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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Mai 2009; 16:10
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EU:
> Das Stockholm-Syndrom
Unter schwedischer EU-Praesidentschaft soll das kontinentale 
Polizeisystem weiter optimiert werden.
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Alle fuenf Jahre beschliessen die Innen- und Justizminister der EU 
neue Richtlinien einer gemeinsamen Innenpolitik. Das 
"Tampere-Programm", 1999 unter finnischer Praesidentschaft 
beschlossen, hatte hauptsaechlich eine "Steuerung der 
Migrationsstroeme" zum Inhalt. Neben der Aufwertung der 
Polizeibehoerde Europol wurde die Einrichtung einer "Task Force der 
europaeischen Polizeichefs" beschlossen, die sich mit "internationalem 
Terrorismus" und "gewalttaetigem politischem Aktivismus" beschaeftigt.
2004 wurde mit dem "Haager Programm" die Schaffung eines "Raums der 
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" verabredet. Wieder wurden 
Verschaerfungen in der Migrationspolitik beschlossen, darunter der 
Aufbau der "Grenzschutzagentur" Frontex und das Abfangen von 
Fluechtlingen bereits in ihren Herkunftslaendern. Das "Haager 
Programm" stellte die "Abwehr von Terrorismus" in den Mittelpunkt. Auf 
der Ebene des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit galt 
fortan das "Prinzip der Verfuegbarkeit".
Die Richtlinien von 2004 sind bereits von vielen EU-Mitgliedsstaaten 
umgesetzt: Vereinheitlichung der "Terrorismus"-Gesetzgebung, 
Vorratsdatenspeicherung, Ausbau bestehender Datenbanken und 
gemeinsamer Zugriff darauf, grenzueberschreitende 
Polizeizusammenarbeit z.B. bei Sportereignissen oder politischen 
Massenprotesten, "Border Management", Fingerabdruecke bei Antrag auf 
EU-Visum, ab 2009 biometrische Identifikatoren in neuen 
Ausweispapieren, Ausbau der Sicherheitsforschung, Zusammenarbeit in 
Strafsachen, Polizei im Ausland etc.
Das "Haager Programm" laeuft aus, ein neues Programm soll nun im 
Herbst 2009 in Stockholm unter schwedischer EU-Praesidentschaft 
verabschiedet werden.
Waehrend des deutschen EU-Vorsitzes 2007 schuf der deutsche 
Innenminister Wolfgang Schaeuble mit dem damaligen EU-Kommissar fuer 
Inneres ("Justice and Home Affairs"), Franco Frattini (der 2008 ins 
Kabinett Berlusconis als Aussenminister wechselte), die "Future 
Group". Diese "Future Group" bezeichnet sich selbst als "informelles 
Gremium" europaeischer Innenminister, das Leitlinien europaeischer 
Innenpolitik erarbeitet. Zur Verabschiedung des neuen "Stockholm 
Programms" hat die "Future Group" eine Wunschliste fuer 
"Polizeikooperation, Kampf gegen den Terrorismus, Management von 
Missionen in Drittstaaten, Migration und Asyl sowie Border Management, 
Zivilschutz, neue Technologien und Informationsnetzwerke" vorgelegt. 
Prioritaeten sind das "Aufrechterhalten des 'Europaeischen Modells'", 
"Bewaeltigen der zunehmenden Abhaengigkeit zwischen innerer und 
aeusserer Sicherheit" sowie die Gewaehrleistung eines "bestmoeglichen 
Datenflusses innerhalb europaweiter Netzwerke".
Die Massnahmen, die in Stockholm beschlossen werden sollen, sind erst 
in einigen Jahren mit ihrer Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten 
spuerbar. Es stehen tiefgreifende Veraenderungen auf dem Spiel: Ausbau 
und Vereinheitlichung von Polizei-Datenbanken, ein zentrales 
Bevoelkerungsregister, "grenzueberschreitende Onlinedurchsuchung", 
mehr Kontrolle des Internet, bessere Satellitenueberwachung, 
"Risikoanalyse" mittels Software, "e-borders" und "e-justice", 
gemeinsame Abschiebeflugzeuge und - fluege, neue Fluechtlingslager in 
"Drittstaaten", Einsatz des Militaers zur Migrationsabwehr, mehr 
polizeiliche Interventionen ausserhalb der EU, Ausbau der 
paramilitaerischen "Europaeischen Gendarmerietruppe", mehr 
Zusammenarbeit der In- und Auslandsgeheimdienste etc.
Angestrebt wird eine Art innenpolitische NATO mit der Schaffung einer 
"euro-atlantischen Kooperation im Bereich Freiheit, Sicherheit und 
Recht" ab 2014.
(Gipfelsoli/gek.)
(Aus dem Anti-G8-Aufruf auf http://www.gipfelsoli.org/Home/6394.html 
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