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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. November 2008; 19:19
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Post/Kapitalismus:
> Was heisst da eigentlich Neuausrichtung?
Ein Postler hat da so seine Vermutungen
Am 10.11.08 ging in Oesterreich eine Pressemeldung durch die 
Zeitungen, die es in sich hatte: Die oesterreichische Post streicht 
9000 Stellen bis 2015. Als Reaktion darauf fasste der Vorstand der 
oesterr. Post AG eine Presseaussendung ab, die am Tag der 
Aufsichtsratssitzung (12. 11.) um 16.03 in der APA einlangte. 
Ueberschrift: "Zukunftssicherung der Post: Neuausrichtung des 
Unternehmens beschlossen" und erklaerte im Rundfunk, die Zahlen seien 
bloss Ergebnisse eines Rechenmodells.
Zur Aussendung: Nach einer Reihe von Rechtfertigungen (Liberalisierung 
des Postmarktes, damit verbundener Wettbewerbsdruck, "struktureller 
arbeitsrechtlicher Wettbewerbsnachteil",...) zaehlt der Vorstand im 
Schreiben folgende beschlossenen Punkte als Problemloesung auf:
- Intensivierung der Wachstumsstrategie im In- und Ausland
- Ausbau alternativer Betreibermodelle im Filialnetz und
- Erhoehung des Anteils privater Zustellung und Sortierung im Brief- 
und Paketbereich.
Die Vorgehensweise, die die oester. Post AG an den Tag legt, ist ja 
keine neue, das Ausgliedern einzelner Unternehmensbereiche laengst 
schon Brauchtum in "fortschrittlichen" Konzernen.
Das Ziel der aufgezaehlten Massnahmen ist schlicht und einfach das 
Outsourcing der Anknuepfungspunkte zur die Bevoelkerung (Filliale und 
ZustellerInnen) aus dem Unternehmen.
Der Effekt ist die Verschlechterung der Zustellqualitaet und der 
Arbeitsbedingungen der Bediensteten (welche ja im Schreiben bereits 
als Wettbewerbsnachteil ausgewiesen werden).
Die Post baut also Leute im eigenen Bereich ab, um sie anderswo unter 
schlechteren Bedingungen zu beschaeftigen. Wahrscheinlich sogar in der 
eigenen Tochterfirma Feibra, wo die MitarbeiterInnen "Feibrapartner" 
heissen, und selbststaendige Bedienstete sind, dh. eigener PKW, 
Bezahlung pro Stueck, usw..
Die wirksamste Loesung gegen die Verschlechterung der 
Arbeitsbedingungen (die im privaten Sektor ohnehin schon unter aller 
Sau sind) waere ein Kollektivvertrag fuer die Postbranche (Bearbeitung 
und Zustellung adressierter Sendungen unter 50g), um die faire 
Bezahlung der MitarbeiterInnen zu gewaehrleisten, auch wenn sie 
letzten Endes in einem anderen Unternehmen arbeiten muessen.
Es scheint einleuchtend, dass diese Massnahmen jedoch lediglich von 
der Personalvertretung, nicht aber vom Vorstand gefordert werden. Der 
Post AG ist es natuerlich lieber, wenn die erwaehnten 
"arbeitsrechtlichen Wettbewerbsnachteile" nicht auch noch fuer die 
gesamte Branche gelten. Wohin sonst ausgliedern? Taiwain ist doch 
etwas zu weit weg.
In Zukunft gar keine Briefe von der Post mehr?
Schlimm genug, das alles. Aber eine "Neuausrichtung" ist das nicht 
unbedingt. Es handelt sich lediglich um radikale Kuerzungen. Liegt das 
Ziel dieser Massnahmen also vielleicht noch einen Schritt weiter?
Warum sollte die Post AG ihre Sendungen ueberhaupt selber zustellen 
oder entgegennehmen? Nike produziert ja auch laengst keine Schuhe mehr 
selbst. Aber was machen sie dann?
Der Bereich auf den sich die Post AG im Laufe der naechsten Jahre 
vermehrt konzentrieren moechte, ist das Anbieten von Komplettloesungen 
fuer ihre Auftraggeber.
Das Produkt ist die fertige, zugestellte Massensendung in Haenden der 
Zielgruppe. Der Auftraggeber laesst der Post eine Liste mit 
Informationen zukommen, die darin enthalten sein sollen, und die Post 
erstellt ein Prospekt, kuemmert sich um den Druck, und um die 
Auslieferung desselben.
Das verrichten niederer Taetigkeiten wie Verpacken, Befoerdern, 
Sortieren und Zustellen uebernehmen dann andere Fremdfirmen mit 
gewohnt geringen sozialen Standards.
Es ist nicht mehr erforderlich, auf firmeneigene, widerspenstige 
ZustellerInnen zurueckzugreifen, denen es jahrzehntelang viel zu gut 
gegangen ist
Die Zukunftssicherung der oesterr. Post AG bedeutet den Tod des 
Berufes "BrieftraegerIn" durch das Abdriften der Bediensteten in 
prekaere Arbeitsverhaeltnisse.
Ob diese Befuerchtung eintreten wird, werden wir sehen, wenn der 
letzte Beamte seine Zustelltasche an den Nagel gehaengt hat. Bis dahin 
gilt es aber, fuer bessere Arbeitsbedingungen zu kaempfen und deutlich 
zu machen, welchen Wert die Arbeit der PostlerInnen hat.
Jeder Postler und jede Postlerin (sowie jedeR Bedienstete anderer 
Zustellfirmen) ist eingeladen, sich zusaetzlich zur Organisation in 
den Gewerkschaften auch im Buendnis autonomer BrieftraegerInnen und 
Sortierkraefte (kurz Babs) zu beteiligen und dieses aktiv 
mitzugestalten.
*Sias*
*Zusteller im ZB 2340*
Provisorischer Link zu BABS: http://we.riseup.net/babs
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