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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. August 2009; 15:19
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Moderne Zeiten:
> Der ewige Verdacht
Die Datenschutzkommission lehnte das Ansuchen eines Freigesprochenen
auf Loeschung der Ermittlungsdaten ab. Lapidare Erklaerung: Die Daten
koennten fuer weitere Ermittlungen bedeutsam sein. Weswegen der
Betroffene nun wohl auf ewig unter dem Verdacht der Kinderpornographie
stehen wird.
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Die Diskussionen um Loeschungsansprueche von Betroffenen nach
eingestellten Polizeiermittlungen oder strafgerichtlichen
Freispruechen nehmen kein Ende. Besonders brisant ist die Situation,
wenn Verfahren Straftaten aus dem sexuellen Bereich betroffen haben.
In einer neuen Entscheidung (K121.390/0001-DSK/2009 vom 21.1.2009) hat
die Datenschutzkommission (DSK) einen Loeschungsanspruch unter teils
dubiosen Argumenten abgelehnt.
Der Betroffene war unter Verdacht geraten, Vergehen der
pornographischen Darstellung Minderjaehriger und des sexuellen
Missbrauchs von Jugendlichen begangen zu haben. Die
Bundespolizeidirektion Wien hatte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet
und Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien erstattet. Nach
weiteren Ermittlungsschritten hatte die Staatsanwaltschaft das
Ermittlungsverfahren aufgrund mangelnder Beweise eingestellt.
Der Betroffene richtete ein Loeschungsbegehren an die
Bundespolizeidirektion Wien. Darin verlangte er, saemtliche zu seiner
Person verarbeiteten Daten, auch in den allgemeinen Protokollen und in
den Erhebungsakten zu loeschen. Dem spaeteren Beschwerdefuehrer wurde
mitgeteilt, dass keine personenbezogenen Daten in Datenanwendungen
ueber ihn verarbeitet wuerden, weshalb auch keine Loeschung erfolgen
koenne. Die Erhebungsakten selbst seien keine Datenanwendungen und
unterlaegen nicht dem Loeschungsrecht. Die Daten der allgemeinen
Protokolle wuerden fuer Zwecke der Wiederauffindung der Aktenkopie und
der Dokumentation behoerdlichen Handelns "jedenfalls auf Dauer der
Aufbewahrung der Aktenkopie" benoetigt. Aufgrund der Verweigerung der
Loeschung wandte sich der Betroffene an die DSK.
Hinsichtlich der bezeichneten Papierakten verweist die DSK in ihrer
Entscheidung auf die staendige Judikatur, dass diese nicht dem
Dateibegriff entsprechen wuerden und daher kein Loeschungsanspruch aus
dem DSG bestuende.
Interessant sind die Ausfuehrungen zur Loeschung aus der
Aktendokumentation, dem EDV-System "PAD" (Abkuerzung fuer
"Protokollieren-Anzeigen-Daten"). Dort bestehen Eintragungen
hinsichtlich "aeusserer" Verfahrensdaten (wie Identitaets-, Adress-
und Kontaktdaten), Daten zum Verfahrensgegenstand (wie
Sachverhalt/"Kurzsachverhalt", Rolle des Betroffenen, Tatverdacht,
befasste Behoerden) und Verfahrensausgang. Teilweise sind
PAD-Dokumentation und gefuehrter Papierakt zu einem Fall ident.
Aufgrund der zweifelsfreien Datenanwendung musste sich die DSK mit dem
Loeschungsanspruch des Betroffenen auseinander setzen.
Hinsichtlich der Frage, ob die Ermittlungsdaten zu loeschen seien, da
sich der Verdacht nicht bestaetigt habe, kommt die DSK zu folgenden
Erwaegungen:
Mangels spezieller Regelung koenne hinsichtlich der Loeschung nur auf
die allgemeinen Grundsaetze des § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 ueber die
zulaessige Speicherdauer von personenbezogenen Daten zurueckgegriffen
werden. Diese besagen, dass Daten nur solange in personenbezogener
Form aufbewahrt werden duerften, als dies fuer die Erreichung der
Zwecke, fuer die sie ermittelt wurden, erforderlich sei. Die DSK kommt
zusammenfassend zur Ansicht, dass "die Erreichung der Zwecke, fuer die
(die Daten) ermittelt wurden" eine Aufbewahrung der
Verfahrensdokumentation ueber die Verfahrensdauer hinaus erfordert.
Entscheidend sei, dass auch Verfahren, die zur Einstellung oder zum
Freispruch gefuehrt haben, unter Umstaenden nach ihrem Abschluss
wieder eroeffnet werden koennten.
Auch wuerde die Behauptung des Beschwerdefuehrers, wonach das blosse
Vorhandensein einer Verfahrensdokumentation die Geltung der
Unschuldsvermutung fuer ihn gefaehrde, dazu fuehren, dass nicht nur
die Akten ueber kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei den
Sicherheitsbehoerden, sondern auch alle Akten nach Einstellungen oder
Freispruechen bei Strafgerichten umgehend zu vernichten waeren. Damit
ginge aber auch jeder Nachweis eines erfolgten Freispruchs verloren,
was nicht im Interesse des Betroffenen sein koenne. Diese
Nachweisbarkeit der "Unschuld" sei vom Zweck des Strafverfahrens mit
umfasst. Fuer einen Rechtsstaat sei es unerlaesslich, dass
Dokumentationen in Aktenform ueber staatliches Handeln mindestens so
lange vorhanden seien, als die zur Pruefung der Rechtmaessigkeit
ausserhalb von Rechtsmittel- und fristgebundenen Beschwerdeverfahren
berufenen Institutionen ihre Pruefkompetenz ausueben. Die Pflicht zur
sofortigen Vernichtung der Verfahrensdokumentation nach
Verfahrensbeendigung wuerde die Gefahr der Foerderung von
Rechtswillkuer und Korruption bergen.
Zusammenfassend haelt die DSK fest, dass ein Loeschungsanspruch nicht
existiere, da die Verwendung der Daten weiterhin moeglich sei.
(ARGE Daten/gek.)
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=64220bcb
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