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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Februar 2009; 16:14
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Asyl/Protest:
> Einen Tag Recht auf Asyl
Am 9.Februar kam es zu einem spontanen Protest gegen eine geplante 
Massenabschiebung vor dem Schubhaftgefaengnis an der Rossauer Laende. 
150 ProtestiererInnen. Die Demo duerfte eine geplante 
Massenabschiebung an diesem Tag verhindert haben.
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Als bekannt wurde, dass allein 20 vom Verein Ute Bock betreuten 
AsylwerberInnen fuer Montag letzter Woche in die Rossauer Laende 
bestellt wurden, laeuteten bei Fluechtlingsinitiativen die 
Alarmglocken. Trotz unzureichender Informationen aus dem 
Innenministerium schien alles auf eine geplante Massenabschiebung 
hinzudeuten.
Die AsylwerberInnen wurden auf 13:00 in das Schubhaftgefaengnis 
bestellt, zusaetzlich zu denen aus dem Verein Ute Bock sollten noch 10 
schon vorher in Schubhaft genommene Asylwerber (nur maennl.) an diesem 
Termin "abgeurteilt" werden.
Eine spontane Mobilisierung per SMS und Mailaussendungen brachte 150 
Menschen um 12:00 an der U-Station Rossauer Laende zusammen. Von der 
U-Station ging es dann um 12:45 die Laende entlang in Richtung 
Schubhaftgefaengnis. Dort hatte die Linkswende eine Kundgebung am 
Gehsteig angemeldet, kurzerhand blieb die entstandene Demo aber auf 
allen 3 Spuren stehen und brachte so den Verkehr zum Erliegen. Der 
Eingang zum Gefaengnis war weitraeumig abgesperrt, ein massives 
Polizeiaufgebot baute sich um die Kundgebung auf.
Die Stimmung war wuetend und gespannt, ein Koordinationsteam stand 
ueber Handy und SMS in staendigem Kontakt zu den mit den Asylwerbern 
zum Vorladungstermin eingetroffenen RechtsberaterInnen. Von den 20 
vorgeladenen erschienen 4, alle maennlich, zusaetzlich wurden die 10 
sich schon in Schubhaft befindlichen vorgefuehrt. Ihnen allen wurde 
zuerst der Kontakt zur Rechtsberatung verweigert, aufgrund der 
kraeftigen Proteste draussen (laut Versicherung der 
RechtsberaterInnen) dann aber doch zugestanden.
Nach einer Stunde Blockade forderte die Polizei die Demo auf, einen 
Fahrstreifen frei zu machen, was von dieser gespalten aufgenommen 
wurde. Ein Teil hielt daran fest, die Laende komplett zu blockieren, 
wurde dann aber von der Polizei zur Seite gedraengt.
Mittlerweile wurde von drinnen bekannt gegeben, dass die Verhandlungen 
laufen wuerden, eine Kommission aus Gambia, dem Land in das die 
Asylwerber deportiert werden haetten sollen, sei eingetroffen. Sinn 
dieser Aktion sei es, "allfaellige weitere Massnahmen zu erleichtern", 
so der Ministeriumssprecher Rudolf Gollia. Bei dieser 
Identitaetsfeststellung waren 4 Delegierte aus Gambia, 2 Beamte des 
Innenministeriums und eine Dolmetscherin anwesend.
Die Asylwerber wurden vor die Moeglichkeiten sofortige Schubhaft oder 
Vorfuehrung vor diese Kommission gestellt. Diese vertritt eine 
Regierung, welche sich 1994 in einem Militaerputsch an die Macht 
gebracht hat, und seitdem im Stile einer Diktatur regiert. Sie hat im 
Juni 2008 zu Gewalt an Homosexuellen aufgerufen und diese 
aufgefordert, binnen 24 Stunden das Land zu verlassen. Pressefreiheit 
und die Grundrechte, die die buergerliche Demokratie als Grundrechte 
anerkennt, haben in Gambia keine Bedeutung, und doch kooperiert die 
oesterreichische Regierung mit der Gambias und unterhaelt mit dieser 
ein Rueckfuehrungsabkommen.
Immer wieder trafen neue TeilnehmerInnen bei der Kundgebung ein, 
waehrend andere sich nach mehreren Stunden Protest daheim aufwaermten. 
Die Mobilisierung ueber SMS schaffte also ein Rotationssystem, 
mithilfe dessen der Druck nicht nachliess. Die Strasse wurde mit 
Kreiden bemalt, ebenso die dem Schubhaftgefaengnis gegenueberliegende 
Mauer. Solidaritaetsgruesse wurden auch in Form von Plakaten, die 
gegenueber dem Gefaengnis aufgehaengt wurden, nach drinnen vermittelt. 
Nach einer weiteren Stunde konnten erstmals 2 Asylwerber das 
Gefaengnis verlassen und wurden draussen von der Demo freundlich 
empfangen. Da ihr Herkunftsland nicht Gambia war, konnten sie nicht 
abgeschoben werden. Die RechtsberaterInnen wandten sich mehrmals mit 
Appellen zu bleiben an die DemonstrantInnen, sie wuerden mit ihrem 
Druck an diesem Tag fuer andere Verhaeltnisse als sonst sorgen. Die 
Polizei hatte mittlerweile begonnen, die auf ca. 100 Personen 
geschrumpfte Demo auf den Gehsteig zu zwingen, vor dem sie Tretgitter 
aufbaute. Es kursierten Geruechte, dass in Schwechat schon ein 
Flugzeug bereitgestellt wurde, um die Asylwerber nach Gambia zu 
fliegen. Die RechtsberaterInnen meinten allerdings dass aufgrund der 
Demo, welche nun schon 4 Stunden vor dem Gefaengnis Parolen 
skandierte, ein grosses Interesse bei Medien und oeffentlichen Stellen 
entstanden sei, und eine Abschiebung fuer heute moeglicherweise 
verhindert worden sein koennte.
Diese Vermutung bestaetigte sich eine Stunde spaeter, um 16:30 wurden 
die Asylwerber aus der Verhandlung entlassen, auch die 10 schon in 
Schubhaft genommenen kamen frei. Zudem wurden laut OrganisatorInnen 2 
Asylantraege angenommen, die vorher schon negativ beschieden worden 
waren.
Die Demo wurde damit um 16:45 unter grosser Freude aufgeloest, die 
Asylwerber zogen sich mit ihren BeraterInnen zu Gespraechen zurueck.
Auch wenn unklar ist, ob das Innenministerium wirklich eine 
Massenabschiebung oder Internierung plante, so zeigte der Protest am 
Montag doch, wie wichtig und erfolgreich Widerstand sein kann.
Die Normalitaet des Asylregimes bleibt indes die Gleiche. In der Nacht 
von 9.2. auf 10.2. wurde wieder Menschen in ihren Wohnungen verhaftet, 
ihnen wurde, wie von der Rechtsberatung des Verein Ute Bock 
verlautbart wurde, die Rechtsberatung verweigert. Auch am Dienstag gab 
es aehnliche Vorladungen. Dieses mal wurden die Anwaelte nicht 
vorgelassen, was mit den betroffenen Maennern passierte, ist ungewiss. 
Dies war offensichtlich kein Einzelfall. Gollia wird in einem 
Standard-Artikel eine Woche vor dieser Aktion so zitiert: "Dass das 
Ministerium eine NGO mit der Rechtsberatung in Schubhaft und 
Asylverfahren beauftragen muss, sei "ein Dilemma": "Der Staat muss 
dafuer sorgen, dass jemand gegen ihn selbst beraet."
Somit findet die Offensive des Innenministeriums kein Ende, die 
Repressionswelle fliesst mit voller Kraft. Es hat sich aber gezeigt, 
dass in Verbindung mit einer Netzwerk- und Oeffentlichkeitsarbeit von 
Fluechtlingsinitiativen Protest Fruechte traegt. Direkte Intervention 
schmerzt das Unrechtsregime staerker als Absichtserklaerungen bei 
sonntaeglichen Bleiberechtsdemos, eine Verbindung von beidem kann zu 
einer veraendernden Kraft werden.
(Indymedia/bearb.)
Quellen mit weiteren Links:
http://at.indymedia.org/node/13405
 http://at.indymedia.org/node/13463
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