**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. November 2008; 19:52
**********************************************************

USA/Wahlen/Glossen:

> Wer soll fuer die Herrschenden die Kohlen aus dem Feuer holen?

Dass Barack Obama fuer keine fundamental andere Politik steht, ist
ziemlich offensichtlich. Wie ist aber die zunehmende Unterstuetzung
fuer ihn durch immer groessere Teile der KapitalistInnen und sogar
durch bekannte Republikaner erklaerbar? Wie haengen Obamas politisches
Programm, derzeitiger Zustand des US-Kapitalismus und die Perspektiven
der herrschenden Klasse zusammen?

Die politische Strategie der Bush-Administration ist offensichtlich
fehlgeschlagen. Im Irak, wie im gesamten "Mittleren Osten", ist keine
nachhaltige Stabilitaet absehbar und die Fuehrungsrolle des
US-Imperialismus auf Weltebene ist weiter zurueckgegangen. Dazu kommt
noch die aktuelle Finanzkrise, die in den USA wahrscheinlich eine
Rezession bringen und das ohnehin schon hohe Haushaltsdefizit noch
weiter vergroessern wird. Innenpolitisch wird sich die naechste
Regierung durch die (zum Teil jetzt schon bemerkbaren) Auswirkungen
der Krise (Hauspfaendungen, steigende Arbeitslosigkeit...) mit einer
wachsenden Unzufriedenheit konfrontiert sehen.

Bereits jetzt glauben 80% der AmerikanerInnen, dass das Land in eine
falsche Richtung geht. In allen Umfragen der letzten 18 Monate zeigten
sich die AmerikanerInnen gegenueber "ihrer" politischen Fuehrung
aeusserst pessimistisch. Was also tun? Genau! Jemanden finden, der der
Bevoelkerung einen "Change" vermitteln kann, aber in Wirklichkeit den
angeschlagen US-Imperialismus - innen- und aussenpolitisch - retten
kann.

Sogar der republikanische Kandidat John McCain sah sich gezwungen
einen Wahlkampf in Abgrenzung zur jetzigen Regierung unter Bush zu
fuehren. Dennoch kann Obama diese Rolle viel glaubwuerdiger vertreten.
Er ist, auch anders als Hillary Clinton, noch ein "unbeschriebenes
Blatt". Nicht ohne Grund vereinigt er die Unterstuetzung 163 (!)
buergerlicher Zeitungen und zahlreicher Persoenlichkeiten aus Politik
und Wirtschaft hinter sich. Zu seinen FuersprecherInnen zaehlen sowohl
republikanische Politiker wie Colin Powell (ehemaliger Aussenminister
der Bush-Administration und wichtiger Architekt des Irakkriegs) und
Scott McClellan (Bushs ehemaliger Sprecher), als auch die
Finanz-Milliardaere George Soros, William Louis-Dreyfus und Warren
Buffet.

Auch wenn Obama Powell einen Platz in seiner zukuenftigen Regierung
zugesichert hat, ist dessen Unterstuetzung fuer Obama kein Einzelfall
oder darauf reduzierbar, dass sich dieser einen Posten erhofft. Darin
spiegelt sich vielmehr ein allgemeiner Trend in der herrschenden Elite
der USA wider. In der Medienlandschaft sind die Lobesgesaenge der zwei
einflussreichsten liberalen Blaetter Washington Post und New York
Times ein eindeutiges Zeichen und sogar die
konservativ-republikanische Chicago Tribune stellt sich, zum ersten
Mal in ihrer 161-jaehrigen Geschichte, hinter einen demokratischen
Praesidentschaftskandidaten.

Der Chicago Tribune sieht in Obama jemanden der "uns durch eine
gefaehrlich Zeit" fuehren und mit der "ernsten innen- und
aussenpolitischen Krise, der wir gegenueber stehen" umgehen kann. Die
New York Times lobt, in Zeiten der Gefahr von wachsenden
Klassenkonflikten, seine Faehigkeit zum "breiten politischen Konsens"
und seine Aufrufe fuer die Aufteilung der Last und "soziale
Verantwortung", d.h. Sparmassnahmen und Kuerzungen im sozialen
Bereich. Die Washington Post sieht Obama als konservativen Kandidaten,
der "auf die oekonomische Krise mit einem gesunden Respekt vor dem
Markt reagiert" und sich gegen "links"gerichtete Elemente in seiner
Partei stellt. Aus Sicht der KapitalistInnen spricht fuer Obama auch,
dass dieser in Krisenzeiten, die tief greifende Entscheidungen
fordern, leichter zu einem Bruch bereit sein koennte, als der
konservative McCain und eine solche Wende der Bevoelkerung sicher auch
besser verkaufen koennte.

Ein weiterer Indikator fuer die Unterstuetzung von nicht
unwesentlichen Teilen der herrschenden Klasse ist die
Wahlkampffinanzierung. Mit den insgesamt 600 Mio. $ hatte Obama weit
mehr Geld als McCain (und auch Bush in den Jahren 2000 und 2004) zur
Verfuegung. 80% dieser Gelder kamen von KapitalistInnen. Unter seinen
Wahlkampffinanziers befinden sich auch eine Million "kleine"
SpenderInnen. Zum Teil gibt es tatsaechlich viele Spenden die unter
100 $ liegen, aber ein guter Teil davon laesst sich auch durch
buchhalterische Tricks erklaeren: Unternehmen spenden meist nicht
direkt, sondern ueber ihre Angestellten in Buendeln von 2500$.

Fuer die wachsende Zahl seiner prominenten UnterstuetzerInnen hat die
Ausweitung der Finanzkrise eine wichtige Rolle gespielt - die
Probleme, denen sich der US-Kapitalismus gegenueber sieht,
verschaerf(t)en sich dadurch noch weiter. Die zentrale Aufgabe der
naechsten Regierung wird es sein, die Auswirkungen der Krise auf die
ArbeiterInnenklasse abzuwaelzen. Dass Obama zugetraut wird, das gut zu
erledigen, zeigt auch eine Umfrage des Wall Street Journal: Waehrend
drei Viertel derjenigen mit (Anlage)Vermoegen zwischen 1 und 10
Millionen $ McCain unterstuetzen, wollen zwei Drittel derjenigen mit
(Anlage)Vermoegen ueber 30 Mio. $ Obama waehlen. Das Vertrauen der
Finanz-KapitalistInnen hat sich Obama auch durch die Unterstuetzung
des 700 Milliarden $ Banken-Rettungspaktes gesichert. Wie sieht nun
aber sein Programm zur Stabilisierung und Rettung des US-Kapitalismus
aus?

Der neoliberale Professor und seine Freunde

Obama wird versuchen die Krise durch neoliberale Massnahmen auf die
ArbeiterInnnenklasse abzuwaelzen. Damit kennt er sich gut aus: nicht
nur, dass er 12 Jahre an der Chicagoer Universitaet, Heimstaette des
neoliberalen Vordenkers Milton Friedman, unterrichtet hat, zaehlt er
auch entsprechende "ExpertInnen" zu seinem Berater- und Freundeskreis.
Auf seine milliardenschweren Finanzfreunde und Unterstuetzer (allen
voran Buffet und Soros) habe ich oben schon hingewiesen. Erhellend ist
auch ein Blick auf seine politischen Berater fuer oekonomische
Fragen - sein "free market team", wie es die Chicago Tribune betitelt
hat. Grosse Teile dieses Teams waren schon waehrend der Amtszeit von
Bill Clinton mit dabei (bzw. stehen in engem Verhaeltnis zu diesen
Leuten). Sie hatten massgeblichen Anteil an dessen
unternehmerInnenfreundlicher Wirtschaftspolitik, die den von den
Republikanern unter Reagan eingeschlagenen Weg fortsetze. So zum
Beispiel Michael Froman, Manager der Citigroup Bank, und Jason Furman,
die beide engen Kontakt zu Robert Rubin, Clintons Treasury Secretary,
pflegen. Nachdem Furman Teil von Obamas Team wurde, sah sich der
Praesident des Gewerkschaftsdachverbandes AFL/CIO, John Sweeney, dazu
gezwungen, seine Skepsis ueber den "Einfluss der Konzerne auf die
Demokratische Partei" zu aeussern.

