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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Dezember 2008; 20:55
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AK:
> Immer noch: Die Arbeit hoch!
Gedanken bei einer Arbeiterkammertagung
Die Arbeiterkammer Salzburg praesentierte sich am 11.12.08 mit der 
Tagung: "Gesundes Humankapital? Krankheit ist (k)eine Schande". Die 
Referate beschaeftigten sich mit Fragen nach krankmachender 
Arbeitswelt, damit, in welcher Art und Weise Arbeit krank macht sowie 
mit Fragen nach Bedingungen, die Gesundheit in lohnabhaengigen 
Arbeitszusammenhaengen foerdern koennen. Daten und Aussagen wurden 
praesentiert: Der Zeitdruck steige kontinuierlich, das Arbeitstempo 
erhoehe sich, Informationstechnologien praegten den Alltag, die 
Arbeitszufriedenheit saenke, Aus- und Weiterbildung gingen zurueck. 
Krankenstandsdaten wurden analysiert: Krankenstaende seien im 
allgemeinen ruecklaeufig, bei Menschen, die sich in Situationen der 
Arbeitslosigkeit befinden, waeren Krankenstaende allerdings in 
bedenklichen Ausmassen zu verzeichnen.
Die Tagung fand ihr Schlussreferat mit dem Ansatz: "Gesundheit 
foerdern durch mehr Demokratie im Betrieb". Ein Referent verstieg sich 
zu der Aussage, dass es fuer aeltere MitarbeiterInnen in Betrieben 
Modelle geben muesste, diese weiterhin zu beschaeftigen, denn es ginge 
sich doch nicht aus, in hoeherem Alter ein arbeitsloses Leben zu 
fuehren. Arbeit, so formulierte es ein Referent, "macht den Menschen 
aus, Arbeit gibt dem Leben Sinn und Gewicht". Derselbe Referent 
zitierte dazu die WHO Gesundheitsdefinition: "Zustand des vollkommenen 
koerperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens".
Nachdem es also gelungen war, sich einen halben Tag lang mit 
Bedingungen zu beschaeftigen, die Menschen krank machen und 
festzustellen, dass die gegebenen Arbeitsverhaeltnisse einengend und 
gesundheitsschaedigend sind, fand die Tagung ihren Abschluss darin, 
sich mit Managementtheorien zu beschaeftigen, die mehr 
Selbstbestimmung und Mitbestimmung foerdern wollen -- unter den 
Praemissen der Effizienzsteigerung und lukrativeren Ausbeutung der 
MitarbeiterInnen.
ArbeitnehmerInnen wollen gesuendere Arbeitsbedingungen? Die 
Arbeiterkammer gibt eine Antwort: Mehr Mitbestimmung im Sinne des 
Managements! Schliesslich wuerde die zusaetzlich eingeforderte 
Mitgestaltung die Identifikation mit dem Betrieb foerdern, das waere 
gesundheitsfoerderlich.
Aber was heisst das? Identifikation mit dem Betrieb? Heisst das 
Identifikation mit einem Manager, der -zig Millionen Dollar im Jahr 
kassiert?
Sichtbar wurde, dass Menschen, die sich in Arbeitslosigkeit befinden, 
als gesamtgesellschaftlich krankmachender Faktor benannt wurden; 
sichtbar wurde, dass Menschen, die schon aelter sind, als Belastung 
definiert wurden, sollte es nicht gelingen, ihnen ein noch laengeres 
lohnabhaengiges Leben aufzubuerden.
Die Rezession, der wir entgegenschreiten, war kein Thema. Solidaritaet 
war kein Thema. Die Arbeitslosigkeit wird zunehmen, diese wird den 
Druck auf die ArbeitnehmerInnen weiter erhoehen. Ausstiegsperspektiven 
wurden nicht einmal ansatzweise zur Diskussion gestellt.
Wir leben und arbeiten unter Bedingungen der Ausbeutung, der 
Entfremdung und der Fremdbestimmung. Menschen, die nicht von 
Betrieben, sondern der oeffentlichen Hand abhaengig sind, erfahren 
dieselben Bedingungen. Tja, bleiben vorderhand noch die "Alten", auf 
die sich die begehrlichen und neidischen Blicke richten, die sollen 
jetzt auch keinen Lenz mehr haben. Wer sind die naechsten? Die Kinder? 
Nein, nur noch die Kleinkinder, die Kinder verpflichtet der Staat ja 
auch schon zum verpflichtenden durchstrukturierten Kindergartenjahr.
Am Ende der Tagung wurde deutlich, dass die Frage nach dem 
Humankapital keine provokative Andeutung gewesen ist, um Wege aus 
gesellschaftlichen Zwaengen und Unterdrueckungsmechanismen zu suchen. 
Es wurde uns ArbeitnehmerInnen vermittelt, dass uns die Arbeiterkammer 
als Humankapital begreift und sich was einfallen laesst, um unsere 
Produktivitaet im Sinne des Kapitalismus aufrechtzuerhalten und zu 
steigern. Die Ausbeutung tut weniger weh, wenn sie mehr Freude 
bereitet. Die Industriellenvereinigung haette es nicht weniger gut auf 
den Punkt bringen koennen.
*rosalia krenn*
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