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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Februar 2009; 16:23
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Kapitalismus/Gewerkschaft:
> "British Jobs for British Workers!"
Zu den nationalistisch orientierten Streiks in Grossbritannien und der
Frage einer internationalistischen Gewerkschaftsbewegung
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Die Erkenntnis, dass der Kapitalismus in seiner tiefsten Krise seit
den 30er Jahren steckt und dies sehr herbe Auswirkungen auf die
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lohnabhaengigen hat, ist endlich in
den Koepfen angekommen. Die Reaktionen darauf sind allerdings
unterschiedlich. Waehrend in Griechenland, Island, Frankreich und
Irland die (zum Teil militanten) Sozialproteste in Form von Streiks
und Demonstrationen einen fortschrittlichen und solidarischen
Charakter haben und sich in Italien die Gewerkschaftsbewegung in einen
kaempferischen (CGIL, CUB, COBAS, SdL etc.) und einen gelben Fluegel
(CISL, UIL, UGL) gespalten hat, wie beim Generalstreik am 12.Dezember
2008 deutlich wurde, ist die britische Arbeiterbewegung mit einer sehr
januskoepfigen Welle wilder Streiks in den neuen Zyklus gestartet, an
denen sich insgesamt 19 Betriebe beteiligten. Motto: "British Jobs for
British Workers!"
Das Zentralorgan der bundesdeutschen Bourgeoisie, die "Frankfurter
Allgemeine Zeitung" wusste dazu am 4.2.2009 folgendes zu berichten:
"Die Rezession, steigende Arbeitslosigkeit und 300 aus Italien
angeheuerte Facharbeiter haben in Grossbritannien zu einem Gemisch aus
wilden Streiks, lamentierenden Gewerkschaftern und irritierten
Politikern gefuehrt."
Doch der Reihe nach: "Den Anlass des Aufruhrs bot ein Neubauvorhaben
am Raffinierie-Standort in North Killingholme. Der Inhaber der Anlage,
der Treibstoffproduzent Total, vergab den Auftrag nach einer
Ausschreibung an eine italienische Baufirma [namens IREM]. Diese hat
vor, den Bau mit italienischen Arbeitskraeften auszufuehren. Achtzig
Bauarbeiter aus Italien sind schon eingetroffen, sie sind auf einem
Wohnschiff im Hafen von Grimsby untergebracht. Die Stammbelegschaft
der Killingholmer Raffinerie begann ihre Protestaktionen mit einem
Schlagwort, das vor eineinhalb Jahren der - damals gerade ins Amt
gekommene - Premierminister Brown im Munde gefuehrt hatte: 'Britische
Jobs fuer britische Arbeiter!'. Damit wollte er sich den
Gewerkschaften empfehlen, denn er hatte soeben ihren Einfluss auf
Labour-Parteibeschluesse durch organisatorische Aenderungen weiter
vermindert. Jetzt, zu Zeiten der oekonomischen Krise, steigender
Arbeitslosenzahlen und - nach einem Zwischenhoch - wieder sinkender
Beliebtheitswerte der Regierung, sahen die Funktionaere der
maechtigsten britischen Gewerkschaft 'Unite' eine Gelegenheit zur
Vergeltung gekommen. Eine Rolle bei der Wahl des Augenblicks werden
aber auch interne Querelen der erst kuerzlich aus der Fusion von zwei
Grossgewerkschaften - der groessten Industriegewerkschaft Amicus und
der Transportarbeitergewerkschaft - geformten 'Unite' gespielt haben."
Der Co-Vorsitzende von Unite, Derek Simpson (64), verlangt, dass die
Vergabebedingungen von internationalen Untervertraegen (also das
Subunternehmer-Unwesen) neu geklaert werden muesse. Die juengste
Rechtssprechung des Europaeischen Gerichtshofs in Luxemburg erlaube
es, dass nationale Tarifloehne von heran gekarrten, separierten und in
enger Abhaengigkeit gehaltenen auslaendischen Arbeitskraeften
unterboten wird. Dies muesse sich aendern.
Interessant ist, dass offensichtlich auch die dem neoliberalen
Freihandel verpflichtete FAZ den Protest als ambivalent einstuft. Mit
Blick auf das Labour-Kabinett unter Gordon Brown heisst es im
Politikteil: "Stattdessen versucht die Regierung, die
Gewerkschaftsaktivisten fremdenfeindlicher Bestrebungen zu
verdaechtigen; schliesslich hat sich die Partei der britischen
Nationalisten sofort an die Protestkampagne angehaengt. In
Stellungnahmen der Regierung hagelt es Belehrungen wie jene, dass zwar
1,5 Millionen auslaendischer Arbeitskraefte in Grossbritannien taetig
seien, dass aber schaetzungsweise ebenso viele Briten im Ausland
arbeiteten."
Einer der kasernierten italienischen Bauarbeiter nahm die Sache - laut
FAZ - mit Galgenhumor und meinte: "'Wenn die uns hier nach Hause
schicken, dann verlangen wir auch Fabio Capello zurueck.' Und dieser
Italiener ist immerhin der Trainer der englischen
Fussballnationalmannschaft."
Etwas ernster nimmt naturgemaess Gianni Rinaldini (57) die
Angelegenheit. Der Generalsekretaer der mit Abstand groessten
italienischen Metallarbeitergewerkschaft FIOM ist zugleich einer der
fuehrenden Linken im Gewerkschaftsbund CGIL. Er aeusserte sich in
einem Interview fuer die linksalternative Tageszeitung "il manifesto"
vom 3.2.2009:
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"Eine globale Gewerkschaft oder die Krise wird uns mit in den Abgrund
reissen"
Gianni Rinaldini ueber den englischen Fall
Interviewer: Loris Campetti
Frage: Haben wir es mit Sozialdumping zu tun?
G.D.: Was im Moment in Grossbritannien passiert, ist ein Zeichen
dafuer, dass diese Krise destruktive Dynamiken in Gang setzt und der
Protest der englischen Arbeiter ist das Gegenstueck zu den
protektionistischen Logiken, die ueberall aus dem Boden schiessen. Das
erste, was deutlich wird, ist die Verzweiflung der Arbeiter. Gewiss
gibt es die Gefahr von Dumping. Einerseits hast Du ein Unternehmen aus
Syrakus mit geringem gewerkschaftlichen Organisationsgrad,
andererseits hast Du die Arbeitslosigkeit in einem der Laender, die am
heftigsten fuer die Krise bezahlen. Grossbritannien hat unter
Jahrzehnten der Deindustrialisierung zu leiden. Die industrielle
Produktion wurde seit Thatcher durch die Finanzbranche und den
Immobiliensektor ersetzt. Das erklaert die Rebellion der Arbeiter, die
im industriellen Bereich taetig sind. Ja, wir stecken voll im Dumping.
Ich wuerde gern genauer wissen, ob sich das bestaetigt hat, was mir
die englischen Gewerkschafter gesagt haben: Sie behaupten, dass der
[Subunternehmer-]Vertrag, den die italienische Firma [IREM] im
Ausschreibungsverfahren gewonnen hat, nicht nur ein Lohndumping
provoziert, sondern auch eine Klausel vorsieht, die die Einstellung
lokaler Arbeitskraefte ausschliessen und damit eine elementare Norm
verletzen wuerde, die eine Anwendung der Arbeitsvertraege aus den
Ursprungslaendern verbietet. In wenigen Worten: Wer auslaendische
Arbeiter nach Grossbritannien bringt, muss dieselben Lohn- und
Vertragsbedingungen garantieren, wie sie von der englischen
Gesetzgebung vorgesehen sind.
F: Was einen betroffen macht, ist die Unzulaenglichkeit, ja fast die
Inexistenz der Gewerkschaften angesichts der Globalisierungsprozesse.
G.D.: Es fehlt eine Organisation und damit ein Handeln auf globaler
Ebene. Dieses Problem betrifft ueber die Gewerkschaften hinaus auch
die Linken, die keine Vorstellung eines anderen Auswegs aus der Krise
anzubieten haben, das heisst eine solidarische und nicht
protektionistische Idee. Ueber den englischen Fall muessen wir auf der
naechsten Versammlung des Internationalen Metallarbeiterbundes
diskutieren, die am 18. und 19.Februar stattfinden wird. Bei dieser
Sitzung steht bereits ein Treffen mit den US-Gewerkschaften auf der
Tagesordnung, das fuer uns nach dem geplanten Abkommen zwischen FIAT
und Chrysler von grundlegender Bedeutung ist. Wir brauchen eine
gemeinsame Aktion. Wir muessen Strategien und eine gemeinsame Praxis
entwickeln. Zu meinen, dass man alles durch einen allgemein gehaltenen
Appell an die Solidaritaet loesen koenne, waere eine Dummheit. Das hat
in der Geschichte der Arbeiterbewegung noch nie funktioniert. Noetig
sind eine Antwort und ein Vorschlag auf globaler Ebene.
F: Das, was jetzt in England geschieht, ist nur der letzte sehr vieler
anderer, aehnlich gelagerter Faelle...
G.D.: Besorgniserregende Symptome treten staendig auf. Zum Beispiel
hat die Fusion der Stahlarbeitergewerkschaften der USA,
Grossbritanniens und Kanadas zu einem Durcheinander auf
gewerkschaftlicher Ebene gefuehrt, mit einer harten Reaktion vonseiten
der suedafrikanischen und der lateinamerikanischen Gewerkschaften.
Nicht zufaellig gesellt sich dieser Prozess zu dem von Obama
angekuendigten verhaengnisvollen Beschluss, der allein die Verwendung
von in den USA hergestellten Stahlprodukten vorsieht. Eine andere
Entscheidung ist - auch wenn sie einen nachdenklich macht - die von
Sarkozy getroffene, die die oeffentlichen Finanzspritzen fuer die
Automobilindustrie mit dem Erhalt der Werke in Frankreich verbindet
und sich gegen eine Produktionsverlagerung wendet. Alle diese
Beispiele zeigen aber, dass wir als Gewerkschaften ohne eine echte
Globalisierung in der Krise mit in den Abgrund gerissen werden.
Fuer die FIOM ist die oeffentliche Intervention in einem Sektor wie
dem der Automobilindustrie richtig, der insgesamt eine Million
Menschen beschaeftigt, allerdings unter der Bedingung, dass der
Firmenzentrale in Turin-Lingotto zwei Bedingungen gestellt werden:
Erstens eine umweltpolitische, bei der es um die Erforschung,
Entwicklung und Produktion von Motoren dreht, die von Energiequellen
angetrieben werden, die eine Alternative zum Erdoel darstellen. Und
zweitens eine soziale zum Schutz der Beschaeftigung und der Werke.
(gek.)
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Vorbemerkungen, Uebersetzung und Einfuegungen in eckigen Klammern:
Gewerkschaftsforum Hannover
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Quelle: http://www.labournetaustria.at
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