**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Jaenner 2009; 18:44
**********************************************************
Asyl/Sicherheit/Schweiz:
> "Wenn schon Schengen..."
Die Causa Mesut Tunç schlaegt auch in der Schweiz Wellen. Der in
Oesterreich auf Grund eines tuerkischen Haftbefehls festgenommene
Tuerke mit politischer Vergangenheit in der DHKP-C hat neben einem
deutschen auch einen Schweizer Fluechtlingspass und hatte zuletzt auch
seinen Wohnsitz in der Eidgenossenschaft.
Das dortige Bundesamt fuer Justiz (BJ) hielt es nicht fuer noetig,
Tunç vor der Verhaftungsgefahr zu warnen, obwohl dem Amt seit 19.Juni
2008 der Haftbefehl vorgelegen hatte. Die Begruendung: Das
Fahndungsersuchen sei «nicht missbraeuchlich gewesen», so BJ-Sprecher
Folco Galli. Als missbraeuchlich gelten dem Amt nur solche Ersuchen,
die sich auf politische Straftatbestaende beziehen oder bei denen
«gemeinrechtliche Strafvorwuerfe vorgeschoben werden, um eine
politische oder rassische Verfolgung zu verbergen». Das sei hier nicht
der Fall. Und ausserdem sei Tunç im Asylentscheid «in generell
abstrakter Weise» gewarnt worden. Dort heisst es standardmaessig, dass
die Anerkennung als Fluechtling lediglich fuer die Schweiz gelte:
«Unser Land verfuegt nur ueber sehr beschraenkte
Einwirkungsmoeglichkeiten, sollten Sie im Ausland im Rahmen eines
Straf- oder Auslieferungsverfahrens behoerdlichen Massnahmen
ausgesetzt sein.» Kommentar des BJ-Sprechers: «Wenn Tunç trotzdem ins
Ausland reist, ist das seine Verantwortung.»
Der Zuercher Rechtsanwalt Marcel Bosonnet haelt das fuer unsinnig. Der
Haftbefehl sei sehr wohl missbraeuchlich: «Schliesslich bezieht er
sich auf den Vorwurf der terroristischen Vereinigung, ein typisches
politisches Delikt. Und ausserdem hat Tunç gerade wegen dieser
menschenrechtswidrigen Verfolgung in der Schweiz Asyl erhalten.»
Mit einem Vorstoss im Schweizer Parlament will der Nationalrat Daniel
Vischer (Gruene) diese Praxis beenden. Wenn das BJ schon die
Betroffenen nicht konkret warnen wolle, dann muesse es anders
gewaehrleisten, dass Fluechtlinge ihre Verwandten im Ausland besuchen
koennen, ohne verhaftet zu werden. Das Amt solle deshalb allen
Betroffenen unbuerokratisch auf Anfrage bekannt geben, wenn gegen sie
keine Haftbefehle im Umlauf seien. Zum andern fordert Vischer den
Bundesrat auf, in der Schengen-Kooperation aktiv zu werden. «Die
Mitgliedstaaten der EU sowie die assoziierten Schengen-Staaten sollen
gegenseitig ihre positiven Asylentscheide anerkennen und damit die
Betroffenen vor Auslieferungs- und Fahndungsersuchen der Behoerden
ihrer Herkunftsstaaten schuetzen. Wenn wir schon mit Schengen
kooperieren, dann nicht nur zum Nachteil des Asylrechts.»
(WoZ 3/09 / akin)
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin