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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Jaenner 2009; 19:03
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Guinea:
> Teile der sozialen Bewegungen begruessen Militaerputsch
Anders als seine westafrikanischen Nachbarlaender Sierra Leone und 
Liberia blieb Guinea bisher vom Buergerkrieg verschont. Der 
Militaerputsch vom 23.12.08, der -- wenige Stunden nach dem Tod von 
Diktator Lansana Conté -- auf Jahrzehnte seiner autoritaeren 
Herrschaft folgte, ging unblutig und ohne bemerkenswerten Widerstand 
ueber die Buehne. Waehrend der Staatsstreich zumindest verbal auf 
internationale Ablehnung stiess, melden sich nun VertreterInnen der 
sozialen Bewegungen Guineas zu Wort. Und was vielleicht ueberraschen 
mag: Sie koennen dem Putsch durchaus positive Seiten abgewinnen wie 
etwa der angekuendigte Kampf gegen die Korruption.
Der Putsch in Guinea scheint sich den gewaltsamen Umsturz in 
Mauretanien zum Vorbild genommen zu haben. Zwar ist die 
Machtuebernahme der Militaers unblutig verlaufen und es wurden bislang 
auch keine Meldungen ueber Repressionen bekannt. Dennoch steht zu 
befuerchten, dass ein Staatsstreich wie dieser Nachahmer in anderen 
afrikanischen Laendern nach sich ziehen und die fragilen Demokratien 
gefaehrden koennte. Das Militaer in Guinea hat sich in der 
Vergangenheit, gerade auch in der juengsten Zeit, nicht wirklich als 
Freund von Demokratie und Menschenrechten erwiesen. So richteten die 
Militaers unter dem Oberkommando des im Dezember verstorbenen 
Langzeitdiktators Conté im Januar und Februar 2007 ein Massaker an 
aufstaendischen Menschen an, die auf Initiative der Gewerkschaften den 
Ruecktritt von Conté sowie Massnahmen gegen die Armut forderten. Mehr 
als 150 Menschen wurden damals von Polizei und Armee getoetet. Und 
erst im November 2008 wurden erneut vier Menschen umgebracht, die in 
den Vororten der Hauptstadt Conakry protestierten [Leadership - 
Allafrica, 29.12.08]. Vor diesem Hintergrund und angesichts der seit 
der Unabhaengigkeit 1958 dauernden autoritaeren Herrschaft in Guinea - 
seither hatte das Land nur zwei Praesidenten, die sich beide fest auf 
das Militaer stuetzten - ist es doch ein wenig verwunderlich, dass 
Teile der sozialen Bewegungen sich positiv zu dem Militaerputsch 
aeussern.
Positionen der sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften
"Wir denken, es gibt hier eine echte Chance auf einen wahrhaftigen 
nationalen Dialog und den Wiederaufbau unseres Landes. Taeuschen Sie 
sich nicht, wir werden im Hinblick auf die Rechte der Menschen in 
Guinea wachsam sein", so Bakary Fofana, der Vizepraesident des 
Nationalen Rates der Zivilgesellschaftlichen Organisationen (CNOSCG) 
gegenueber der UN-Agentur IRIN [IRIN - Allafrica, 29.12.08].
Der Anfuehrer der Junta, Moussa Dadis Camara, hatte u. a. versprochen, 
die Korruption im Land zu bekaempfen, jene zu bestrafen, die 
oeffentliche Gelder veruntreut haben, sowie die Bergbauvertraege neu 
zu gestalten, damit diese der Bevoelkerung zugute kommen. In Guinea 
liegen neben anderen reichen Rohstoffen die weltweit groessten 
Vorkommen an Bauxit, dem wichtigsten Mineral zur Gewinnung von 
Aluminium. Zugleich mangelt es den meisten Menschen am Allernoetigsten 
wie sauberem Trinkwasser, angemessenen Sanitaeranlagen und Zugang zu 
Elektrizitaet. Cissé Kabinet von CECIDE, einer guineischen NGO, 
drueckt ebenfalls Hoffnungen in die Junta aus: Der Anfuehrer der 
Putschisten Camara "hat einfach laut ausgesprochen, was die Menschen 
in Guinea untereinander seit Jahren sagen" [IRIN - Allafrica, 
29.12.08].
Bei einem oeffentlichen Auftritt von Capt. Camara in einer Kaserne vor 
einem gemischten Publikum, zu dem auch GewerkschafterInnen, Vertreter 
der Kirche und PolitikerInnen gehoerten, legte Camara dar, dass bis 
2010 Wahlen abgehalten werden sollen. KorrespondentInnen bezeichneten 
den Auftritt als "Charme-Offensive" der Militaers. Camara versprach, 
die Vertraege im Bergbausektor neu verhandeln zu wollen. 
Waehrenddessen seien die Taetigkeiten etwa im Goldbergbau eingestellt 
worden. Gleichzeitig werde die Junta gegen die Korruption vorgehen, 
ohne dass jedoch Namen genannt wurden. Capt. Camara erklaerte 
gegenueber den Anwesenden, er sei offen fuer ihre "besten Ideen", etwa 
was die Auswahl eines neuen Premierministers betreffe [Vanguard - 
Allafrica, 29.12.08].