Dennoch haelt sich bei manchen (Links-) Liberalen und "Linken", gerade
in Europa, die Illusion, Obama wuerde/koenne einen tatsaechlichen
Change bringen. Das hat zum Teil wahrscheinlich auch mit seiner
positiven Bezugnahme auf den ehemaligen Demokraten und Praesidenten
Franklin Delano Roosevelt zu tun. Dessen New Deal, als Reaktion auf
die Grosse Depression der 1930er und die zunehmende Radikalisierung
der ArbeiterInnen als Folge der Weltwirtschaftskrise ab 1929, stellte
das erste Modell sozialpartnerschaftlicher Einbindung der
ArbeiterInnenbewegung und keynesianistischer Wirtschaftspolitik dar.
Sozialstaatliche Massnahmen wurden eingefuehrt und den Gewerkschaften
relativ umfassende Rechte zugestanden. Obamas Bezugnahme darauf ist
jedoch hauptsaechlich Wahlkampfmarketing - sein Change soll aehnliche
Hoffnungen auf eine politische Wende hervorrufen, wie sie mit dem New
Deal noch immer verknuepft sind, durch Symbole WaehlerInnen
mobilisieren und von seinen wahren Vorhaben ablenken.

Besonders deutlich wird dies daran, dass er sich gegen die Erhoehung
des Mindest(real)lohns auf den Stand von 1970 (10$/Stunde, derzeit
6,25$/Stunde) ausgesprochen hat. Sein tatsaechliches Programm enthaelt
keinerlei Massnahmen in diese Richtung, sondern ist im Gegenteil stark
neoliberal gepraegt. Versprochene Verbesserungen bei der
Gesundheitsvorsorge will er nicht durch die Verstaatlichung dieser
erreichen, sondern diese soll weiterhin privatwirtschaftlich ueber den
Markt organisiert sein. Insgesamt ist er ein Befuerworter von
"freiwilligen", d.h. keinen Loesungen, weil die KapitalistInnen
natuerlich nie freiwilligen Mehrzahlungen oder Aehnlichem zustimmen
werden.

Gegen Illusionen ueber Obama liefert sein Programm also die besten
Argumente. Und er selber liess diese Hoffnungen als laecherlich
dastehen, als er meinte, dass er fuer einen angeblichen Linken in
einer ungewoehnlichen Gesellschaft verkehre. Obama ist insgesamt
bemueht, jeden radikalen Anstrich loszuwerden und klarzustellen, dass
er ein "verantwortungsvoller" Politiker ist - sprich: verlaesslich im
Dienste der KapitalistInnen.

Der neoliberale Charakter seines oekonomischen Programms ist derart
offensichtlich, dass das Wall Street Journal seine Kampagne sogar als
"Bushs dritte Amtszeit" bezeichnete und ueberrascht ist, dass ein
Demokrat das Programm von Bush rehabilitiert. Demnach bevorzugt auch
Obama im sozialen Bereich, wie bei (betrieblicher) Pensions- und
Gesundheitsvorsorge, "Markt-Loesungen". Orientieren will sich Obama
eher an Ronald Reagan, den er als umgestaltenden Praesidenten
bezeichnete, als an Bill Clinton. Auch wenn Clintons Politik im
oekonomischen Bereich nicht weniger neoliberal und aggressiv war als
die von Reagan, gibt es doch eine andere Wahrnehmung von Clinton.
Dabei schwingt die Mythologie des New Deal mit und ihm wird ein nicht
vorhandener Keynesianismus angedichtet. In einem seiner Buecher nimmt
Obama auch auf Reagans "zentrale Einsicht", dass der Sozialstaat zu
behaebig und buerokratisch waere und das Wirtschaftswachstum
verhindern wuerde, positiv Bezug. Die Reagonomics markierten den
Beginn der neoliberalen Offensive gegen die ArbeiterInnenklasse und
deren Errungenschaften und bedeuteten eine massive Umverteilung von
unten nach oben. Darauf wird Obama sicherlich auch Bezug nehmen.

