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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 16. September 2009; 02:21
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El Salvador:
> Funes laut Umfragen beliebt
Die Bilanz der ersten 100 Tage Linksregierung ist mager
In drei Monaten hat sich etwas bewegt: Die Regierung Funes schaffte 
die Krankenhausgebuehr ab, startete ein Programm zur Armutsbekaempfung 
und fuehrte eine Notrente fuer Beduerftige ab 55 Jahren in Hoehe von 
55 US-Dollar ein. Die historisch erste Linksregierung in El Salvador 
bekommt nach 100 Tagen im Amt deshalb so gute Noten wie keine ihrer 
konservativen Vorgaenger. Laut einer Studie der technischen 
Universitaet UTEC (Universidad Tecnológica de El Salvador) aeusserten 
sich 83,8 Prozent der Befragten positiv zu Funes Amtsfuehrung und in 
einer Erhebung der Zentralamerikanischen Universitaet El Salvador UCA 
(Universidad Centroamericana) erhaelt der Praesident auf einer Skala 
von eins bis zehn die Durchschnittsnote 7,16. "Das sind 
assistentialistische Massnahmen, aber sie lassen das Volk aufatmen. 
Funes steht auf Seiten der Armen!", sagte Maria Silvia Guillen, 
Geschaeftsfuehrerin der Menschenrechtsorganisation FESPAD (Fundación 
de Estudios para la Applicación del Derecho).
Wie die grosse Mehrheit der SalvadorianerInnen begruesst Guillen die 
Einrichtung des Komitees der sozialen Oekonomie, in dem auch 
VertreterInnen der sozialen Bewegungen, neben UnternehmerInnen, die 
Regierung bei der Umsetzung ihrer Politik beraten sollen. "Noch nie 
wurde das Volk so sehr in Entscheidungen einbezogen wie heute", 
konstatiert sie. Gut schneidet in den Umfragen auch die linke 
Regierungspartei FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación 
Nacional) ab - die Mehrheit der Befragten bezeichnet sich selbst als 
"links" und gibt der ultrarechten ARENA-Partei (Alianza Republicana 
Nacionalista), die zwei Jahrzehnte regierte, den Laufpass.
Die Bilanz der ersten 100 Tage Amtszeit nannte Praesident Mauricio 
Funes hoechstselbst eine Unsitte: "Das ist doch niemals genuegend 
Zeit, um eine Regierung zu katalogisieren, um einen kompletten 
Regierungsplan in Marsch zu setzen", sagte er.
Drohend hat sich unterdessen der Schatten des Militaerputsches im 
Nachbarland Honduras ueber das Land gezogen. Am Tag nach Manuel 
Zelayas gewaltsamer Entfuehrung soll der Fraktionsvorsitzende der 
ARENA-Partei dem Praesidenten am Telefon gedroht haben: Sollte er sich 
zu weit vorwagen, drohe ihm das gleiche Schicksal. "Wir lassen uns 
nicht einschuechtern, aber ich unterstuetze die besonnene Politik des 
Praesidenten, der jetzt nicht frontal heikle Themen anpackt", sagte 
Maria Silvia Guillen. Dazu gehoeren die Annaeherung an das progressive 
Staatenbuendnis ALBA (Alternativa Bolivariana para los Pueblos de 
Nuestra América) und das Amnestiegesetz, welches seit 1993 in El 
Salvador die Verfolgung der Buergerkriegsverbrechen und der von 
Militaers begangenen Massaker verhindert.
"Ich bin enttaeuscht. Eine Revolution kann man nicht in 100 Tagen 
machen, aber Funes ist ein unsichtbarer Praesident", sagte Hector 
Vides. Der ehemalige Direktor von El Salvadors alternativem 
Radionetzwerk ARPAS (Asociacion de radios y programas participativos 
de el salvador) arbeitet heute als Softwarespezialist in Costa Rica. 
"Waehrend des Wahlkampfes war Funes omnipraesent und meisterte die 
Neuen Medien. Aber wenn ich heute die Regierungswebsites anklicke, 
dann sind da immer noch die alten Informationen aus der Zeit vor 
seiner Amtsuebernahme. Funes koennte punkten mit der Einfuehrung von 
freier Software im oeffentlichen Dienst oder mit Initiativen zur 
Foerderung alternativer Medien. Aber er vertut diese Chancen einfach", 
so Vides. Enttaeuschung macht sich auch unter UmweltschuetzerInnen 
breit, weil der Staatschef das umstrittene Staudammprojekt Chaparral 
nicht stoppe und nicht einmal eine Ausgleichsmassnahme vorschlage.
Ein draengendes Problem bleibt in El Salvador indes die 
Bandenkriminalitaet. Die Mordrate stieg auch im ersten Halbjahr 2009 
weiter an. Fuer Entsetzen sorgte die Ermordung des linken 
franzoesischen Filmemachers und Fotografen Christian Poveda Anfang 
September. Poveda berichtete waehrend des Buergerkrieges als 
Korrespondent aus El Salvador. Zu Jahresbeginn sorgte sein 
Dokumentarfilm ueber Strassenbanden "La Vida Loca" fuer Wirbel. 
Offenbar wurde er von einem Mitglied der Bande, die er gefilmt hatte, 
ermordet.
(Torge Loeding, voces nuestras/poonal)
*
> Anmerkung der Redaktion
Die Lateinamerika-Nachrichten dieser Ausgabe haben wir dem Bulletin 
Nr. 862 der Poonal entnommen. Die professionell arbeitende Berliner 
Agentur stellt uns diese Nachrichten solidarischerweise kostenlos zur 
Verfuegung. Allerdings braucht sie zum Ueberleben auch zahlende 
Kunden, die wir ihr auf diesem Wege suchen helfen. Mehr dazu 
unter:http://www.npla.de/poonal
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