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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. Februar 2009; 16:58
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Wien/Kapitalismus/Selbstbestimmt leben/Kommentar:
Segensreiches CBL
*Martin Ladstaetter* von bizeps ueber die Turbulenzen bezueglich der 
crossboardergeleasten Wiener Oeffis und was das mit Barrierefreiheit 
zu tun hat.
*
"Stadtwerke wollen U-Bahn wieder ganz haben." So uebertitelte der 
Standard am 15. Februar 2009 einen Bericht zu den hoechstriskanten und 
umstrittenen Cross-Border-Deals rund um die Strassenbahnen und 
U-Bahnen in Wien.
Derzeit duerfte es ziemlich rund gehen hinter den Kulissen der Wiener 
Stadtregierung. Der Standard ueberraschte mit der Meldung, dass die 
Wiener Stadtwerke nun versuchen, teilweise aus den Cross-Border-Deals 
auszusteigen. Aus einem dieser Vertraege ist Wien soeben ausgestiegen, 
weitere koennten folgen.
"Das Gesamtvolumen belief sich auf 1,5 Milliarden Dollar, nach 
heutigem Geld 1,18 Mrd. Euro", erlaeutert die Tageszeitung den Umfang 
der Vertraege, die so kompliziert sind, dass sie kaum von jemandem 
verstanden werden, ausser den daran verdienenden US-Anwaelten. "Es 
darf bezweifelt werden, dass alle, die an diesen Deals beteiligt 
waren, sich auch nur halbwegs ausgekannt haben", mutmasst der 
Standard.
"Die Wiener Stadtwerke haben zwischen 1998 und 2003 in sechs 
Transaktionen Strassenbahn- und U-Bahn-Garnituren verleast und 
zurueckgemietet", wird das Ausmass beziffert. Nun will sich die Stadt 
aber schnell und -- wenn moeglich -- mit wenig Verlusten daraus 
zurueckziehen.
Vor wenigen Wochen klang dies in einer Profil-Geschichte noch voellig 
anders. Ein Ausstieg aus den Vertraegen -- wie beispielsweise in 
Zuerich -- ist in Wien nicht geplant. Wien will -- laut 
Finanzstadtraetin Renate Brauner (SPOe) -- die Leasingvertraege 
"vereinbarungsgemaess erfuellen".
Nun duerfte aber auch im Wiener Rathaus klar geworden sein, wie hoch 
das Risiko sein koennte und dass es nicht egal ist, wer bestimmt, 
welche Strassenbahnen in Wien fahren. Es wurde im Profil-Beitrag von 
Bernhard Odehnal vermutet, dass dies der Grund ist, warum die Wiener 
Linien um viel Geld die alten Strassenbahnen umbauen, die sie laut 
Cross-Border-Vertrag betreiben muessen, statt -- dem 
Behindertengleichstellungsgesetz entsprechend -- barrierefreie 
Fahrzeuge ankaufen.
Aufhorchen liess eine Wortmeldung von Buergermeister Michael Haeupl, 
der am Jahresanfang in einem ORF-Interview sagte: "Ich will nicht, 
dass jemand anderer als die Wienerinnen und Wiener bestimmen, welche 
Strassenbahn bei uns faehrt."
Opposition uebt massive Kritik
"Die Wienerinnen und Wiener sollen endlich erfahren, wie viel von 
ihrem Steuergeld letztlich als verloren gelten werde", so 
FPOe-Abgeordneter Johann Herzog. Er forderte die Offenlegung der 
Vertraege. Kritik an der Geheimniskraemerei der SPOe in Sachen 
Cross-Boarder-Leasing kommt von den Wiener Gruenen. "Im heutigen 
Finanzausschuss verweigerte Stadtraetin Brauner naehere Auskuenfte zu 
den aufgeloesten Cross-Border-Leasing-Transaktionen der Wiener Linien. 
Wie viel die jetzige vorzeitige Vertragsaufloesung den Wiener Linien 
und somit der Stadt Wien kostet, bleibt also im Unklaren", so der 
Budgetsprecher der Gruenen Wien, Martin Margulies. "Stadtraetin 
Brauner verniedlicht die Probleme", kritisiert er und erinnert in 
seiner Presseaussendung ergaenzend daran: "Cross Border 
Leasing-Geschaefte dieser Art sind in den USA seit 2004 verboten und 
werden mittlerweile, wie auch schon einige Urteile amerikanischer 
Gerichte zeigen, als versuchte Steuerhinterziehung eingestuft."
Skurille Begruendung
Fuer behinderte Menschen ist die skurille Begruendung fuer diese 
vielleicht sogar sittenwidrigen Geschaefte besonders interessant. "Ein 
Teil des Geldes wurde zur Nachruestung von Aufzuegen im U-Bahn-Netz 
verwendet, ein anderer Teil zur Anschaffung neuer Niederflurfahrzeuge 
auf der U6", schreibt der Standard und zitiert dann Martin Krajcsir, 
Finanzvorstand und stv. Generaldirektor der Wiener Stadtwerke Holding: 
"Ohne das Geld aus den Cross-Border-Leasings waere das nicht so rasch 
gegangen."
Welchen Schluss soll man daraus ziehen? Barrierefreiheit wird nur 
geschaffen, wenn man gesetzeswidrige Geschaefte abschliessen kann? 
Oder vielleicht: Wenn man diese Geschaefte nicht loesen kann, dann 
betreibt man gesetzeswidrige alte Fahrzeuge? Fragen ueber Fragen. Aber 
die Stadtregierung schweigt sich derzeit dazu aus. ###
Quelle: http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=9477
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