Die Gewerkschaften rufen zum Teil dazu auf, die Herrschaft des 
Gesetzes wiederherzustellen und die Korruption sowie den Drogenhandel 
zu bekaempfen. In einer Stellungnahme vom 25.12.08 "gratulieren" sie 
dem Militaer "zu seiner Unterstuetzung fuer den Wandel, den die 
Gewerkschaften mit der Rueckendeckung der Bevoelkerung eingeleitet 
haben" [IRIN - Allafrica, 29.12.08]. Der Vorsitzende der Vereinigung 
fuer Transparenz in Guinea, Mamadou Taran Diallo, sagte gegenueber 
IRIN: "Das wichtigste [nach Contés Tod] war die Erhaltung der 
Sicherheit und Stabilitaet von Guinea. Wir haben gesehen, wie der 
Krieg unsere Nachbarn Sierra Leone und Liberia zerrissen hat." Und 
Diallo setzt fort: "Jetzt muss die Zivilgesellschaft handeln", damit 
die Junta ihre Versprechungen auch einhalte. Denn "alle in Guinea sind 
hungrig nach einer guten Regierungsfuehrung" [IRIN - Allafrica, 
29.12.08].
Internationale Reaktionen
Die internationalen Reaktionen auf den Putsch in Guinea fielen 
durchgehend ablehnend aus. Vom suedafrikanischen Praesidenten 
Motlanthe, ueber die US-Botschaft bis zur franzoesischen 
EU-Ratspraesidentschaft wurde die baldige Abhaltung von Wahlen 
eingefordert. Lediglich Senegals Praesident Wade rief dazu auf, die 
Junta zu unterstuetzen [Vanguard - Allafrica, 29.12.08]. Auch die 
westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS hat erklaert, dass die 
Frist fuer Wahlen bis 2010 zu lange sei.
Die Afrikanische Union (AU) hat am 29.12.08 die Mitgliedschaft von 
Guinea ausser Kraft gesetzt und die Rueckkehr zur konstitutionellen 
Ordnung gefordert. Dabei wurde anscheinend uebersehen, dass diese 
Ordnung unter einer Diktatur entstanden ist. Jedenfalls muessten nach 
der Verfassung innerhalb von 60 Tagen Wahlen abgehalten werden - bis 
dahin waere die exekutive Macht an den Parlamentspraesidenten 
uebergegangen. Manche Menschen in Guinea kritisieren indes auch, dass 
diese Forderung der AU irrational sei, weil die alte Regierung nicht 
rechtmaessig gewesen sei. Das Mandat des Parlamentes war 2007 
abgelaufen, Wahlen waren mehrmals aufgeschoben worden. In einer 
Stellungnahme forderten die Gewerkschaften die internationale 
Gemeinschaft auf, "die Situation in Guinea einer tiefergehenden 
Analyse zu unterziehen" [IRIN - Allafrica, 29.12.08].
Tatsaechlich scheint sich mittlerweile der Umgangston zwischen der 
europaeischen und US-amerikanischen Diplomatie und der Junta zu 
entspannen. So berichtet die taz, dass Capt. Camara bei einem erneuten 
Treffen mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft und DiplomatInnen auf 
die bekannten Vorwuerfe erwiderte, "wo denn die internationale 
Gemeinschaft in den 24 Jahren der Herrschaft von Lansana Conté gewesen 
sei, die das Land an den Rand des Buergerkriegs gebracht haetten. So 
wurde aus der Konfrontation doch noch ein fairer Schlagabtausch. 
Diplomaten schaetzen daran vor allem, dass der neue starke Mann 
Guineas sich ueberhaupt auf den Dialog einlaesst, anders als seine 
Vorgaenger" [taz, 3.1.09]. Und auch der inzwischen zum Premierminister 
ernannte Kabine Komara, ein Bankier, hatte zu den KandidatInnen 
gehoert, welche die sozialen Bewegungen im Zuge des Generalstreikes 
2007 vorgeschlagen hatten [taz, 3.1.09].
Bakary Fofana vom CNOSCG bezeichnete die internationalen Reaktionen 
auf den Putsch unterdessen als "heuchlerisch", jedoch vorhersehbar. 
Die "internationale Gemeinschaft" solle besser zu dem Prozess des 
Dialoges und der Demokratie, der von der Zivilgesellschaft begonnen 
worden sei, ermutigen. Die sozialen Bewegungen "haben seit Jahren 
aufgrund des Mangels an Rechten, fehlender Gesetze und der Entbehrung 
von Demokratie in Guinea Alarm geschlagen. Doch niemand wollte uns 
zuhoeren. Die Menschen in Guinea wissen, dass ihnen diese Normen, von 
denen die internationale Gemeinschaft spricht, noch nie etwas gebracht 
haben" [IRIN - Allafrica, 29.12.08].
(Alexander Stoff, 6.1.2009 / bearb.)
Quelle: http://www.oneworld.at/start.asp?ID=226457
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