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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Februar 2009; 03:10
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EU/Moderne Zeiten:
> Die Rueckkehr der Copyright-Ritter
Sozialisten & Konservative wollen Internet-Vorschlaege am Parlament 
vorbeischmuggeln
Die Praesidentenkonferenz des EU-Parlaments hat am 5.Februar mit den 
Stimmen von EVP und SPE gegen den Widerstand der Gruenen/EFA 
beschlossen, dass der umstrittene Medina-Report zur "Harmonisierung 
des Urheberrechts" ohne Moeglichkeit zur Abaenderung oder Diskussion 
im Maerz-Plenum angenommen werden soll. Dazu erklaert Eva 
Lichtenberger, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die 
Gruenen/EFA:
"Es ist voellig inakzeptabel, dass ein so wichtiger Bericht mit 
brisanten Vorschlaegen zum Urheberrecht im Internet ohne demokratische 
Debatte im Plenum des Europaeischen Parlaments beschlossen werden 
soll. Diese Entscheidung der Vorsitzenden der grossen Fraktionen EVP 
und PSE ist ein weiterer Beweis fuer den zunehmenden Verfall der 
demokratischen Kultur dieses Hauses. Immer haeufiger kommt es vor, 
dass zwischen den grossen Fraktionen und Lobbygruppen ausgemauschelte 
Deals unter Umgehung von oeffentlichen Debatten an den Abgeordneten 
vorbei geschleust werden.
Der Medina-Bericht ist aber viel zu wichtig, um ohne Diskussion und 
Aenderungsmoeglichkeiten zur Abstimmung gestellt zu werden. Mit ihm 
wird naemlich versucht, Beschluesse des Parlaments zum Telekompaket 
wieder auszuhebeln.
Der Bericht enthaelt wieder exakt jene Passagen aus dem Telekompaket, 
die das Parlament mit jeweils grossen Mehrheiten gestrichen oder 
abgeaendert hatte. Die Formel der verpflichtenden "Kooperation" von 
Internet-Providern mit den Rechteinhabern -- also der 
Medienindustrie -- findet sich da ebenso wieder wie eine Passage, die 
eine Filterung der Netzinhalte durch den Zugangsanbieter voraussetzt." 
Soweit Lichtenberger.
Grosskoalitionaere Scheineinigkeit
Ihre oesterreichischen Kollegen im EP, Othmar Karas (OeVP) und Hannes 
Swoboda (SPOe) hatten sich stets und dezidiert gegen derartige 
Zwangsmassnahmen ausgesprochen, die nun erneut auf der Tagesordnung 
des Parlaments erschienen sind -- dank der Einigkeit der faktischen 
grossen Koalition im EP.
Zwar ist der Medina-Bericht nicht bindend, sondern stellt eine 
Empfehlung dar, doch wuerde das Parlament bei Verabschiedung in 
unveraenderter Form dem Ministerrat Vorgangsweisen empfehlen, die 
jenen im Telekompaket derzeit enthaltenen widersprechen.
Dieses Paket, das drei technisch ueberholte EU-Richtlinien auf den 
neusten Stand bringen sollte, steht in derselben Sitzungsperiode 
Anfang Maerz auf der Tagesordnung des Parlaments, in der auch der 
Medina-Bericht ins Plenum kommen soll.
Ebenso wird das EU-Parlament im Maerz ueber eine Empfehlung zum Schutz 
der Grundrechte im Internet abstimmen. Mit dieser Initiative sollten 
die Buerger eigentlich vor privater und staatlicher Datensammelwut 
geschuetzt werden.
Die Unterstuetzer der Medienindustrie haben freilich schon die ersten 
Aenderungsantraege eingereicht, die den oben zitierten Forderungen 
auffallend aehnlich sind oder in anderer Formulierung auf ein und 
dasselbe hinauslaufen.
Am Beispiel Software-Patente
Im Fall der als "Software-Patente" bekanntgewordenen Richtlinie zur 
Patentierung computergestuetzter Erfindungen hatte es insgesamt zwei 
Parlamentslesungen, eine Unzahl von Ministerrratssitzungen, 
Praesidentenkonferenzen, Trialoge mit der Kommission, 
Vermittlungsausschuesse usw. gebraucht. Zu verdanken hatten die 
Copyright-Ritter das einer Aufklaerungskampagne durch Netzaktivisten, 
die den Abeordneten erlaeuterten, dass damit absurd triviale 
Programmiertechniken, wie sie seit Jahrzehnten Allgemeingut sind, 
ploetzlich einen Besitzer bekommen wuerden. Freie Programmierer und 
mittelstaendischen Unternehmen waeren durch Lizenzforderungen der 
Garaus und Konzepte freier Software wie beispielsweise Linux 
unmoeglich gemacht worden.
Nach 30 Monaten war den Parlamentariern der Geduldsfaden schliesslich 
gerissen, und die Versuche der Elektronikindustrie, ihre 
Partikularinteressen zuungunsten von auszudehnen, wurden mit einem 
Beschluss aller vier Fraktionen abgeschmettert.
(EU-Gruene, futurezone/akin)
Quellen: www.greens-efa.org
http://futurezone.orf.at/stories/1502311/
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