Mythos und Wirklichkeit des "Kriegsgegners" Obama

Manchen erscheint Obama als Kriegsgegner und Anti-Militarist. Es ist
es auch nicht besonders schwierig, sympathischer als die aggressive
und nationalistische Kriegspropaganda der Bush-Regierung zu wirken.
Auf elektoraler Ebene versucht er auch, die wachsende Stimmung gegen
den Irakkrieg in der AbeiterInnenklasse fuer sich zu nutzen. Die
deutlichste Ansage in diesem Zusammenhang ist wohl, dass er die
US-Truppen innerhalb von 16 Monaten nach seinem Amtsantritt aus dem
Irak abziehen wuerde. In Wirklichkeit repraesentiert er aber die
aussenpolitischen Interessen des US-KapitalistInnen - niemand glaubt
mehr, dass die USA im Irak kurz vor einer Wende stehen und daher
braucht es schoen langsam wirklich eine erfolgsversprechende(re)
Strategie. Es ist davon auszugehen, dass Obama und sein Team hier noch
nicht ueber einen endgueltigen Plan verfuegen, klar ist aber, dass sie
angesichts der fuer den US-Imperialismus momentan unbefriedigenden
Situation nach neuen "Loesungen" suchen. Und dafuer lassen sich schon
mal ein paar Puzzleteile ausmachen.

Die "Loesung" sieht zunaechst mal so aus, dass US-Truppen vom Irak
nach Afghanistan verlegt und auch Pakistan ein groesseres Augenmerk
geschenkt werden soll. Seine "Opposition" gegen den Krieg ist also
vielmehr eine realistischere Umorientierung. Er steht fuer keine
prinzipielle Opposition gegen Imperialismus und Krieg, sondern sucht
vielmehr innerhalb dieser Logik nach einer besseren Loesung. Der
Mythos des Kriegsgegners Obama wirkt, wenn seine fortdauernde
Zustimmung zum Irakkrieg als Senator bedacht wird, besonders
laecherlich.

Und auch in diesem Fall ist ein Blick auf seine BeraterInnen aeusserst
aufschlussreich. Dass Colin Powell mit an Bord sein soll, ist schon
erwaehnt worden. Dabei sein sollen auch: Zbigniew Brezinski,
Nationaler Sicherheitsberater von Jimmy Carter, der zum Beispiel fuer
den Aufbau der Taliban in Afghanistan als Bollwerk gegen die
Sowjetunion verantwortlich war und spaeter auch fuer Ronald Reagan und
George Bush Sr. Kriegsplaene austueftelte. Anthony Lake war Berater
von Henry Kissinger waehrend des Vietnamkriegs, Nationaler
Sicherheitsberater von Bill Clinton und Hauptstratege der US-Angriffe
am Balkan. Und last, but not least: Madeleine Albright, unter Bill
Clinton Aussenministerin und UN-Botschafterin der USA und massgeblich
fuer das Embargo gegen den Irak verantwortlich.

Albrights Beteiligung, die schon immer militaerische Interventionen in
mehreren Staaten befuerwortet hat, geht Hand in Hand mit Obamas
allgemeiner aussenpolitischer Ausrichtung. Er spricht wie McCain von
der Notwendigkeit die NATO wieder zu beleben. Obama betont aber, nicht
wie McCain die (historische) Fuehrungsrolle der USA, sondern staerker
die Zusammenarbeit mit anderen, vor allem europaeischen, aber auch
aufsteigenden asiatischen, Laendern. Obama soll auch das Image der USA
in der Welt wieder aufpolieren. Um diese Anliegen zu vermitteln diente
auch seine "Welttour" im Juli.

In diesem Zusammenhang muss auch die unterschiedliche Haltung
gegenueber Russland gesehen werden. McCain ruehrt kraeftig die
Kalte-Kriegs-Trommel und konnte vom Georgien-Suedossetien-Konflikt
gewaltig profitieren. Er versucht sich seinen WaehlerInnen gegenueber
als harter, antikommunistischer Kaempfer zu praesentieren und damit
auch an Symbolen anzuknuepfen. Diese Ausrichtung hat aber auch mit
einer anderen aussenpolitischen Orientierung zu tun. Er will Russland
aus der G8 ausschliessen und prowestliche Laender in Russlands
Peripherie (Georgien, Ukraine...) staerken.

