**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. Maerz 2009; 19:25
**********************************************************
Frankreich kolonial:
> Generalstreik auf Guadeloupe: Warum sich kaempfen doch lohnt
Auf der franzoesischen Karibikinsel Guadeloupe hat ein sechswoechiger 
Generalstreik massive Verbesserungen fuer die Bevoelkerung erkaempft. 
Trotz internationaler Wirtschaftskrise und Repression der Regierung 
hat der radikale Kampf der ArbeiterInnen die Regierung zur Zustimmung 
zu ihren Forderungen gezwungen.
Die Insel Guadeloupe gehoert zu den franzoesischen Antillen. Auf ihr 
leben 450.000 Menschen, ein grosser Teil davon ist arbeitslos und lebt 
in Armut. Die Preise fuer lebenswichtige Produkte sind wesentlich 
hoeher als am franzoesischen Festland, die Loehne allerdings deutlich 
niedriger. In den letzten Monaten kamen massive Preissteigerungen 
dazu, die sich die ArbeiterInnen auf Guadeloupe nicht mehr gefallen 
lassen wollten.
Es wurden Forderungen nach Preissenkungen fuer Grundnahrungsmittel, 
Benzin, Transporte, Mieten und Dienstleistungen sowie einer 
Lohnerhoehung von 200 Euro fuer niedrige Loehne aufgestellt. Um den 
Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurde ein Generalstreik 
ausgerufen, an dem sich circa 40 000 ArbeiterInnen beteiligten und der 
die volle Solidaritaet der verarmten Bevoelkerung erhielt.
Viele Betriebe wurden bestreikt und von Streikposten blockiert, 
Tankstellen, Schulen und Geschaefte geschlossen, der Muell blieb 
liegen. Hafen und Flughafen wurden nur fuer Notversorgungsgueter 
geoeffnet. Die streikenden ArbeiterInnen uebernahmen die Kontrolle 
ueber die Wasser- und Stromversorgung. Die Versorgung der Bevoelkerung 
wurde teilweise vom Streikkomitee organisiert.
Der Streik ging natuerlich nicht ohne Widerstand von statten. 
UnternehmerInnen haben versucht unter dem zu Schutz der Polizei mit 
LeiharbeiterInnen ihre Geschaefte und Betriebe wieder zu oeffnen, die 
Streikposten konnten das aber verhindern. Auch die franzoesische 
Regierung versuchte aus Angst, der Streik koennte sich auf das 
Festland ausweiten, den Streik zu unterdruecken. So wurden etwa 
Polizeieinheiten vom Festland nach Guadeloupe verlegt. Trotzdem hat 
sich der Streik auf die franzoesische Nachbarinsel Martinique 
ausgeweitet.
Ein Element der Breite des Streiks war auch, dass die herrschende 
Klasse, die Regierung und die UnternehmerInnen, auf Guadeloupe 
besonders verhasst ist, da sie zu einem grossen Teil aus Nachkommen 
der frueheren SklavInnenhalter bzw. franzoesischer EinwandererInnen 
besteht, waehrend die schwarze Mehrheit der Bevoelkerung die 
ArbeiterInnenklasse und die aermsten Schichten darstellt.
Die Organisation des Streiks wurde von der Dachorganisation "Kollektiv 
gegen die Ausbeutung" (LKP) durchgefuehrt, die rund 50 Gewerkschaften, 
politische und kulturelle Organisationen vereinte. Die Bevoelkerung 
unterstuetzte die LKP und zeigte durch die Teilnahme an 
Demonstrationen ihre Solidaritaet. Bis zu 65.000 Menschen sammelten 
sich zu einer Grossdemonstration in der Inselhauptstadt.
Der Streik konnte dadurch gewonnen werden, dass sich die LKP nicht von 
der Regierung einschuechtern liess und nicht auf die Heuchelei der 
UnternehmerInnen hereinfiel, die versuchten die Wirtschaftskrise auf 
dem Ruecken der Beschaeftigten auszutragen. Stattdessen wurde die 
Bewegung vorangetrieben, zu staerkeren Protesten aufgerufen und der 
Druck erhoeht.
Letztendlich wurde die Regierung zum Nachgeben gezwungen. Erkaempft 
wurden 200 Euro mehr Lohn, Preissenkungen fuer viele Artikel des 
taeglichen Bedarfs, eine Ruecknahme der Mieterhoehungen und die 
Einstellung neuer LehrerInnen.
Der Generalstreik hat aber nicht nur zu konkreten Verbesserungen fuer 
grosse Teile der Bevoelkerung gefuehrt, er diente auch als Beispiel 
fuer die ArbeiterInnen am franzoesischen Festland, deren Antwort einer 
der breitesten Generalstreiks der vergangenen Jahre war. Die 
ArbeiterInnen von Guadeloupe gehen aber auch als Beispiel fuer die 
ArbeiterInnen aller anderen Laender voran. Sie haben gezeigt, dass es 
auch waehrend der Wirtschaftskrise, oder gerade jetzt moeglich ist, 
durch konsequenten Kampf Verbesserungen zu erkaempfen.
(Florian Weissel, RSO/gek.)
Quelle http://www.sozialismus.net//content/view/1113/1/
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin