**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19. Mai 2009; 18:24
**********************************************************
Moderne Zeiten:
> Wie verkaufe ich eine Buergerkarte?
eVoting: Zertifizierungen sind Schall und Rauch
Die A-SIT hat die elektronische Wahl geprueft -- also alles sicher, 
oder? Das blindes Vertrauen in Zertifizierungen dieser Art 
unangebracht ist, zeigt eine Sicherheitsluecke im Buergerkartensystem 
aus 2006 -- geprueft und bescheinigt von einem so "unabhaengigen" 
Institut wie der A-SIT.
Forschern des Seclab der TU Wien gelang es, schwerwiegende Fehler in 
der -- ebenfalls von der A-SIT zertifizierten -- Buerkerkartenumgebung 
(BKU) 'trustdesk basic' aufzuzeigen: Mit einem Demotrojaner gelang es, 
den Inhalt einer signierten Nachricht unbemerkt auszutauschen. Die 
Signatur -- welche genau das verhindern sollte -- erscheint trotzdem 
als gueltig. Eine Funktion wie sie auch beim eVoting zum Schutz der 
abgegebenen Stimme benutzt wird.
Weiters gelang es dem Team eine von der Buergerkarte eingerichtete 
sichere Session nach Ihrer Anmeldung zu entfuehren und von einem 
anderen Rechner fortzusetzen.
Die Forscher geben zu bedenken, dass die von Ihnen aufgezeigte und 
demonstrierte Sicherheitsluecke auch in anderen Buergerkartenumgebung 
realisierbar waere. Die Hersteller hatten inzwischen genuegend Zeit, 
Sicherungen gegen genau diese Angriffe einzubauen, das 
zugrundeliegende Problem der unsicheren Rechner bleibt jedoch 
bestehen.
Ein amtliches Siegel -- wie jenes von der A-SIT -- ist keine Garantie 
fuer eine sichere Software. Vielleicht ist der vollstaendige Bericht 
der A-SIT zum eVoting deshalb auch geheim. Veroeffentlicht wurde nur 
eine ca auf 1/8 gekuerzte Zusammenfassung. Keine vertrauensstaerkende 
Massnahme.
Die A-SIT ist ein vom E-Government-Gesetz erkorener "unabhaengiger" 
Verein, welcher Komponenten des eGovernement vor Ihrem Einsatz pruefen 
soll. Der wissenschaftliche Leiter Reinhard Posch dieser 
"unabhaengigen" obersten Kontrollstelle ist jedoch zugleich der Chief 
Information Officer des Bundes im Buergerkanzleramt und Koordinator 
der Dachorganisation 'Digitales Oesterreich'. Als Professor an der TU 
Graz war er fuer die Entwicklung des Buergerkartenkonzeptes und 
spaeter im BKA der dafuer notwendigen Gesetze beteiligt. Heute hat er 
die Oberaufsicht ueber alle eGovernment Agenden Oesterreichs -- und 
beraet das BMI und die EU-Kommission.
Damit kann Posch sich quasi selbst die Zertifizierungen und 
Pruefberichte ausstellen.
Dieses absolut unprofessionelle Vorgehen ist vor dem Hintergrund der 
geringen Verbreitung der Buergerkarten leicht zu verstehen. Grosse 
Teile des eGovernment/Buergerkarten-Komplexes leiden unter der 
fehlenden Akzeptanz. Die A-Trust (Anm.: die Signaturfirma der 
Buergerkarte) musste schon mehrmals vor dem Konkurs bewahrt werden. 
Projekte wie die mobile Signatur der mobilkom erwiesen sich als 
Millionengrab und wurden wieder eingestellt.
Interne Untersuchungen sollen gezeigt haben, dass ein 
durchschnittlicher Buerger nur 1,7 Behoerdenkontakte im Jahr hat (ohne 
Strafmandate). Fuer das Ueberleben des Projekts werden krampfhaft neue 
Abnehmer gesucht. Notare und Rechtsanwaelte wurden damit 
zwangsbeglueckt, die seit Jahrzehnten gueltige Fax-Rechnung verboten 
und durch eine verpflichtende elektronische Signatur ersetzt. (Wobei 
dem Finanzministerium die Problematik bekannt sein duerfte, weshalb 
sie seit 3 Jahren jedes Jahr aufs neue eine Ausnahmeregelung in Kraft 
setzt.).
Wie unbeliebt die Buergerkarte ist zeigt ein anderes Beispiel: 
Finanzonline muss auch weiterhin ohne Buergerkarte zugaenglich 
bleiben. Heute sind die Buergerkarten-Benutzer mit unter 5% klar in 
der Minderheit.
Elektronische Wahlen auf Basis der Buergerkarte scheinen daher wieder 
der Versuch dieser Lobby zu sein, die Buergerkarte zu verkaufen. 
10.000 Buergerkarten-Lesegeraete (der schwaechsten Sicherheitsstufe) 
sollen -- bezahlt vom Steuerzahler -- an Studenten verschenkt werden. 
Genau jene Geraete, die im Forschungsbericht bemaengelt werden.
(quintessenz)
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin