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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. Dezember 2008; 20:41
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Glosse:
> Sie denken sich nichts dabei
Der nette Rassismus
In der Frueh hoerte ich auf Radio Orange einen Beitrag, in dem ueber 
Alltagsrassismus gesprochen wurde. Der Diskurs darueber sei so stark 
in der Oeffentlichkeit verankert, dass es gar nicht noetig sei, 
explizit "arge" diskriminierende Statements gegen unerwuenschte 
Bevoelkerungsgruppen abzugeben. Andeutungen (auch und gerade in 
Medien, die diesen Diskurs unterstuetzen) genuegen, damit dieser 
Diskurs weitergefuehrt wird - "es wissen eh alle, was - bzw. wer - 
gemeint ist".
Das war mir nicht neu, und am Nachmittag hatte ich gleich ein 
Anschauungsbeispiel dazu. In einer Innenstadtbuchhandlung hielt ich 
mich bei der Suche nach einer Geburtstagskarte laenger in der Naehe 
der Kassen auf, wo sich zwei Kassierinnen ueber den Arztbesuch der 
einen unterhielten. "Ja, beim Dr. R. - aber du, da kommst ins 
Wartezimmer rein und du glaubst, du bist am Balkan" und schon stimmte 
die andere ein "Naja, das ist halt so im 2. Bezirk, da koenntest 
hoechstens privat zu einem Arzt gehen, der keine Kassen hat" - "Aber 
selbst dann. Es gibt ja auch solche, die Geld haben".... usw. Ich 
stand daneben und schaute mir zu, wie ich nichts sagte. Es gab 
akzeptable Gruende dafuer. Es handelte sich schliesslich um ein 
Privatgespraech (wenn auch an keinem ganz privaten Ort). Und die 
beiden wirkten ueberhaupt nicht boesartig, sie dachten sich nur 
einfach nichts dabei.
Naja, andererseits - wenn sie sich schon nichts dabei dachten, konnte 
ich ja vielleicht ein wenig nachhelfen. Also hab ich beim Zahlen, in 
diese freundliche Atmosphaere von "Danke schoen!" und "Bitte sehr!" 
hinein gesagt, dass ich schon enttaeuscht bin, weil sie in einem so 
internationalen Geschaeft gegen den Balkan schimpfen. Nach der ersten 
Verbluefftheit hat sich die Betreffende dann ein wenig rausgeredet - 
sie habe ja nur gesagt, man komme sich vor wie am Balkan. Ich: Ja, 
aber mit sehr wenig Begeisterung. Am Balkan koennte es ja auch 
interessant sein, manche Leute fahren sogar auf Urlaub hin.... Ja, sie 
habe nur gemeint, weil es dort so ueberfuellt war und sie warten 
musste. Ich: Das Warten beim Arzt sei freilich unangenehm, ich bin 
auch Patientin bei Dr. R., aber mir waere noch nie was Unangenehmes 
bezueglich der Leute dort aufgefallen... Es gab also einen 
einigermassen versoehnlichen Abschluss des Gespraechs, ich hab sie 
nicht sehr offensiv konfrontiert, was auch nicht meine Art ist.
Fuer viele von euch sind solche Interventionen sicher ohnehin 
taegliche Praxis, vielleicht sogar fuer alle? Sollte ich die einzige 
aus der schweigenden Mehrheit hier sein? Aber wenn es doch noch andere 
gibt, die sich mit Zivilcourage etwas schwer tun, obwohlt sie mit dem 
menschenfeindlichen Diskurs nicht einverstanden sind - ich kann nur 
empfehlen, da einen eigenen Weg zu finden. Zu zeigen, dass dieser 
Diskurs eben nicht allgemein akzeptiert ist. Es ist unsere Chance, um 
von diesem Diskurs und seinen Folgen nicht gaenzlich ueberrollt zu 
werden, wie es einige hier schon befuerchten. Und mit jedem Mal 
Nichtschweigen wird es ein wenig leichter - stell ich mir halt vor. 
Denn wer schweigt, moechte vielleicht nicht zustimmen, aber es kann 
immer so ausgelegt werden.
*daniela beuren*
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