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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Mai 2009; 16:06
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Debatte:

> Ordentlich demonstrieren

Wie geht man mit der Repression gegen Demonstrationen um?
Eine Debatte als eMail-Wechsel, ausgeloest durch einen
Indymedia-Beitrag:

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http://at.indymedia.org/node/14333
Omofuma-Demo in Wien: Ordner denunzieren DemonstrantInnen

am 1.mai in wien gab es ein seltsamen bis gefaehrliches bild. es
liefen ca. 20 maenner mit neon-gelben westen als block durch die
demonstration, behaupteten, dass sie vom anmelder der demonstration
(gegen geld: 10 € die stunde) beauftragt waeren auf
krawallmacher-innen aufzupassen und vermummte aus der demo zu
schmeissen (und das auf einer demo, die grossteils von menschen aus
dem anarchistisch-autonomen umfeld besucht wurde). der konflikt war
vorprogrammiert, es war aeusserst leichtfertig vom "anmelder", der
doch wissen musste, dass auch fluechtlinge auf der demo sind. vor dem
parlament war es dann tatsaechlich so weit, eine kleinere gruppe von
leuten wurden von den "securitys" in gelber weste angepoebelt, es
wurde versucht einem teilnehmer die vermummung runter zu reissen. es
sammelten sich dann mehr leute, um die selbsternannten sheriffs in die
schranken zu weisen und mit dem argument, dass hier keine ordner
erwuenscht sind, dass es jedem selbst ueberlassen ist, wie und aus
welchen gruenden sie/er sich vermummt und dass hier ueberhaupt keine
autoriaeten wie etwa demoordner gewuenscht werden.

von der solidaritaet anscheinend ueberrascht zogen sich die meisten
von ihnen zurueck und machten etwas, was schwere folgen haette haben
koennen. sie gingen zur polizei und beganngen mit fingern auf menschen
in der demo zu zeigen, woraufhin diese von der polizei fotografiert
wurden. ein augenzeuge berichtete, dass die securitys von der polizei
gefordet haetten, diese demonstrantInnen festzunehemen. ob die drei
kurzfristigen willkuerlichen

festnahmen, die es spaeter gegeben hat, mit jener denunziation zu tun
hatte, steht in raum). unter den denunzierten befanden sich u.a.
menschen mit prekaerer aufenthaltssituation.

es stellen sich nun folgende fragen:
1. wer ist der anmelder dieser demonstration?
2. wer zum teufel waren diese demoordner?

das muss konsequenzen haben! das war einfach unglaublich!!

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Mail von: akin
An: Asyl in Not

hallo! unter dem titel "Ordner denunzieren DemonstrantInnen" steht auf
indymedia ein seltsamer bericht. die geschichte klingt irgendwie
schraeg. wissts ihr was davon resp. wissts ihr, wer da der anmelder
war und was das fuer seltsame ordner gewesen sein koennten?

bernhard redl
(dzt. in salzburg und daher nicht auf der demo gewesen)

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Mail von: Asyl in Not
An: akin

Lieber Bernhard,

diese Demonstration wurde von Asyl in Not und der Wiener
Integrationskonferenz veranstaltet.

Anmelder war ich, den Ordnerdienst hat Asyl in Not aufgestellt.

Auf allen Plena habe ich klargestellt, dass wir keine Konfrontation
mit der Polizei wuenschen und dass es daher einen Ordnerdienst geben
wird. Das hat zwar keine Begeisterung ausgeloest, aber es war trotzdem
einhelliger Plenumsbeschluss.

Fast alle Demonstranten haben sich auch daran gehalten; offensichtlich
war der Beschluss gut kommuniziert. Es war daher fast niemand
vermummt, bis auf eine Handvoll Idioten, die sich nichts sagen lassen
wollten. Meine Ordner haben versucht, einzugreifen, sich dann aber
zurueckgezogen, weil sie keine Schlaegerei innerhalb der Demonstration
wollten. Ich habe dann statt ihnen mit diesen Leuten diskutiert und
sie auch so weit zur Vernunft gebracht, dass nichts weiter passiert
ist.

In Linz hat sich am selben Tag gezeigt, welchen Schaden solche Leute
anrichten koennen.

Wenn jetzt auch noch anonyme Feiglinge mit "Konsequenzen" drohen, dann
werden wir klarstellen, was sie sind: Provokateure im Dienst der
Polizei.

Herzliche Gruesse
Michael Genner

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Mail von: akin
An: Asyl in Not

Naja, lieber Michael, ich moecht das trotzdem in der akin diskutieren.
Irgendwie kommt mir vor, dass da eine Debatte nottut...

Ja, ich halt auch nix davon, sich zu vermummen. Aber manche Leute
wollen halt nicht der Polizei ihr Gesicht zeigen, versteh ich auch
irgendwie. Schau: Als ich einmal vor ein paar Jahren - eh nur als
Berichterstatter - auf der Opernball-Demo war, wollte mich ein
Stapozist fotographieren. Zuerst habe ich die Hand vor mein Gesicht
gehalten und mir dann gedacht, dass das schon ein bisserl laecherlich
ist, weil die ja erstens eh wissen, wie ich aussehe, und zweitens weil
die Stapo ein paar Tage spaeter eh in der akin lesen kann, dass ich
dort war. Bei dir ist das aehnlich: dich kennen sie noch viel laenger
als mich und du hast wohl einen Stapoakt in der Groessenordnung der
Encyclopedia Britannica. aber fuer andere, vor allem juengere Leute
gilt das halt nicht und ich versteh, wenn sie auf so eine
Enzyklopaedie verzichten koennen.

Deinen Einwand mit Linz verstehe ich ja, aber ehrlich gesagt, mag ich
auch keine Wichtigmacher, die mir erklaeren, wie ich zu demonstrieren
habe. Egal, wie gesagt, das muss man diskutieren. Aber eins wuesste
ich schon noch gerne: Waren diese Leute von uns oder bezahlte
Securities? Das wuerde schon noch einen Unterschied machen.

Liebe Gruesse
Bernhard

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Mail von: Asyl in Not
An: akin

Lieber Bernhard,

was verstehst Du unter "von uns"? Es sind Leute, die schon "fuer uns",
gemeint: Asyl in Not, gearbeitet haben und insofern "Leute von uns"
sind. Zur autonomen Szene gehoeren sie aber sicher nicht.

Sie sind eine Gruppe mit ethnisch unterschiedlicher Herkunft: die
Haelfte ehemalige Asylwerber; entgegen anderslautenden Geruechten
("lauter weisse Maenner") waren zwei von ihnen Schwarze, einer ist
Aegypter, einer Slowake, der Leiter und einige andere stammen aus dem
Iran. Und ja, sie haben von mir ein bisschen Geld bekommen.

Vielleicht findest Du es altmodisch, aber ich lege Wert darauf, dass
ich in kritischen Momenten ueber Leute verfuegen kann, die
ausschliesslich das tun, was ich ihnen sage.

Bei einem der ersten Plena hatte eine besonders kluge Aktivistin allen
Ernstes gemeint, um die Sans Papiers unter den
Demonstrationsteilnehmern zu schuetzen, muessten sich diese sowie
moeglichst alle Demonstranten vermummen. Es werde naemlich sicher
einen Polizeieinsatz und Festnahmen geben.

Ueber diesen unsinnigen Vorschlag, dessen Verwirklichung uns ans
Messer geliefert haette, war ich so entsetzt, dass ich sofort einen
Beschluss der veranstaltenden Organisationen (keine Konfrontation mit
der Polizei, keine Vermummung, aber einen Ordnerdienst) erwirkt und
dem folgenden Plenum vorgelegt habe, wo er ebenfalls angenommen wurde.

Es hat sich aber dann immer wieder, bei jedem der jedesmal ein
bisschen anders zusammengesetzten Plena gezeigt, dass es Leute gibt,
die die gefassten Beschluesse gerne wieder umstossen wuerden.

Daher habe ich dafuer gesorgt, dass unser Ordnerdienst jedenfalls "von
uns" (Asyl in Not) gestellt wird.

Ich lasse mir naemlich eine "von uns" (Asyl in Not, Wiener
Integrationskonferenz) veranstaltete und von rund 20 anderen
Organisationen unterstuetzte Demonstration von niemandem kaputt
schlagen, weder von rechts noch von links.

Um das Demonstrationsziel (wuerdiges Gedenken an Marcus Omofuma und
unsere anderen Opfer; Protest gegen den staatlichen Rassismus) zu
erreichen, war es nicht erforderlich, dass sich jemand vermummt. Das
war kein dafuer notwendiges Instrument. Die wenigen, die trotzdem auf
ihrer Uniform bestanden haben (denn darum geht es in Wirklichkeit),
hatten es darauf angelegt, zu provozieren. Dabei will ich ihnen ihre
politische Motivation gar nicht absprechen (obwohl ich natuerlich
nicht erkennen konnte, ob auch Polizeiagenten darunter waren).

Dem Aussehen und der Sprechweise nach waren sie offenbar Jugendliche
der zweiten oder dritten Generation aus der Tuerkei. Woran man wieder
sieht, dass der Zweck gar nicht das Sich-Unkenntlich machen war,
sondern vielmehr eine Art identitaetsstiftende Uniformierung, gegen
die ich ja zunaechst auch nichts habe, nur halt nicht bei unserer
Demonstration, wo ich fuerchten musste, dass genau das einen
Polizeieinsatz ausloesen kann.

Einer der Vermummten hat einen Ordner ins Gesicht geschlagen; trotzdem
haben wir nicht zurueckgeschlagen, sondern die Ordner haben sich an
den Strassenrand zurueckgezogen, wo auch die Polizei stand, und dieser
zu verstehen gegeben, dass sie sich raushalten sollen, weil wir die
Lage im Griff haben. Selbstverstaendlich haben sie niemanden
denunziert.

Waehrend dessen habe ich allein mit den Verhuellten/Uniformierten
herumgestritten, mir gegenueber waren sie auch ganz brav (obwohl sie
mich offenbar nicht kannten, aber vielleicht aus Respekt vor dem
Alter...).

Schliesslich ist ein aelterer Tuerke oder Kurde gekommen, der mich
kannte, hat ihnen offenbar auch erklaert, wer ich bin, und die Lage
hat sich beruhigt. So viel ich sehen konnte, waren sie im weiteren
Verlauf der Demonstration nicht mehr vermummt.

Spaeter hat ein bis dahin unbeteiligter Mann in Zivil mit dem Leiter
meines Ordnerdienstes diskutiert und versucht, ihn auszuhorchen.
Moeglicherweise ist das der Anonymling von Indymedia.

Beste Gruesse,
Michael Genner

*

Anm.: Der eMail-Wechsel wird hier gekuerzt wiedergegeben. Die
Veroeffentlichung der urspruenglich privaten Statements von M. Genner
erfolgt mit seinem Einverstaendnis.



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