdatum, keine vollstaendige Adresse ins Internet
oder auf "Frageboegen" irgenwelcher Kundenkarten. Dann bleibt die "123
People Akte" eine laecherliche Ansammlung irgendwelcher
Computerphantasien.

Aussageverweigerung sollte also Praxis werden, nicht nur bei der
Polizei. :-)

Fuer Kontakt zu kritischen BrieftraegerInnen empfehle ich die E-mail
adresse: babs{AT}riseup.net

...mit den besten Wuenschen
*ein Brieftraeger*



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