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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. September 2009; 18:58
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Debatte/nach den Vorarlbergwahlen:
> Was tun?
Eine Antwort auf Martin Margulies
Bravo, Martin! Nur: Mit der jetzigen Fuehrung der gruenen Bundespartei 
wird Gesundbeterei nicht helfen. Wenn die Personen an der Spitze nur 
in Oekofragen laut werden und in bezug auf den Rassismus, muss man 
sagen: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, schweige vom Faschismus! 
Und die Bundesspitzen wollen nicht vom Kapitalismus reden - ihr seid 
in der selben Falle wie die Sozialdemokratie, die immer Angst hat, 
irgendwem weh zu tun und sich dann wundert, wieso ihr niemand das 
abnimmt, was Faymann "Haltung" nennt...
Es muss ein wenig darueber hinausgehen. Wenn die Wahlen in Vorarlberg 
wiedermal gezeigt haben, dass dieses Land immer weiter nach rechts 
rueckt, muss etwas geschehen -- ob da die Gruenen in die Bresche 
spingen oder sonstwer, ist mir dabei ziemlich egal. Ich glaub nicht an 
die "repraesentative Demokratie", aber die Stimmung im Land, die die 
Politik der Entsolidarisierung betreibt, braucht einen Counterpart zu 
OeVP, FPOe und BZOe. Wurscht, ob das jetzt eine Partei, eine 
Gewerkschaft, eine NGO oder (was freilich am besten waere) eine 
unorganisierte, aber schlagkraeftige Bewegung von unten waere.
Die Menschen sind verunsichert bezueglich ihrer persoenlichen Zukunft 
resp. frustriert ueber ihre Gegenwart - und das zu recht. Wenn die 
Pension zur Lotterie wird und Bildung ein Luxus, dann werden Menschen 
aggressiv -- und das ist gut so. Wir koennen ihnen nicht sagen: "Seid 
lieb zu Auslaendern!", sondern muss ihnen sagen, dass ihr Feind eben 
nicht der Mensch ohne oesterreichischen Pass ist, dem es noch mieser 
geht als ihnen selbst, sondern dass das die Bonzen sind - man 
entschuldige bitte meine populistischen Formulierungen, ich rede auch 
recht ungern in solchen Schwarzweiss-Schemata, aber genauso muss man 
mit den Leuten reden: Fiona und Julius sollen zahlen!
Auch mit der Krise hat das genau nichts zu tun -- die Tendenzen waren 
vor der Lehmann-Pleite genauso vorhanden. Vielleicht befluegelt diese 
Krise, wenn wir ihre Auswirkungen erst richtig spueren, den 
Rechtstrend noch mehr, mag sein, aber sie aendert nichts 
Prinzipielles: Der Hang zu obrigkeitlichen Volkstribunen ist der 
Verunsicherung geschuldet und die hat was mit der Rabiatheit des 
Kapitals in den Zeiten einer von der Politik geschaffenen 
Globalisierung und der Ideologie des Neoliberalismus zu tun. Wer keine 
Angst vor dem Morgen hat, sucht sich auch keinen Suendenbock.
So einfach ist das! Behaupte ich jetzt einmal. Nur: Was tun? Diese 
Frage ist verdammt schwierig zu beantworten. Hermann Dworczak 
mailte -- wie so ziemlich nach jeder Wahl -- auch diesmal wieder aus, 
dass man ein "Linksprojekt" vorantreiben muesste. Nunja, ich glaub 
nicht dran, eine Partei ohne jede Basis und Bewegung kann nicht 
funktionieren. Was bleibt dann sonst? Dass die Linken in SPOe und 
Gruenen endlich die noble Zurueckhaltung fallen lassen und ihre 
Parteispitzen oeffentlich damit konfrontieren, dass sie Scheisse 
bauen -- unwahrscheinlich, weil die, die etwas bewegen koennten, um 
ihre eigenen politischen Positionen fuerchten muessten. Oder Angst 
haben, sie koennten ihre politische Familie vergraemen. Die KPOe 
unterstuetzen? Aehm... Was sonst?
Lasst uns das bitte diskutieren! Ohne den grossen Traum von der 
Regierungsbeteiligung oder der Revolution! Ohne Eitelkeiten bezueglich 
eigener Gruppen! In illusionsloser Klarsicht, dass die meisten 
politisch aktiven Linken ueberhaupt keinen Bezug zu jenen haben, die 
heute aus lauter Hilflosigkeit rechte Parteien waehlen und rechte 
Ideen am Stammtisch verbreiten. Die Sache ist zu wichtig, als sich 
romantischen Verklaerungen hinzugeben.
Dazu zwei Webtips: Auf der obzitierten URL von Martins Beitrag war zu 
Redaktionsschluss gerade eine heftige Debatte im Gang, was die Gruenen 
tun sollen. Auf Facebook hingeben gibt es eine neue Diskussionsgruppe, 
die ich eingerichtet habe. Zugegeben, es gibt schon eine Menge Foren 
im Netz, aber das Angebot der stinknormalen kapitalistischen Firma 
Facebook hat den Vorteil, quasi neutraler Boden zu sein. Ich hab keine 
Ahnung, ob eine solche Diskussionsgruppe was bringen kann, aber einen 
Versuch ist es wert. Die Gruppe heisst: "Eine Neue Linke in 
Oesterreich?"
Und in der akin ist sowieso immer Raum zur Diskussion.
*Bernhard Redl*
Zur Facebook-Gruppe: http://alturl.com/ip92
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