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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. November 2008; 19:27
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Glosse:

> Politik der Gefuehle

"Leeeo" rufen die Kinder, wenn sie beim Fangenspielen in den
geschuetzten Bereich kommen. Oft genug definieren sie schnell mal was
als "Leo", was eigentlich mit den anderen Kindern vorher nicht
ausgemacht war. Wie anders sind da die Erwachsenen -- die rufen nicht
mehr "Leo". Speziell die Erwachsenen aus der politischen Klasse. Die
rufen: "Gefuehle"!

Tatsaechlich gibt es eine Unsitte der Politik, die so gepflegt wird:
"Ich will ueber etwas nicht diskutieren, denn jede Diskussion darueber
verletzt meine Gefuehle." Das kennen wir natuerlich auch aus der
Alternativszene, wo in den 90ern Diskussionen gerne damit beendet
wurden, dass irgendjemand sich so "betroffen" vom Gegenstand der
Diskussion zeigte, dass jeglich weitere Debatte unmoeglich wurde --
die postmoderne "Betroffenheit" sicherte somit das Beibehalten
rational voellig unhaltbarer Positionen.

Aber besonders beliebt ist diese Art der Debattenfuehrung heutzutage
in der "hohen" Politik. Man erinnere sich nur an die Lobhudeleien zu
den Todesfaellen von Liese Prokop und Joerg Haider -- als da dann aber
Menschen in der Oeffentlichkeit sagten, was sie von diesen Personen
und ihrer Politik, die ja ungeachtet deren Ablebens keinen Abbruch
erfuhren, hielten, wurden sie als Unmenschen per se gebrandmarkt.
Diese Unmenschen (Genner, Stermann, Grissemann et al.) hatten sich ja
nicht ueber den Tod der Verblichenen lustig gemacht, sondern sie
hatten klar gemacht, dass das Lebenswerk eines Menschen nicht dadurch
segensreich wird, weil er verstorben ist. Aber es war schnell das Wort
von der "Pietaet" zur Hand, die da verletzt geworden waere --
inhaltliche Diskussion werden damit zum Tabu.

Aber was bei Prokop und Haider funktioniert hat, funktioniert ja
vielleicht anderswo auch. Es muss ja nicht gleich jemand gestorben
sein, um sich durch Kritik in seinen Gefuehlen verletzt zu fuehlen.
Und so durften wir neulich unter orf.at lesen: "Nach dem Streit um
Kruzifixe in Linzer Kinderbetreuungseinrichtungen gibt es nun auch
eine Diskussion um Politiker-Fotos in Schulen. Buergermeister Franz
Dobusch kann sich vorstellen, diese entfernen zu lassen.
Landeshauptmann Josef Puehringer (OeVP) lehnt eine Debatte darueber im
Zuge des Kruzifixstreits als ´pietaetlos´ ab."

So gehts also auch. Die wollen uns unsere Herrschaftssymbole
wegnehmen! Josef Puehringer, Heinz Fischer und Jesus Christus sollen
nicht mehr auf die lieben Kleinen oder generell auf die
Rechtsunterworfenen herabblicken?! Das geht doch nicht! Das verletzt
unsere Gefuehle! Das ist pietaetlos!

Irgendwann einmal wird dann wahrscheinlich Kritik am Bundeskanzler
pietaetlos. Schliesslich bemueht er sich doch so und Kritik verletzt
seine Gefuehle. Dann koennen wir aber gleich zu k.u.k.-Zeiten
zurueckkehren und den Majestaetsbeleidigungsparagraphen wieder
einfuehren. Das waere ehrlicher. Oder noch besser: Wenn dem
oberoesterreichische Landeshauptmann wieder einmal von einem
Journalisten eine kritische Frage gestellt wird, ruft er einfach:
"Leeeeo! Wer mich angreift, ist pietaetslos, aetschibaetsch!" Und das
Interview waere beendet.
*Bernhard Redl*


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