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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Juni 2009; 16:37
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EU/FPOe:
> Abendland in deutscher Christenhand
Immer wieder wird die FPOe als EU-oppositionelle Kraft inszeniert. Die 
Freiheitlichen wollen diesen Eindruck erwecken, um im Waehlerteich der 
EU-Unzufriedenen zu fischen. SP- und Gruen-Spitzenpolitiker naehren 
dieses Bild, um EU-Kritik im rechten Eck entsorgen zu koennen. Doch 
dieses Bild ist grundfalsch, wie ein Blick in die Gedankenwelt des 
freiheitlichen Spitzenkandidaten fuer das EU-Parlament, Andreas 
Moelzer, belegt.
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Andreas Moelzer, nach Selbstdefinition ein "gluehender Europaeer", 
laesst keine Zweifel aufkommen, dass er fuer eine europaeische Welt- 
und Militaermacht eintritt: "Das Europa der Zukunft soll ein starker 
und unabhaengiger Faktor der Weltpolitik sein. Dieses Europa muss eine 
unabhaengige Weltmacht sein, das nicht nur die eigene Sicherheit und 
die all seiner Mitglieder garantieren kann, sondern seine vitalen 
Interessen auch weltweit zu vertreten und durchzusetzen weiss. Eine 
gemeinsame Aussenpolitik und eine gemeinsame Sicherheitspolitik sind 
dafuer die unabdingbaren Voraussetzungen. Eine starke europaeische 
Armee mit internationalen Eingreiftruppen, ein Verteidigungsbuendnis, 
das Europa zu Lande, zu Wasser und zur Luft unangreifbar macht und 
gleichmaessige und gerechte Beteiligung aller Mitgliedstaaten dieser 
Union waeren dafuer die Voraussetzung." (Europa im rechten Licht, S. 
97) Das ist eine treffende Beschreibung dessen, was in der EU seit 
geraumer Zeit ablaeuft: Aufbau von schnellen EU-Eingreiftruppen und 
EU-Battle-Groups, Ausbau der militaerischen Beistandsverpflichtungen, 
Dutzende von grossen Ruestungsprojekten, Staerkung der 
Ruestungsindustrie usw.
Befreiung von "raumfremder Dominanz"
Moelzer vergisst auch nicht auf historische Kontinuitaetslinien dieser 
auf Weltmacht abzielenden Europapolitik hinzuweisen: Die 
"moeglicherweise nicht nur propagandistisch motivierten Versuche des 
Nationalsozialismus im Zuge des 2. Weltkrieges, beispielsweise 
europaeische Waffen-SS-Einheiten aufzustellen, die Eroberungen der 
Wehrmacht also quasi zum Ausgangspunkt einer neuen integrierten 
europaeischen Ordnung unter deutscher Hegemonie darzustellen, gehoeren 
wohl auch in diese Reihe ... Europa zu einen." (Servus Oesterreich, S. 
194). So verwundert es auch nicht mehr, dass der freiheitliche 
EU-Parlamentarier zur Befreiung Europas "von raumfremder Dominanz" 
aufruft (Servus Oesterreich, S. 235). Diese Formulierung geht auf den 
NS-Kronjuristen Carl Schmitt zurueck, der mit seinem Werk 
"Voelkerrechtliche Grossraumordnung mit Interventionsverbot fuer 
raumfremde Maechte" den Expansionsdrang des "Dritten Reiches" 
voelkerrechtlich abzusichern versuchte.
Kategorisch fordert Moelzer in einem Diskussionspapier ueber die 
europapolitische Linie der FPOe (2007) "ein klares Bekenntnis zur 
europaeischen Integration" um "sich im Zeitalter der Globalisierung in 
den weltweiten Verteilungskaempfen, insbesondere gegenueber den USA, 
gegenueber China, gegenueber Russland, gegenueber der islamischen Welt 
und anderen Teilen der Dritten Welt" behaupten zu koennen. FP-Chef HC 
Strache assistiert: "Wir sollten unsere Energie darauf konzentrieren, 
eine gemeinsame Aussenpolitik zu betreiben, welche nur die 
europaeischen Interessen und nicht die der Wall Street vertritt." (Zur 
Zeit, 20/2004). Denn die vertritt ja bekannterweise in erster Linie 
die Interessen von "gewissen Kreisen der Ostkueste" (Joerg Haider).
Erbe des "Heiligen Roemischen Reiches deutscher Nation"
Herzensanliegen war und ist Andreas Moelzer die EU-Osterweiterung. 
Diese abzulehnen widerspaeche "jeder inneren historischen Logik und 
auch wahrhaft europaeischer Moral. Die Geschichte des Abendlandes, 
gewiss lateinischchristlich gepraegt, aber nicht nur, erfordert diese 
EU-Osterweiterung genau fuer jenen Bereich, der einst vom Heiligen 
Roemischen Reich Deutscher Nation dominiert war... Erst sie boete die 
Chance, dass die ... EU ins Erbe des Heiligen Imperiums eintrete." 
(Europa im rechten Licht. S. 41) Als gestandener Deutschnationaler 
weiss Moelzer natuerlich, worum es dabei abseits des europapolitischen 
Pathos geht: "Gerade die Deutschen und auch die Oesterreicher, die in 
ihrer historischen Staatlichkeit fuer eben diesen Bereich zum Teil 
Hegemonialmacht, zum Teil Entwicklungszentrum Schutz und Schild waren, 
muessten naturgemaess das groesste Interesse an der Osterweiterung 
eben dieser Art haben. Damit ruecken naemlich die Deutschen, ruecken 
Berlin und Wien in die Mitte des neuen Europa. Die Achse Bruessel - 
Strassburg, die bisher sowohl geopolitisch als auch von den 
politischen Entscheidungstraegern her, das Zentrum der EU war, duerfte 
damit von der Achse Berlin - Wien mit einer gewissen Zwangslaeufigkeit 
abgeloest werden." (Europa im rechten Licht, S. 40) Damit arbeitet 
sich der FP-Ideologe an den Kern der freiheitlichen Europapolitik 
heran: Die Deutschen koennen "in diesem Europa wieder in ihre alte 
‚reichische' Rolle hineinwachsen". Das sei die "Fortfuehrung des 
alten, traditionellen Auftrags der Deutschen. Als Traeger eines 
uebernationalen, eben abendlaendischen Reiches, Schuetzer und Naehrer 
der Christenheit...". (Europa unser, S. 99). Abendland in deutscher 
Christenhand.
"Man sollte grundsaetzlich nur von Europa sprechen, denn die deutsche 
Fuehrung ergibt sich ganz von selbst aus dem politischen, 
wirtschaftlichen, kulturellen und technischen Schwergewicht 
Deutschlands und seiner geografischen Lage." (NS-Denkschrift, 1942)
"Langer deutscher Stammbaum"
Moelzer gefaellt sich gerne in historischen Anspielungen: "Die 
Europaidee hat einen langen deutschen Stammbaum; sie war nicht nur in 
Zeiten deutscher Schwaeche in Bluete." (Europa im rechten Licht, S. 
54) Nein, sondern auch zu jener Zeit, als nahezu der gesamte Kontinent 
unter deutschen Stiefeln zitterte. "Man sollte grundsaetzlich nur von 
Europa sprechen, denn die deutsche Fuehrung ergibt sich ganz von 
selbst aus dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und 
technischen Schwergewicht Deutschlands und seiner geografischen Lage", 
heisst es in einer NS-Denkschrift der deutschen "Gesellschaft fuer 
Europaeische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft" aus dem Jahre 
1942. Solchen taktischen Winkelzuegen will sich auch Moelzer nicht 
verschliessen: "Natuerlich gilt es, etwa fuer die Oesterreicher ... den 
Eindruck eines ‚deutschen Blocks' auf die uebrigen Europaeer zu 
vermeiden. Allzu stark, allzu beherrschend waere ein solcher Block, 
allzu gross die historischen Lasten die man damit beschwoert." (Europa 
unser, S. 100)
Ansonsten fechten Moelzer freilich diese "historischen Lasten" nicht 
weiter an, unbekuemmert propagiert er - pseudowissenschaftlich 
verbraemt - sein biologistisch-rassistisches Weltbild: "In geistigen 
und seelischen Tiefenschichten der Menschen, auch der Deutschen, 
lauert der um Identitaet - auch nationale - ringende Selbstsucher, der 
potentiell xenophobe, sein Revier verteidigende Wolf. 
