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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. November 2008; 19:39
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Linke/Wickel:
> Zu einer grassierenden Unsitte in der Wiener Linken
Ueber das Ueberkleben der Botschaften der "Konkurrenz".
Eine Protestnote der *RSO* (Revolutionaer Sozialistische 
Organisation )
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Schon seit einigen Monaten mussten wir beobachten, dass immer oefter 
Plakate oder Aufkleber von linken Gruppen durch andere "Linke" 
ueberklebt wurden. In Bezug auf die antisexistische Kampagne der RSO 
in den letzten Wochen haben sich solche Vorfaelle gehaeuft - fuer uns 
der Anlass, auf diese Dinge auch oeffentlich zu reagieren.
Mit dem, was wir hier in der Linken thematisieren wollen, meinen wir 
nicht, dass seit langem Leute der antiiranischen 
Stop-the-Bomb-Kampagne auf der Uni Wien Plakate von linken 
Organisationen ueberkleben. Von den antideutschen Cheerleadern des 
US-Imperialismus ist nichts anderes zu erwarten; sie gehoeren weder 
zur Linken noch zur ArbeiterInnenbewegung.
Wir meinen auch nicht, dass seit Monaten immer wieder Aufkleber der 
RSO oder anderer linker Organisationen mit "Space Invaders 
against..."-Pickerln ueberklebt werden. Die Pickerln wurden zwar von 
der Rosa Antifa Wien aufgelegt, werden aber sehr breit zirkuliert und 
wir gehen davon aus, dass antideutsche Autonome/JungakademikerInnen 
fuer die Ueberklebungen verantwortlich sind. Fuer diese Leute ist das 
normal und wir machen davon nicht weiteres Aufheben.
Dass die Leute vom Gegenstandpunkt am Uni Campus und beim NIG unsere 
"Fight-Sexism!"-Plakate (und frueher auch schon andere) ueberkleben, 
ueberrascht uns ebenfalls wenig. Die GegenstandpunktlerInnen hatten 
immer schon ein zynisch-kommentierendes Verhaeltnis zur 
ArbeiterInnenbewegung und zu linken Organisationen.
Zuletzt sind uns aber einige Dinge aufgefallen, die wir so nicht 
erwarten. Im Wahlkampf wurden bei der U3-Station Kendlerstrasse 
Plakate der KPOe mit solchen des Wahlbuendnisses LINKE ueberklebt. Im 
Amerlinghaus wurden Aufkleber von IA*RKP durch solche der Linkswende 
ueberklebt. Im 6ten Bezirk wurden Aufkleber der RSO gezielt mit 
solchen der KJOe ueberklebt.
Gehaeuft hat sich das jetzt in Bezug auf die antisexistischen 
RSO-Plakate "Fight Sexism!" Am Karlsplatz wurden unsere Plakate mit 
Plakaten von AIK und Republican Sinn Fein Oesterreich ueberklebt. Vor 
dem und im NIG wurden Fight-Sexism-Plakate der RSO von solchen des 
Buendnisses gegen die Angelobung von Martin Graf ueberpickt. Am 
massivsten wurden unsere Plakate vor der Uni Wien und dem NIG durch 
die Linkswende ueberklebt.
Nun hat eine antisexistische Kampagne ohnehin schon mit Gegenwind zu 
rechnen. Grosse Teile der Gesellschaft interessiert das Thema nicht. 
Sexisten und Rechte reissen unsere Plakate natuerlich an vielen 
Stellen runter. Wenn dann auch noch sich selbst als Linke verkaufende 
Gruppierungen antisexistische Plakate ueberkleben, ist das beschaemend 
und aergerlich.
Wir gehen davon aus, dass es sich bei den meisten Ueberklebeaktionen 
eher um Unachtsamkeit und mangelndes Bewusstsein von einzelnen 
AktivistInnen oder SympathisantInnen handelt. Das kann mal passieren; 
es koennte aber doch sein, dass von den erfahrenen AktivistInnen der 
jeweiligen Gruppen etwas mehr politisches Bewusstsein ueber diese 
Fragen weitergegeben werden sollte.
Anders duerfte die Sache bei der Linkswende gelagert sein. Zu viele 
unserer Plakate wurden mit Linkswende-Postern ueberklebt, als dass 
hier noch von einem Ausrutscher die Rede sein koennte. Von 
RSO-AktivistInnen darauf angesprochen reagierte ein Linkswende-Checker 
dann auch noch uneinsichtig und aggressiv. Das bedeutet wohl, dass die 
Linkswende-Fuehrung solche Aktionen zumindest billigt.
Nun duerfte vielen in der Linken bekannt sein, dass die RSO der 
Verwendung des Begriffes "Sekte" fuer andere linke Gruppierungen 
skeptisch gegenuebersteht (weil es sich dabei zu oft nur um einen 
abgedroschenen Kampfbegriff handelt), das Verhalten der Linkswende 
halten wir aber im tatsaechlichen und politischen Sinn fuer 
sektenhaft: Vermeintliche kurzfristige Vorteile fuer die eigene 
Gruppierung werden ueber alles andere gestellt. Das jaemmerliche Bild, 
das die ohnehin schon gesellschaftlich stark isolierte radikale Linke 
durch gegenseitiges Ueberkleben in der Oeffentlichkeit abgibt, ist 
diesen Leute vermutlich schlicht egal.
Wir wollen dieses Statement durchaus nicht als Jammerei verstanden 
wissen. Wir koennen uns wehren und selbstverstaendlich reissen wir 
Plakate, die ueber unsere geklebt wurden, wo immer moeglich herunter. 
Gruppen wie die Linkswende brauchen, wenn sie so weitermachen, mit 
keiner Solidaritaet von unserer Seite rechnen.
Wir wollen aber mit dieser Stellungnahme zu einer Erneuerung eines 
gewissen Grundverstaendnisses in der Linken beitragen. Fuer uns ist es 
selbstverstaendlich (und das kommunizieren wir auch unseren 
SympathisantInnen), dass wir Plakate von anderen Gruppen und 
Stroemungen der Linken und der ArbeiterInnenbewegung nicht 
ueberkleben. Wir machen das auch dann nicht, wenn wir mit so manchen 
politischen Positionen der jeweiligen Gruppierung nicht einverstanden 
sind. Fuer uns geht es dabei um das Grundprinzip von Demokratie 
innerhalb der ArbeiterInnenbewegung. Es gibt Meinungsverschiedenheit 
und Konflikte, ja, und die muessen auch offen und manchmal heftig 
ausgetragen werden, aber es sollten nicht die gesamtgesellschaftlichen 
Relationen aus den Augen verloren werden, es muss fuer alle 
Stroemungen der ArbeiterInnenbewegung und der Linken die Moeglichkeit 
bestehen, ihre Meinungen zu artikulieren und nicht von anderen 
"Linken" daran gehindert zu werden.
Wir als RSO gehen sogar soweit, dass wir nicht auf Plakate der 
Sozialdemokratie plakatieren. Obwohl wir keinen Zweifel daran haben, 
dass die Sozialdemokratie eine neoliberale Politik, die sich gegen 
ArbeiterInnen und besonders MigrantInnen richtet, betreibt, muessen 
wir zur Kenntnis nehmen, dass diese Partei leider noch immer einen 
wesentlichen Teil der realen ArbeiterInnenbewegung in Oesterreich 
darstellt. Ihre Plakate zu ueberkleben, wuerde auch diejenigen 
abschrecken, die immer noch Illusionen in ein "fortschrittliches" 
Potential der Sozialdemokratie haben.
Der linke Grundkonsens, Plakate/Aufkleber von anderen Gruppen nicht zu 
ueberkleben, war vor einigen Jahren noch eine ziemlich klare Sache. 
Gegenseitiges Ueberkleben ist nur in den seltensten Faellen 
vorgekommen. Dass sich das zuletzt etwas geaendert hat, ist wohl auch 
Ausdruck des degenerierten Zustandes der oesterreichischen Linken und 
ihrer Isolation von der ArbeiterInnenklasse. Das kann nicht durch ein 
paar Worte ueberwunden werden. Wir denken aber doch, dass grosse Teile 
der radikalen Linken grundsaetzlich damit einverstanden sind, sich 
nicht gegenseitig zu ueberkleben. Wir rufen dazu auf, in den eigenen 
Organisationen und Zusammenhaengen auch gegenueber neueren 
AktivistInnen wieder verstaerkt Bewusstsein und Sensibilitaet fuer 
einen solchen Grundkonsens zu schaffen. (4.11.2008)
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