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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Dezember 2008; 21:03
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Kommentar:
> Die Sache mit den Spenden
Ueber die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Absetzbarkeit von 
Zuwendungen an gemeinnuetzige Institutionen
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Jetzt soll es also doch eine Absetzbarkeit fuer Spenden geben. Das 
wollten die NGOs immer schon so. Aber das Thema ist gar nicht so 
einfach. Eine generelle Absetzbarkeit von Spenden an alle 
gemeinnuetzigen Institutionen gibt es international kaum wo, zumeist 
ist der Beguenstigtenkreis irgendwie eingeschraenkt. Das ist auch 
sinnvoll, sonst waere dem Missbrauch Tuer und Tor geoeffnet: 
Beispielsweise koennte das Grosskapital jene Zuwendungen, die es 
politisch Vereinen zukommen laesst und die der Bestechung schon 
ziemlich nahe kommen, auch noch von der Allgemeinheit sponsern lassen.
Die Einschraenkung auf karitativ taetige Vereine, wie sie das jetzige 
Modell vorsieht, waere also durchaus nicht ganz so falsch wie das 
beispielweise grosse Umweltschutzorganisationen, die eben politisch 
taetig sind, behaupten. Nur die Praxis ist halt eine andere. Denn auch 
die karitativen Vereine sind nicht unpolitisch. Viele von ihnen dienen 
auch der hoeheren Ehre von Parteien oder Religionsgemeinschaften. Die 
Evangelische Diakonie und die Caritas beispielsweise sind fuer viele 
Menschen ueberhaupt die einzigen Existenzberechtigungen fuer deren 
Mutterkirchen. Auch die Hilfsorganisationen der Grossparteien sind 
nicht sehr dezent mit der Promotion fuer die Politik. Auf der 
Startseite der Homepage des Hilfswerks lobt der VPler Othmar Karas den 
VPler Josef Proell fuer seine Absetzbarkeitsplaene. Auf der Startseite 
der Volkshilfe sind gleich 5 Bilder von Margit Fischer, Ehefrau des 
sozialdemokratischen Bundespraesidenten -- und eine Werbung der Wiener 
Staedtischen Versicherung.
Wem -- ausser den Hilfsorganisationen selbst -- hilft die 
Absetzbarkeit von Spenden noch? "Sponsoring im sozialen Bereich ist 
fuer Unternehmen immer wichtiger -- CSR (Cooporate Social 
Responsibility) ist heute ein gelebter Begriff im Wirtschaftsleben. 
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich dafuer, nach innen und nach 
aussen soziale Verantwortung zu uebernehmen. Dadurch kann das Image 
verbessert werden, der Bekanntheitsgrad steigt und der emotionale 
Zugang zum Unternehmen wird gefoerdert. Durch Events koennen 
´Erlebniswelten´ geschaffen werden, die ueber das reine Anbieten eines 
Produktes hinausgehen." Dieses Zitat ist sehr ehrlich, stammt es doch 
auch von der Homepage der Volkshilfe. Spenden fuer einen guten Zweck 
haben also eingestandermassen auch den nicht ganz so noblen Zweck der 
Werbung fuer die Spender. Ob man diese Werbung ueber den Umweg der 
steuerlichen Absetzbarkeit foerdern soll?
Denn all das passt wunderbar zusammen mit dem Dogma "Mehr privat, 
weniger Staat" und seiner praktischen Anwendung, naemlich dass der 
Staat die Profite der Konzerne zu sichern hat. Denn eines ist auch 
klar: Die durchaus sinnvolle Arbeit, die die Hilfsorganisationen 
machen, ist eine Aufgabe, die sowieso der Staat finanzieren muesste. 
Tut er es naemlich nicht, kommt es zum vielzitierten 
Auseinanderbrechen der Gesellschaft, sprich: zu massiven, bisweilen 
lebensgefaehrendenden Notlagen relevanter Bevoelkerungsteile; etwas, 
was fuer den Staat selbst existenzgefaehrdend werden kann.
Damit wird aber auch ein Schuh daraus, warum nach den ersten 
Entwuerfen nur Inlandshilfsorganisationen spendenabsetzberechtigt 
werden sollten, "Aerzte ohne Grenzen" aber nicht. Denn die Hilfe im 
Ausland bringt ueberhaupt nichts fuer die Gesellschaft im Inland. Eine 
Finanzierungsnotwendigkeit liegt hier fuer den Staat nicht vor.
Nach dem heutigen Regierungsgipfel sieht die Sache anders aus: Auch 
Auslandshilfsorganisationen sollen bedacht werden. Warum dieser 
Sinneswandel? Darueber laesst sich trefflich spekulieren. Aber eines 
ist klar: Haette man zwischen Inlands- und Auslandsorganisationen 
wirklich so genau unterschieden, haette es passieren koennen, dass das 
im Inland engagierte Hilfswerk voll bedacht worden, waehrend die auch 
international agierende Volkshilfe leer ausgegangen waere. Die 
Volkshilfe aber zu bedenken, weil sie eine Organisation einer 
Regierungspartei ist, hingegen die ebenfalls im In- und Ausland 
aktiven SOS-Kinderdoerfer nicht, waere verfassungsrechtlich doch etwas 
sehr gewagt gewesen.
Dennoch bleiben Ungleichbehandlungen: Wenn der Staat, anstatt direkt 
zu zahlen, indirekt ueber den Steuernachlass foerdert, dann kann er 
sich das Wohlwollen der Reichen sichern. Und zwar nur dieser. Denn 
auch Menschen mit kleinen Einkommen sind oft recht spendenfreudig. Sie 
sind nicht reich und haben auch kein schlechtes Gewissen und sie haben 
nichts, was sie beworben sehen wollen. Aber sie haben eher 
Verstaendnis fuer diejenigen, denen es noch schlechter geht. Sie 
spenden aus Solidaritaet. Fuer sie allerdings wird es kaum 
Erleichterung geben, denn sie zahlen zuwenig oder gar keine Steuer und 
eine Erwaehnung dieser Spenden in Arbeitnehmerveranlagung oder 
Einkommenssteuererklaerung zahlt sich fuer sie wohl nicht in barer 
Muenze aus.
Problematisch bleibt die indirekte Foerderung der Hilfsorganisationen 
aber auch aus einem anderen Grund, besteht doch zu befuerchten, dass 
der Staat in Zukunft nicht mehr selbst wird zahlen wollen, sondern den 
Organisationen sagen wird, sie muessten anderswo schnorren gehen, 
schliesslich gaebe es ja die steuerliche Absetzbarkeit. Und neben den 
schon erwaehnten Problemen kommt hier noch eines dazu: Nicht alle 
Organisationen sorgen bei den Spendern fuer das gleiche Renomee. 
Organisationen, die sich etwa um behinderte Kinder kuemmern, haben es 
auch so schon viel leichter an Geld zu kommen -- und bekommen 
bisweilen sogar ihre eigene Fernsehsendung á la "Licht ins Dunkel" --  
als zum Beispiel Institutionen, die sich um Junkies, ausgestiegene 
Prostituierte oder Haftentlassene kuemmern.
Trotzdem taucht dann auch wieder die Forderung fuer die steuerliche 
Absetzbarkeit fuer politische NGOs auf. Und dann wird es ueberhaupt 
schraeg, denn da kommt der Staat natuerlich ganz besonders in ein 
schlimmes Fahrwasser. Will man naemlich nicht alle politischen NGOs 
bedenken, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien wird da 
ausgewaehlt? SPOe-Geschaeftsfuehrerin Laura Rudas meinte etwa neulich, 
man solle "wichtige NGOs, wie etwa Greenpeace, auch bedenken". 
Interessant! Wieso nur "wichtige" NGOs? Schliesslich sind diese 
"wichtigen", sprich bekannten NGOs eben aufgrund ihres 
Bekanntheitsgrades sowieso schon spendenmaessig ganz gut dotiert. Wie 
begruendet man, dass die "wichtigen" vor den "unwichtigen" bevorzugt 
werden sollen? Wer entscheidet, wer die "wichtigen" sind? Sind die 
"wichtigen", diejenigen, deren Wohlwollen man sich erkaufen will?
Die Forderung der steuerlichen Absetzbarkeit fuer Spenden an NGOs ist 
eine langjaehrige Forderung der Zivilgesellschaft. Allerdings muss man 
bedenken, dass diese "Zivilgesellschaft" eben eine ist, die weniger 
aus engagierten Einzelmenschen besteht, wie der Begriff 
faelschlicherweise suggeriert, sondern vielmehr selbst aus NGOs, von 
denen viele oekonomisch darben und sich eine bessere Finanzierung 
ihrer Arbeit wuenschen. In welche neuen Abhaengigkeiten sie sich damit 
begeben, ist ihnen aber wohl noch nicht ganz klar.
Die Foerderung durch den Staat fuer nichtstaatliche Institutionen ist 
nie unproblematisch. Zum einen geht es darum, zu fragen, wer warum 
gefoerdert wird, zum anderen generiert jede staatliche Foerderung eine 
Abhaengigkeit. Diese Fragen sind sehr komplex und gar nicht so leicht 
zu beantworten. Die Verschiebung dieser Foerderung in den Bereich der 
Absetzbarkeit scheint auf den ersten Blick die Sache zu erleichtern, 
da ja das Geld nicht mehr unmittelbar vom Staat kaeme. Beim genaueren 
Hinsehen allerdings werden die Fragen nur umso komplizierter.
*Bernhard Redl*
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