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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. Dezember 2008; 20:09
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Gewerkschaft:

> Der Schluessel zum Sanierungsfall

Der bisherige Praesident der Metaller-Gewerkschaft, Erich Foglar, ist
seit Montagnachmittag offiziell geschaeftsfuehrender OeGB-Praesident.
Eindruecke von seiner Antrittspressekonferenz.


Es ist ein Auftritt fuer die Kameras. Rudolf Hundstorfer (SPOe), der
scheidende OeGB-Praesident und ab Dienstag Sozialminister ueberreicht
seinem designierten Nachfolger Erich Foglar den Generalschluessel fuer
den Oesterreichischen Gewerkschaftsbund. Es ist der echte Schluessel,
kein ueberdimensioniertes Schaustueck, das sonst gerne bei derartigen
Anlaessen verwendet wird. Wuerde man es nicht besser wissen, man
koennte das Ding fuer einen Wohnungsschluessel halten. Er verschwindet
fast in Foglars Hand.

Es ist der Schluessel zu einer halbsanierten Institution. Der OeGB mag
nicht so sanierungsbeduerftig sein wie das Haus in der Windmuehlgasse,
das man von dem Saal aus sieht, in dem die Pressekonferenz gehalten
wird. Aber es wird mehr zu richten sein als die Fassade. 1,2 Millionen
Mitglieder hat die Gewerkschaft in Oesterreich. Gut eine halbe Million
weniger als vor 20 Jahren. Bei gleichzeitig stark gestiegener Zahl von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Heuer soll es "ein kleines Plus"
geben, wie Hundstorfer sagt.

Im Vorfeld der Pressekonferenz hat Foglar davon gesprochen, atypisch
Beschaeftigte anzusprechen. In der Flut der Themen der
Antrittspressekonferenz geht das unter. Visionen skizziert Foglar an
diesem Montagnachmittag nicht. Er praesentiert seine Forderungen als
Folge von Notwendigkeit. Krisenbewaeltigung sei gefragt. Womit nicht
der OeGB gemeint ist: "Die Finanzkrise ist die unmittelbare
Herausforderung fuer den OeGB", sagt er, von einem Journalisten auf
die Programmatik des OeGB angesprochen, die man unter ihm zu erwarten
habe. "Es wird an uns liegen, nach den Ursachen der Krise zu fragen
und nach den Veraenderungen, die sich daraus ergeben", umreisst
Foglar. "Soll das Kapital weiter unreguliert zu Spekulationszwecken
herumfliessen?" Wer, wenn nicht der OeGB koenne solche Fragen stellen?

Die weltweite Wirtschaftskrise gibt den Arbeitnehmervertretern
Auftrieb. Das spuert auch Foglar. Der geschaeftsfuehrende
OeGB-Praesident gilt als eher kuehl und pragmatisch. Ein Bild, das er
an diesem Montagnachmittag nicht widerlegt. Seine Emotionen stellt er
nicht zur Schau. Foglar bleibt lieber bei den Fakten. Und den
Forderungen. "Wir werden auch die Frage stellen: Soll weiter
ausschliesslich der Faktor Arbeit mit der Finanzierung der sozialen
Sicherheit belastet werden?". Nein, findet Foglar. "Die
Wertschoepfungsabgabe bleibt fuer den OeGB aktuell, die Besteuerung
von Gewinnen und Zinsen, aber auch Pacht- und Mietzinsen sollen zur
Finanzierung herangezogen werden". Eine Forderung, die das Getoese
fallender Aktienkurse seit laengerem uebertoent. Zumindest diesmal
wird sie gehoert werden. Kurz nach der Pressekonferenz praesentiert
sie die Austria Presse Agentur als zentrale Botschaft des neuen
OeGB-Praesidenten.

Ob sie mehr bleibt als eine Eintagsfliege, wird sich zeigen. Die neue
Bundesregierung hat – wie ihre Vorgaengerregierungen – nichts
Derartiges vor. Ob allein die gute Gespraechsbasis mit dem neuen
Sozialminister ausreichen wird, um eine breite Debatte in der
Koalition zu starten, darf bezweifelt werden. Dessen neues Gegenueber
kommt vom Wirtschaftsbund. Der steht solchen Reformen eher nicht so
offenherzig gegenueber.

Leichter tun als sein Vorgaenger wird sich Foglar bei
Arbeitsmarktthemen. Die ressortieren ab 1. Februar bei Hundstorfer und
nicht mehr im Wirtschaftsministerium. Fuer den neuen OeGB-Praesidenten
sicher kein Nachteil, wenn sein Vorgaenger sein direkter
Ansprechpartner ist. "Man muss miteinander reden koennen", sagen beide
und betonen ihre gute Gespraechsbasis.

Bleibt die Frage, ob das fuer grosse Reformen ausreicht. Die
Baustellen in dem Bereich (und in anderen) haben die Koalitionspartner
SPOe und OeVP sicherheitshalber an die Sozialpartner ausgelagert. Dort
wird Foglars Ansprechpartner Wirtschaftskammerpraesident Christoph
Leitl (Wirtschaftsbund) sein. Kein Beinbruch, findet er. Kompromisse
gehoeren fuer den neuen OeGB-Praesidenten zum Geschaeft.
*Viktor Englisch*



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