Gruppenbewusstsein, sprachlich begruendete, weil auf Kommunikation 
fussende Identitaet, ist dem Menschen offenbar von seinen Genen her, 
aber auch von der kulturellen Evolution her unausloeschlich gegeben. 
Re-Education, Antifaschismus und political correctness koennen da 
offenbar nur die Oberflaeche veraendern - auch bei den Deutschen 
zwischen Kiel und Klagenfurt, zwischen Bonn und Berlin." (Servus 
Oesterreich, S. 43)
Anschluss durch die EU-Hintertuer
Moelzer macht kein Hehl daraus, dass die "xenophoben Woelfe zwischen 
Kiel und Klagenfurt" in der EU das erreichen wollen, was ihnen 
ausserhalb auf Grund von Staatsvertrag und Anschlussverbot verwehrt 
blieb. Kluge Neofaschisten haben laengst erkannt, wovor 
fortschrittliche Kraefte bereits 1994 gewarnt haben. Der EU-Beitritt 
Oesterreichs oeffnet die Hintertuer zum Anschluss an Deutschland. 
Moelzer: "Sicher ist ..., dass im gegenwaertigen Integrationsprozess die 
herkoemmlichen Staatsgrenzen zunehmend ueberwunden und ueberfluessig 
werden... Was aber bleibt, sind die Grenzen zwischen den Sprachraeumen 
und den damit verbundenen sprachlich konstituierten Kulturkreisen. 
Dies hat insbesondere fuer die Europaeer deutscher Muttersprache eine 
nicht zu unterschaetzende Bedeutung. Natuerlich sind Suedtiroler und 
Elsaesser, Oberschlesier und Nordschleswiger, Ungarndeutsche, Banater 
Schwaben, Karpatendeutsche, Siebenbuerger Sachsen und die Deutschen 
von Eupen-Malmedy im grenzenlosen Europa wieder in der Lage, jenseits 
der unwichtiger werdenden Staatsgrenzen soziokulturelle voelkische 
Gemeinsamkeit zu leben. ... Grenzenlos deutsch ist somit die alte und 
wieder neue europaeische Mitte geworden." (Europa unser, S. 98)
Ungeniert beruft sich Moelzer dabei auf NS-Vorlagen: "Die Gedanken der 
Einigung der europaeischen Mitte sind auch von so bedeutenden Geistern 
wie dem Geopolitiker Karl Haushofer... verfochten worden." (Europa im 
rechten Licht, S. 54) Dieser von Moelzer gelobte "bedeutende Geist" 
war 1934 - 1937 Praesident der "Deutschen Akademie", 1938 - 1941 
Vorsitzender der NS-Vorfeldorganisation "Volksbund fuer das Deutschtum 
im Ausland" und volkstumspolitischer Berater und Verbindungsmann der 
NSDAP-Fuehrung, nicht zuletzt bei der Annexion Oesterreichs. Seine 
geopolitischen Theorien dienten den Nazis als Grundlage fuer ihre 
Expansionsplaene und Eroberungskriege. Der NS-Ideologe Haushofer 
erklaerte in seiner 1934 erschienenen Schrift "Weltpolitik von heute": 
"Weltpolitisch begibt sich ... in die Hinterhand, wer in der Grenze 
eine als rechtsbestaendig festgelegte ... Linie sieht", nicht aber 
"eine Kampfzone".
"Auf den Misthaufen der Geschichte"
Um die "europaeische Mitte" also wieder "grenzenlos deutsch" zu 
machen, muessen die den Rechtsextremen schon immer verhassten 
Grundfesten der 2. Republik zerstoert werden: Neutralitaetsgesetz und 
Staatsvertrag. Denn in der Selbstverpflichtung, sich an keinen Kriegen 
zu beteiligen (Neutralitaet), in der Verpflichtung zu Antifaschismus 
und Anschlussverbot (Staatsvertrag) wurden wesentliche Lehren aus der 
katastrophalen Verstrickung in grossdeutsche Herrschaftsplaene 
gezogen. Das weiss Moelzer und freut sich umso mehr, dass mit dem 
EU-Beitritt "der biedere Angehoerige der ‚oesterreichischen Nation' 
zur Kenntnis nehmen (muss), dass das angeblich primaere Kriterium 
seiner Identitaet, eben diese Neutralitaet, auf dem Misthaufen der 
Geschichte landen duerfte." (Servus Oesterreich, S. 45). Denn: "Das 
Gegenteil der neutralen ‚Kleinstaaterei' ist der Reichsgedanke... Das 
neue Europa...kann nur an den alten Reichsgedanken anknuepfen. 
