**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Jaenner 2009; 19:06
**********************************************************
Glosse:
> Gruene EUnheitsfront
Eigentlich muesste man sich freuen, dass eine prononcierte Linke wie 
Ulrike Lunacek den buergerlichen Johannes Voggenhuber im EU-Parlament 
abloesen soll. Nur ist jetzt alles verkehrt: Voggenhuber wurde nicht 
wegen seines EU-Fanatismus von den gruenen Delegierten am 
Bundeskongress abgewaehlt, sondern offensichtlich auf Betreiben der 
Parteifuehrung wegen seiner Kritik an ebendieser. Die Parteifuehrung 
praeferierte Lunacek. Und als diese nach ihrer Wahl zur 
EU-Spitzenkandidatin vom ORF interviewt wurde, fiel ihr nicht anderes 
zum Thema EU-Kritik als Gentechnik und EURATOM ein. Gefragt nach dem 
Unterschied zwischen der EU-Kritik der Gruenen und jener von FPOe und 
BZOe, meinte sie, dieser Unterschied bestuende darin, dass die 
Rechtsparteien keine "starke Europaeische Union" wollten.
Lunacek ist intelligent und politisch erfahren -- und war es auch 
schon lange, bevor sie fuer die Gruenen arbeitete. Man kann ihr also 
beileibe nicht Naivitaet attestieren -- diese Ausrede hat sie einfach 
nicht. Sie weiss, dass die EU ein Staatenbund vor allem im Interesse 
des militaerisch-industriellen Komplexes ist. Sie weiss, dass die EU 
aus einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft entstand und bis heute in den 
Unionsgremien alle anderen Themen diesem Primat unterstehen. Sie 
weiss, was das Schengener Informationssystem und FRONTEX sind, und sie 
weiss, welche Boesartigkeiten der EU-Vertrag enthaelt und mit welcher 
Brutalitaet die EU-Obrigkeiten diesen durchboxen wollen. Wie kommts 
sie also dazu, eine "starke Europaeische Union" zu wollen? Nur weil es 
die Parteien der extremen Rechten gemeinsam mit Buergerlichen und 
Liberalen geschafft haben, uns einzureden, dass die einzige 
Alternative zum Europatriotismus der Nationalismus alter Schule sei? 
Das kann doch nicht die Position einer Politikerin sein, die aus dem 
Bereich der kritischen Entwicklungspolitik kommt und weiss, wie 
wichtig und richtig Internationalismus und Kapitalismuskritik sind.
Nun, Lunaceks Haltung ist wohl einfach notwendig, um in dieser Partei 
etwas zu werden. In einer Partei, wo nach wochenlangen internen 
Debatten, ob die bisherige Kronprinzessin Eva Glawischnig wirklich die 
Richtige ist, um die Partei zu reformieren, und ob man die Art und 
Weise, wie sie von ihrem Vorgaenger installiert worden war, so einfach 
hinnehmen soll, die neue Grosse Vorsitzende mit 97,4% der 
Delegiertenstimmen gewaehlt wird, ja, in einer solchen Partei kann man 
wohl nur mit viel Opportunismus ueberleben.
Voggenhuber wird mir abgehen. Stimmt schon, er war oft genug auch ein 
Wendehals, der sich mit seinem Einzug ins EU-Parlament vom EU-Gegner 
zum bedingungslosen Fan wandelte. Schon nach seiner ersten Amtsperiode 
haette er deswegen nicht mehr wiedergewaehlt werden duerfen. Und ja, 
er ist ein Buergerlicher. Aber dieser Buergerliche hatte wenigstens 
noch irgendwo Ecken und Kanten und war damit auch angreifbar. Wenn 
auch ausgerechnet er wirklich nicht gerade der richtige wahr, die 
Parteifuehrung wegen Stil und Inhalt zu kritisieren, so hatte er doch 
in vielen Wortmeldungen sehr recht. Aber Ecken und Kanten sind bei den 
Gruenen schon lange nicht mehr gefragt. Im EU-Parlament weit weg von 
Wien hatte man sie bis jetzt gerade noch geduldet. Doch das ist jetzt 
auch vorbei.
*Bernhard Redl*
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin