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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Dezember 2008; 21:16
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Nachruf:
> Georg Breuer ist tot
Georg Breuer war waehrend des 2. Weltkrieges in der englischen 
Emigration und wurde Funktionaer des illegalen Oesterreichischen 
Kommunistischen Jugendverbandes und deren Vorfeldorganisation "Young 
Austria".
Als die Mitglieder von "Young Austria" in England von der Gruendung 
der FOeJ im Mai 1945 erfuhren, betrachteten sie sich als zugehoerig zu 
dieser Organisation.
Im November 1945 fuhr Georg mit einer Gruppe von sieben Funktionaeren 
zum Weltstudentenkongress nach Prag, um von dort nach Oesterreich zu 
gelangen. Eine direkte Ausreisebewilligung nach Oesterreich haetten 
sie damals nicht bekommen.
Die Rueckkehrer aus England brachten zwar praktische Erfahrung in der 
Fuehrung einer Jugendorganisation mit, kamen aber aus einer voellig 
anderen Welt und hatten ihre Probleme, mit den Jugendlichen, die unter 
der Hitlerherrschaft aufgewachsen waren, zu kommunizieren.
Das urspruengliche Konzept der Schaffung einer grossen einheitlichen 
Jugendorganisation unter kommunistischer Fuehrung, wie es in einigen 
osteuropaeischen Laendern bereits praktiziert wurde, war jedoch in der 
oesterreichischen Realitaet nicht zu verwirklichen. Tatsaechlich wurde 
die FOeJ zu einer Vorfeldorganisation der KPOe.
Bis Ende 1949 war Georg Mitglied der FOeJ, da war er dann dreissig 
Jahre alt und wurde von der KPOe zur Redaktion der "Bruecke", dem 
Organ der Oesterreichisch-Sowjetischen Gesellschaft, versetzt.
Ende 1962, nach der Kubakrise, bemuehte er sich um die Schaffung eines 
Ostermarschkomitees in Oesterreich. Damals hatte bei uns, im 
Unterschied zu vielen anderen Laendern, keine einzige Organisation die 
Menschen aufgerufen, gegen die unmittelbar drohende Gefahr eines 
atomaren Weltkrieges zu protestieren. Das hatte ihn zutiefst betroffen 
gemacht, und er beschloss damals, eigene Initiativen zu ergreifen, um 
auch in Oesterreich eine von Parteizentralen unabhaengige, echt 
ueberparteiliche Organisation gegen die Atomkriegsgefahr zu schaffen.
Es war der erste Ansatz fuer eine echt ueberparteiliche 
gleichberechtigte Zusammenarbeit von Vertretern sehr unterschiedlicher 
Weltanschauungen, und die hat einige Jahre recht gut funktioniert.
Nach dem Abschluss des Teststopabkommens vom Sommer 1963, das ein 
Verbot oberirdischer Atombombenversuche brachte, hat das oeffentliche 
Interesse daran stark nachgelassen, obwohl Kernwaffen in 
unterirdischen Versuchen weiter erprobt wurden.
Mehr und mehr wurde in der Ostermarsch-Bewegung der Vietnam-Krieg zum 
beherrschenden Thema, und da gab es zwei sehr unterschiedliche 
Auffassungen: Die einen waren gegen jede weitere Eskalation und 
Ausweitung des Krieges und forderten einen moeglichst baldigen 
Frieden. Die Neuen Linken forderten hingegen "Schafft zwei, drei, 
viele Vietnams", um Vietnam wirksam zu helfen. Als die Neuen Linken 
dann noch den Ostermarsch 1968, wie man damals sagte, in ihrem Sinne 
"umfunktionierten", trat Robert Jungk als Vorsitzender des 
Ostermarschkomitees zurueck, andere zogen sich stillschweigend 
zurueck.
Im August 1968, nach der Niederwerfung des Prager Fruehlings durch 
Truppen des Warschauer Pakts hat das Ostermarschkomitee noch 
Unterstuetzungserklaerungen bei bekannten Persoenlichkeiten fuer eine 
Protesterklaerung gesammelt - da hat dann bei Georg einen ganzen 
Vormittag lang das Telefon ununterbrochen gelaeutet, weil Leute 
anriefen, die diese Aktion unterstuetzen wollten. Danach sind die 
Aktivitaeten jedoch bald eingeschlafen.
1969 ist Georg aus der KPOe ausgetreten.
1972 hat er das Solidaritaetskomitee fuer die Demokratie in der CSSR 
mit gegruendet, dessen Sekretaer er bis zur Aufloesung des Komitees 
1990 war. Dieses Komitee hat damals insgesamt mehr als eine Million 
Schilling fuer die Opfer der Repression in der Tschechoslowakei 
aufgebracht.
In den 80-er Jahren hat Georg sich in der Unabhaengigen 
Friedensbewegung eingebracht. 1985/86 war er der Leiter eines 
internationalen Redaktionskomitees fuer ein gemeinsames Memorandum von 
Friedens- und Menschenrechtsaktivisten aus Ost und West an die Wiener 
KSZE-Nachfolgekonferenz von 1986.
In seinen letzten Jahren hat er immer wieder ad hoc Initiativen zu 
verschiedenen aktuellen Fragen organisiert. Bis zuletzt hat er sich 
fuer das Verbot von Kernwaffen und in diesem Zusammenhang fuer 
nukleare und allgemeine Abruestung eingesetzt. Er traeumte den Traum 
einer Gesellschaft mit menschlichem Antlitz, einer Vision die sich nur 
nach und nach in kleinen, bescheidenen Schritten verwirklichen lassen 
wuerde.
*Uli und Erich Makomaski*
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