Neutralitaet, Neutralismus oder schlechthin der Typus des Neutralen 
werden fuer dieses Europa uninteressant, ja unvertraeglich sein." 
(ebd, S. 68) Selbstverstaendlich ebenfalls am "Misthaufen der 
Geschichte" soll der Staatsvertrag entsorgt werden: "Der 
Staatsvertrag, zentral das Anschlussverbot an Deutschland, ist durch 
den Beitritt zur Europaeischen Union, womit sich ja Oesterreich im 
gleichen supranationalen Gefuege befindet wie die uebrigen Deutschen, 
von der Geschichte schlichtweg ueberholt." (ebd, S. 63)
"Vollbringen, woran wir zweimal zuvor gescheitert sind..."
Die Freiheitlichen und andere Rechtsextreme sind keine Gegner der EU, 
im Gegenteil, sie propagieren offen, was die wohl maechtigsten Eliten 
in der EU, die in Berlin, tatkraeftig betreiben und wofuer die in Wien 
zunehmend assistieren: der Aufbau einer europaeischen Weltmacht unter 
deutscher Vorherrschaft. Freilich will man darueber nicht laut reden, 
auch wenn der eine oder andere schon einmal Andeutungen macht. So z.B. 
der damalige BRD-Aussenminister Kinkel im Jahr 1993: "Nach aussen gilt 
es etwas zu vollbringen, woran wir zweimal zuvor gescheitert sind: im 
Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren 
Wuenschen und unserem Potential entspricht." (Frankfurter Allgemeine, 
19.3.1993) Doch was, wenn die Nachbarn den Wuenschen nicht folgen 
wollen? Dann "koennte Deutschland aufgefordert werden oder aus eigenen 
Sicherheitszwaengen versucht sein, die Stabilisierung des oestlichen 
Europa alleine und in der traditionellen Weise zu bewerkstelligen", 
erlaeuterte das Schaeuble/ Lamers-Papier der 
CDU/CSU-Bundestagsfraktion puenktlich zum 55. Jahrestag des Ueberfalls 
auf Polen, am 1. September 1994. In Oesterreich hat bereits die 
Vranitzky-Regierung Anfang der 90er Jahre in Vorbereitung des 
EU-Beitritts jene Passagen des Staatsvertrages, die die militaerische 
Kooperation mit Deutschland und den Verkauf der nach 1945 
verstaatlichten Betriebe an deutsche Konzerne verbieten, einseitig 
fuer "obsolet" erklaert. Still und heimlich - ohne Tadel durch Medien 
oder Opposition. Und in Bezug auf die Neutralitaet wird nach der 
Devise verfahren, die vom damaligen Verteidigungsminister Platter 
ausgegeben wurde: "Die Neutralitaet ist tief im Herzen der 
Oesterreicher. Man muss behutsam sein und darf das nicht 
herausreissen. Es ist besser, eine Operation vorzubereiten, um das 
vorsichtig herauszuoperieren" (Die Presse, 5.12.2003).
Noch bekunden die Eliten, den Kampf gegen den Rechtsextremismus 
entschieden fuehren zu wollen. Das duerfte weniger mit substanziellen 
inhaltlichen Differenzen als mit der Angst zusammenhaengen, dass unter 
dem blauen Lack mit den gelben Sternen vorschnell der Rost alter 
imperialer Herrschaftsplaene zum Vorschein kommt.
(Gerald Oberansmayr in: guernica 2_2009)
Quellen:
Servus Oesterreich - Der lange Abschied von der zweiten Republik, 
Andreas Moelzer, Berg 1996
Europa im rechten Licht, Andreas Moelzer, Wien 2004
Europa unser: fuer ein Europa der freien Voelker und der kulturellen 
Vielfalt, Andreas Moelzer, Wien, 2005
Quelle des hier abgedruckten Guernica-Textes
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=183&Itemid=44
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