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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Februar 2009; 03:19
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Frankreich/Linke:

> LCR heisst jetzt NPA

Der Kongress der Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) hat die
Aufloesung der Organisation zugunsten der Nouveau parti
anticapitaliste (NPA) beschlossen. Das Ergebnis der nicht geheimen
Abstimmung: 87,1 % der ca. 150 Delegierten dafuer, 11,5 % dagegen, 1,4
% Enthaltung.

Auf der LCR-Homepage ist die etwa 20-minuetige Rede zu hoeren und zu
sehen, mit der Alain Krivine am Morgen des Donnerstag, 5. Februar
2009, den letzten Kongress der Ligue Communiste Révolutionnaire
eroeffnet hat.

Er wiederholt darin, was er in den letzten Tagen zahlreiche Male
JournalistInnen diktiert und ins Mikrophon gesagt hat: "Wir sind schon
zwei Mal aufgeloest worden, aber dieses Mal machen wir es selber."

Mit dem zweimaligen Aufloesen durch andere meint er die Verbote durch
gaullistische Innenminister der 5. Republik: das Verbot der JCR und
der PCI, der damaligen franzoesischen Sektion der IV. Internationale,
im Juni 1968, nach den Naechten der Barrikaden im Quartier Latin und
dem Generalstreik des Mai 68, und das Verbot der Ligue Communiste im
Juni 1973, nach einer sehr gewaltsamen Konfrontation der "Ligue",
genauer: ihres beruehmten, gut trainierten, mit Motorradhelmen,
Stoecken und Molotow-Cocktails versehenen Ordnerdiensts in Paris mit
der Polizei, die eine Kundgebung der neofaschistischen Organisation
"Ordre Nouveau" schuetzen wollte, die in der beruehmten Mutualité ein
extrem provokatives auslaenderfeindliches Meeting abhielt.

Alain erwaehnt unter anderem, bei der Gruendung der "Jeunesse
Communiste Révolutionnaire" (Maerz 1967) seien sie 130 gewesen; bei
der Gruendung der "Ligue Communiste" (April 1969) seien sie 800 bis
900 gewesen; und jetzt finge die neue Partei mit 9.000 Mitgliedern an.

In seiner Rede geht Alain unter vielem anderen darauf ein, dass
saemtliche Kraefte der Linken in Frankreich sich zur NPA verhalten
muessen. Da gebe es viele, die sich Sorgen machen. Ein Anzeichen fuer
die Rolle, die die NPA schon vor ihrer formellen Gruendung spielen
kann, lieferten ihre Initiativen gegenueber saemtlichen Organisationen
der politischen Linken (zu denen in Frankreich auch die
Sozialdemokratie gezaehlt wird) kurz vor und kurz nach den grossen
Massenstreiks vom 29. Januar, zu denen saemtliche
Gewerkschaftsverbaende gemeinsam aufgerufen hatten.

Beim ersten Mal kamen viele Parteien und andere politische
Formationen, alle verstaendigten sich auf eine gemeinsame Erklaerung,
in denen eine andere Politik gegen die Krise gefordert wird als die
der Sarkozy-Regierung. Allerdings - nicht alle Eingeladenen waren
gekommen, vor allem nicht die Sozialistische Partei (PS) auf der einen
Seite, Lutte Ouvrière (LO) auf der anderen. Aber nach dem 29. Januar
hat es anders ausgesehen. Als die NPA wieder alle eingeladen hat,
kamen mehr Organisationen. Und dieses Mal ist unter dem gemeinsamen
Kommuniqué folgende Liste zu lesen: "Les Alternatifs, la CNCU, LO, le
MRC, le NPA, le PCF, le PCOF, le PG, le PS, ADS, Alter-Ekolo"

Ihre Aktivitaeten haben einen internationalen Widerhall: Alain
berichtet, fuer den Kongress der NPA haetten sich 94 Delegierte aus 43
Laendern angekuendigt.
(Wilfried Hanser-Mantl auf labournetaustria.at)

Guru-Partei

Grossen Anteil an diesem Aufschwung der neuen alten Partei hat laut
den Massenmedien vor allem einer der Sprecher der LCR und jetzige
Gallionsfigur der Neuen Antikapitalistischen Partei, Olivier
Besancenot. "Der kleine Brieftraeger" -- wie ihn die franzoesischen
Medien durchaus liebevoll nennen und der nicht nur als
Berufsfunktionaer, sondern immer noch auch bei der Post sein Geld
verdient -- kann Popularitaetswerte aufweisen, wo der Grossteil der
etablierten Politiker nur neidig werden koennen. Er gilt nach
Umfragewerten nach Praesident Sarkozy als zweitbeliebtester Politiker
im Land. Der "Independent" nennt den Sohn aus gutem Haus und
studierten Historiker einen "Selfmade-Proletarier" und das kommt
offensichtlich gut an.

Die Neue Antikapitalistische Partei -- der Name wurde am
Gruendungsparteitag dieses Wochenende bestaetigt -- will eine Partei
eines neuen Typs sein, die eben auch linke NGOs und Buergerinitiativen
einbinden will. Allerdings ist das auch nicht gerade neu. Wie ein
Partei-Guru, eine alte, frisch lackierte trotzkistische
Traditionspartei und diverse, oft recht unterschiedlich ausgerichtete
Grueppchen unter einen Hut kommen sollen, bleibt abzuwarten.
(orf.at, Wikipedia/akin)


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