Gegenueber dem Iran unterscheiden sich die Positionen der beiden
Kandidaten nur in ihrer taktischen Herangehensweise. Obama versucht
zwar zunaechst eine "Loesung" ueber Diplomatie und oekonomische
Sanktionen herbeizufuehren, schliesst aber Militaeraktionen - wenn
"notwendig" - nicht aus. Wenn bedacht wird, dass die Kraefte der
US-Armee fuer einen Angriff auf den Iran momentan ohnehin beschraenkt
sind, vertritt er hier hauptsaechlich eine pragmatischere Position.

In diesem Zusammenhang ist seine Ansage interessant, dass er als
Praesident in zehn Jahren die Abhaengigkeit der USA von Oel aus dem
Mittleren Osten beenden zu wollen - (auch) durch Investitionen in
Kohle, Atomenergie und erneuerbare Energietraeger. Ein guter Teil
dieser Ansage sind sicherlich nur Wahlkampfphrasen. Aber es steckt
auch Wahrheit drinnen: in Afrika gibt's doch auch genug Oel zu holen!
Obama steht fuer eine Fortsetzung der unter Bush verstaerkten
"Bemuehungen" in Afrika, vor allem an der Westflanke. Derzeit kommen
von dort 20% der US-Oelimporte und der Anteil soll in den naechsten
Jahren rasant ansteigen. Dafuer soll auch die "Entwicklungshilfe" bis
2012 auf 50 Milliarden $ verdoppelt werden. Militaerisch wurden auch
schon die entsprechenden Vorbereitungen getroffen und AFRICOM, eine
seit 1. Oktober von Stuttgart aus operierende eigenstaendige
Befehlsstruktur, geschaffen. Gegenueber Venezuela schlaegt Obama auch
einen haerteren Ton an.

Rassismus und Nationalismus

Jegliche Hoffnungen, dass Obama als Praesident wirkliche
Verbesserungen fuer die Mehrzahl der Schwarzen (und der MigrantInnen)
durchsetzen wird, sind deplaziert. Er stimmte im Senat mehreren
rassistischen Einwanderungsgesetzen zu. Unter anderem auch dem "Secure
Fence Act": um sieben Milliarde $ werden an der Grenze zu Mexiko, auf
der Laenge von 700 Kilometern, Zaeune, Mauern und andere
Sicherheitsmassnahmen gebaut. Die KapitalistInnen, die seinen
Wahlkampf finanziert haben und fuer die er vielleicht ins Weisse Haus
einziehen wird, profitieren von der Ueberausbeutung bestimmter Teile
der ArbeiterInnenklasse - und das soll in ihren Augen auch so bleiben.

Sein Rassismus laesst sich auch im Zusammenhang mit der seiner
Darstellung seiner persoenlichen Lebensgeschichte festmachen: Seine
Eltern haetten sich ausgemalt, "dass ich, auch wenn sie nicht reich
waren, die besten Schulen des Landes besuchen wuerde, weil man in
einem grosszuegigen Amerika nicht reich sein muss, um sein Potenzial
auszuschoepfen." Obama kommt selber aus aermlicheren Verhaeltnissen,
hat aber einen Harvard-Abschluss und ist bald US-Praesident. Als
Gruende, warum die meisten Schwarzen das nicht schaffen und in Armut
leben, identifiziert er "kulturelle Probleme" - ein gaengiges Argument
von rechten RassistInnen. Aehnlich rassistische Toene schlaegt auch
sein "running mate" Joe Biden an, der Obama als den "ersten
Mainstream-Afroamerikaner, der angepasst, klug und sauber und ein
netter Typ" sei, beschrieben hat.

Obama kommt durch seine Hautfarbe die Moeglichkeit zu, glaubhafter die
Klassenlinien unter dem Deckmantel der "Vielfaeltigkeit der Nation" zu
verschleiern und so eine verbreitete Basis fuer die Durchsetzung
seiner Politik zu finden. Dieses Image bedient er auch ganz bewusst
(hier mit Bezug auf den 11. September): "Im dunkelsten Moment haben
wir hier in Amerika verstanden, dass wir am Leben der anderen
teilhaben und als Nation gemeinsam aufsteigen oder fallen." Bezueglich
der "Rassen"frage formulierte er aehnliches: "Es gibt kein schwarzes
Amerika oder ein weisses Amerika; es gibt nur die Vereinigten Staaten
von Amerika."

Die Nominierung von Joe Biden zu seinem "running mate"
(Vizepraesident) steht damit in Zusammenhang: er soll Stimmen von
weissen ArbeiterInnen anziehen und mithelfen den "Change" glaubhaft zu
vermitteln. Biden steht fuer einen einfachen, volksnahen, aber
erfahrenen Politiker. Im US-Senat gehoert Biden, mit einem Vermoegen
von 300.000 $ (im Vergleich zu 12 Millionen $ im Durchschnitt)
tatsaechlich zu den "Armen". Aber auch er hat im Senat 2003 fuer den
Irakkrieg gestimmt und gilt insgesamt als aussenpolitischer
"Routinier" Clintonscher Praegung. Mit Biden wollte Obama auf der
sicheren Seite sein und nichts riskieren - eine Frau als "running
mate" eines Schwarzen waere fuer konservativere WaehlerInnenschichten
dann vielleicht doch zuviel gewesen.

Um das Image der vereinten Nation hinter dem "Change" zu verbreiten,
wurde auch versucht seine Kandidatur als von einer Bewegung
getragen/begleitet darzustellen. Der Obama-Hype, wie er in Europa
existiert und ausgemacht wird, existiert so in den USA allerdings
nicht. Wahr ist, dass Obamas Wahlkampagne auf mehr freiwillige
UnterstuetzerInnen als McCain (oder waehrend den Vorwahlen auch
Hillary Clinton) zaehlen konnte. In diesem Zusammenhang gilt es auch
darauf hinzuweisen, dass sich bei dieser Wahl unter
AfroamerikanerInnen eine ueberdurchschnittlich hohe Wahlregistrierung,
besonders in innerstaedtischen Gebieten, feststellen laesst. Doch eine
Bewegung macht das noch lange nicht aus, ging es hier doch vor allem
darum, Wahlkampfhilfe zu mobilisieren. Und letztlich konnte das Ziel
fuer Obama, als buergerlichen Politiker, nur sein, jegliche Bewegungen
zu absorbieren und/oder ruhig zu stellen.

Es ist also voellig klar, dass Obama nicht fuer eine grundsaetzlich
andere Politik steht. Aussenpolitisch steht er fuer eine
realistischere und pragmatischere, aber keinesfalls "bessere" oder
"harmlosere", Ausrichtung. Innenpolitisch kommt ihm die Aufgabe zu,
die Abwaelzung der oekonomischen Krise auf die ArbeiterInnenklasse,
als "Change" zu verkaufen.

Er kann aber trotzdem auf die Unterstuetzung fast aller
Gewerkschaftsverbaende zaehlen, die traditionell den Kandidaten der
Demokraten unterstuetz(t)en. Und auch viele Linke (in den USA wie in
Europa) unterstuetzen ihn - als das angeblich "kleinere Uebel". Bei
manchen von ihnen ist eine solche Unterstuetzung mit dem Verweis
verbunden, dass es eigentlich um den Aufbau einer Bewegung gehe und
die Hoffnungen in Obama dafuer genutzt werden koennen. Nicht selten
kann man/frau hoeren, dass diese Bewegung Druck auf Obama aufbauen und
sicherstellen muesse, dass er "ehrlich" bleibe. Damit verbleiben sie
in der Logik der buergerlichen Politik und verhindern letztlich den
Aufbau einer unabhaengigen, revolutionaeren ArbeiterInnenbewegung.
Eine Unterstuetzung fuer Obama - aus welchen Gruenden auch immer -
wirkt dieser notwendigen Unabhaengigkeit allerdings entgegen.
(Johannes Wolf, RSO Wien Uni/gek.)

Volltext: http://www.sozialismus.net//content/view/978/1/



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin