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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Juni 2009; 17:39
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Polizei/Justiz/1.Mai-Demo
> Freispruch in Linz
Die Attacken der Polizei gegen die Demo am 1.Mai werden Behoerden, 
Gerichte, Politik und Medien noch laenger beschaeftigen. Der erste 
Prozess verlief jedenfalls nicht
nach Polizeigeschmack.
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Nach einem Bericht der Polizeioffiziere wurden fuenf Personen 
angezeigt. Die Vorwuerfe lauten entweder Widerstand gegen die 
Staatsgewalt oder versuchte schwere Koerperverletzung (da Polizisten 
betroffen). Die von DemonstrantInnen den Polizisten angeblich 
zugefuegten Verletzungen am 1. Mai sind leichte Schwellungen zweier 
Finger eines Beamten und ein Haematom am Knie eines anderen.
Die Verfahren gegen vier der Betroffenen, unter ihnen Vizedirektor 
Rainer Zendron, befinden sich zur Zeit noch in der Phase des 
Ermittlungsverfahrens. Das von den Medien kolportierte Geruecht im 
Juli gaebe es den naechsten Prozess kann nicht bestaetigt werden.
Der erste Prozess
Der Prozess begann am Freitag den 12. Juni um 13 Uhr im Landesgericht 
Linz. In dem Strafantrag vom 13. Mai 2009 gegen jenen Aktivisten der 
vor Gericht stand, wurde diesem ein Vergehen nach § 269 Abs 1 StGB 
vorgeworfen, also das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die 
Staatsgewalt. In diesem Strafantrag ist zu lesen, der Demonstrant 
haette am 1. Mai in Linz "dadurch, dass er mit Haenden und Fuessen um 
sich schlug, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, naemlich an der 
Identitaetsfeststellung zu hindern versucht."
Nachdem nun die ersten Ermittlungsergebnisse der Polizei vorliegen 
werden in diesem Fall auch noch Massnahmenbeschwerden beim 
Unabhaengigen Verwaltungssenat (UVS) eingebracht.
Ausschlaggebend fuer den Freispruch (noch nicht rechtskraeftig) war 
ein Polizei-Video das sowohl den gesamten Zugriff der Einsatzeinheit 
Lentos wie auch die Verhaftung des Beschuldigten dokumentierte, und 
das besser als alle ORF-Videos, die bisher bekannt, sind als Beweis 
der Verteidigung dienen konnte. Darauf ist klar zu sehen, dass es von 
Seiten der Polizei keine individuelle Aufforderung zur 
Identitaetsfeststellung gab und das von dem Demonstranten nie der 
vorgeworfene aktive Widerstand geleistet wurde. Uebrigens wurde dieses 
Video, um der Verteidigung wie auch der Staatsanwaltschaft und dem 
Gericht vorzuenthalten, von der Polizei einem anderen Akt zugefuegt. 
Erst zwei Tage vor der Verhandlung konnte der Anwalt des Beschuldigten 
dieses Video auftreiben. Die Widersprueche in den Aussagen der 
geladenen Polizisten mit den schriftlichen Aktenvermerken machten auch 
kein gutes Bild der Polizeiarbeit. Konkret ging es um einen 
Amtsvermerk der von allen beteiligten Beamten unterzeichnet wurde. 
Einer der Polizisten gab dazu an: "Ich habe ihn nur ueberflogen und 
unterschrieben, weil mein Name drinnen stand." Ein weiterer Zeuge gab 
zu, den Vermerk "nicht genau studiert" zu haben.
Der geleistete passiven Widerstand wurde vom Einzelrichter dezidiert 
als rechtskonform gewertet. "Mein Mandant ist unschuldig. Die 
Amtshandlungen im Aktenvermerk sind schlichtweg falsch und grenzen an 
den Tatbestand der Verleumdung", erklaerte der Verteidiger Rene Haumer 
bei der Verhandlung. Weiters wurde vom Anwalt waehrend der Verhandlung 
die Befuerchtung geaeussert, da das besagte Video nicht von der 
Polizei dem Akt zugefuegt wurde, dass die Polizei versucht durch einen 
Schuldspruch eine nachtraegliche Legitimation ihres Vorgehens am 1. 
Mai zu bekommen.
Ermittlungen gegen die Polizei
Hierbei muss unterschieden werden in die Ermittlungen gegen einzelne 
BeamtInnen und der Untersuchung des gesamten Einsatzes. Drei Behoerden 
beschaeftigen sich nun mit der Frage wie rechtmaessig der Einsatz 
verlaufen ist, ob und wie das Gebot der Verhaeltnismaessigkeit 
verletzt wurde und ob das Recht auf Demonstrationsfreiheit verletzt 
wurde.
Neben dem UVS haben nun auch die Staatsanwaltschaft Linz und das Buero 
fuer interne Angelegenheiten (BIA) des Bundesministeriums fuer Inneres 
die Ermittlungen aufgenommen. Nach den vorliegenden Informationen gibt 
es ein Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Polizisten. Es 
duerfte sich dabei um jenen Polizisten handeln der Rainer Zendron mit 
seinem Schlagstock so stark gegen den Ruecken schlug, dass dieser 
abbrach. Gegen jenen Polizisten, der den nun vor Gericht stehenden 
Demonstranten geschlagen hat, ist noch kein Ermittlungsverfahren 
eingeleitet worden.
Neben den Massnahmenbeschwerden die durch den Anwalt der Betroffenen 
beim UVS eingebracht wurden und einzelne Aspekte der Amtshandlung 
thematisieren sind zwei Beschwerden eingereicht worden, die auch die 
Amtshandlung in ihrer Gesamtheit, die Einkesselung und die 
Verhinderung der Demo beinhalten. Vom Anmelder der 1.Mai-Demo wurde 
eine Massnahmenbeschwerde beim UVS wegen Polizeiwillkuer am 
eingebracht. Er erhebt als Beauftragter des "Aktionskomitees 1. Mai" 
Beschwerde gegen die Sicherheitsdirektion fuer Oberoesterreich und die 
Bundespolizeidirektion Linz wegen Verhinderung einer ordnungsgemaess 
angemeldeten und genehmigten Demonstration. Vor allem haelt er es als 
mit der Demonstrationsfreiheit unvereinbar, wenn die Polizei die 
Teilnahme an einer Demonstration von einer praeventiven 
Identitaetsfeststellung abhaengig macht.
Die zweite Beschwerde wurde von einem weiterem Aktivisten eingebracht, 
der am 1.Mai durch eine Pfeffesprayattacke fuer zwei Stunden das 
Augenlicht verlor. Ihm wurde aus naechster Naehe Pfefferspray in die 
Augen gesprueht, als er versuchte, einem anderen, der zu Boden 
gegangen war, aufzuhelfen. Die Beschwerde wurde gestellt wegen 
Verletzung des Rechts auf Versammlungsfreiheit und Verletzung des 
Rechts auf koerperliche Integritaet.
Medieninteresse und Soli-Arbeit
Auch wenn sich die anfaengliche starke Empoerung der so genannten 
Zivilgesellschaft in der Zwischenzeit wieder anderen Themen zuwendet, 
ist das mediale Interesse an den Verfahren und vor allem an der Arbeit 
des "Buendnis gegen Polizeigewalt und fuer Demonstrationsfreiheit" 
ungebrochen stark (1). Dies zeigte auch das Echo der zweiten 
Pressekonferenz am 9. Juni, bei dem neben dem heutigen Prozess und den 
eingebrachten Massnahmenbeschwerden auch die Debatte in der letzten 
Gemeinderatsitzung thematisiert wurde, in der zwei Resolutionen der 
Gruenen und der SPOe beschlossen wurden, in denen die lueckenlose 
Aufklaerung der Ereignisse am 1. Mai gefordert werden. (2).
Die Linzer Polizei reagierte schon im Mai mit einer Image-Kampagne die 
neben Werbespots in den beiden regionalen Fernsehsender auch 
woechentliche Kolumnen von Sicherheitsdirektor Dr. Alois Lissl und dem 
Polizeidirektor von Linz, Dr. Walter Widholm in der "Heute" 
beinhaltet.
Neben dem Buendnis entstanden eine Vielzahl von kleineren 
Soli-Projekten, die in erster Linie darauf abzielen Geld zu sammeln. 
Es ist noch nicht absehbar was das den Betroffenen kosten wird. Diese 
Aktionen werden vor allem durch Initiativen und Projekten der freien 
Kunst- und Kulturszene organisiert (3).
(indymedia/gek.)
Quelle: http://at.indymedia.org/node/14792
Links:
1) https://antifa.servus.at/pressespiegel
2) http://gegenpolizeigewalt.servus.at
3) https://antifa.servus.at/solidaritaetsaktionen
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