**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. Dezember 2008; 23:31
**********************************************************

Griechenland/Kommentar:

> Was eine Schlagzeile ist und was nicht

Den Vogel hat auch diesmal wieder die Kronen-Zeitung abgeschossen:
"Symphoniker in Hoelle von Athen"! Da fragt man sich unwillkuerlich:
Warum nicht auch gleich die Saengerknaben und die Lippizaner? Warum
nicht "Mozartkugeln als Wurfgeschosse missbraucht!" oder noch besser:
"... geschaendet!"

Im Ernst, die Berichterstattung ueber die Ereignisse in Athen war auch
abseits des Boulevards ein Lehrstueck zum Thema
Schlagzeilen-Tauglichkeit. Eine Headline: "Athen: Polizist erschiesst
Jugendlichen" ist einfach keine Headline. In Griechenland waers wohl
noch eine Schlagzeile gewesen, wenn auch kein Aufmacher. Im Ausland
hoechstens eine Kurzmeldung unter "Vermischtes International" gleich
neben dem neugeborenen Baby irgendeiner Hollywoodgroesse. Politisch
waere die Sache wohl so abgelaufen, wie das ja bei uns auch Sitte ist,
wenn beispielsweise irgendein dunkelhaeutiger Mitmensch in Anwesenheit
von Polizisten das Zeitliche segnet: Der Innenminister haette
erklaert, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei, das Ganze
waere ein bedauernswerter Ungluecksfall gewesen und ausserdem das
Opfer selbst schuld, weil Gewalttaeter, Drogenhaendler oder zumindest
Falschparker.

Nun war es aber nicht so. Nun brannten Autos und Bankfilialen wurden
entglast. Nun war die Geschichte ploetzlich ein internationales Thema.
Und da musste man dann natuerlich auch die Geschichte vom erschossenen
Jugendlichen erzaehlen.

Zuerst hatten die Behoerden zwar noch -- wie ueblich -- unhinterfragt
die Geschichte der beiden Polizisten vom fehlgegangenen Warnschuss
verbreitet, der abgefeuert worden waere, weil die Beamten in ihrem
Wagen mittels Molotow-Cocktails angegriffen worden waeren. Dann
aber -- als wirklich Autos brannten -- haben deren Vorgesetzte die
Polizisten vom Dienst schleunigst suspendiert. Schliesslich wurden die
beiden sogar verhaftet und der Innenminister bot -- zumindest pro
forma -- seinen Ruecktritt an.

Paradox, aber logisch: Erst durch das Begehen von Straftaten (durch
Nichtbeamte) beginnt ein wenig Rechtsstaatlichkeit sich Geltung zu
verschaffen. Und erst dann wird uns auch von den Massenmedien
berichtet, dass ein junger Mensch in einem gar nicht grossartig fernen
Land einfach so von Freunden und Helfern erschossen worden ist.
*Bernhard Redl*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin