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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. November 2008; 19:42
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Kapitalismus/Kommentar/Termin:

> Zur Zerschlagung der Post

Am Wochenende sind geheime Plaene der Vorstaende von Post und OeIAG an
die Oeffentlichkeit durchgesickert, denen zufolge bis zum Jahr 2015
die Schliessung von weiteren 1.000 Postaemtern und die Entlassung von
9.000 Beschaeftigten durchgezogen werden soll. Auch wenn sich die
Politik jetzt ueberrascht gibt, die Spitzen der Bundesregierung,
insbesondere Molterer und Faymann, sind ueber diese Plaene schon
laengst informiert. Immer deutlicher zeigt sich, dass die
Liberalisierung und Privatisierung von oeffentlichen Guetern und
Dienstleistungen in einem Debakel fuer die Beschaeftigten und die
KundInnen muendet. Gewinner sind - zumindest ueber lange Strecken -
die Aktionaere und ein unverschaemt hochbezahltes Management. Schon
die bisherige Bilanz zeigt diese skandaloese Entwicklung:

Beschaeftigte: von 35.493 (1999) auf 25.764 = minus 27,5%
Zahl der Postaemer von 2.468 (2000) auf 1.311 (2007) = minus 47%
Gewinn (EBIT): von 28 Millionen (2003) auf 163 Millionen (2007) = plus 580 %
Dividende pro Aktie: von 0,51 EUR (2003) auf EUR 1,40 (2007) = plus 275 %
(Quelle: www.post.at)

Sollten die jetzt durchgesickerten Plaene des Management verwirklicht
werden, wuerde die Bilanz von Liberalisierung und Privatisierung bis
2015 folgendermassen ausschauen: Fast Halbierung der Beschaeftigten
seit 1999 (minus 47%) und Schliessung von 88% aller Postaemter.

Unglaubwuerdig sind die empoerten Reaktionen, die jetzt von SPOe- und
OeGB-Fuehrung kommen. Noch im Fruehjahr hat die gesamte SPOe-Fraktion
im EU-Parlament fuer die Totalliberalisierung der Postmaerkte
gestimmt, obwohl europaweit Gewerkschaften vor diesem Schritt gewarnt
haben. Die OeGB-Fuehrung hat im Jahr 2006, als die Teilprivatisierung
der Post beschlossen wurde, alles getan, um einen Streik der
Beschaeftigten zu verhindern. Noch vor kurzem hat die FSG-Fraktion
einen Streikantrag der - man hoere und staune! - FCG-Fraktion in der
Post abgeschmettert.

Motor dieser verheerenden Entwicklung ist die Liberalisierungspolitik
der EU, die schon bisher schrittweise die Oeffnung der Postmaerkte
vorgeschrieben und zur immer weiteren Ausduennung des Service gefuehrt
hat. Bis 2011 soll die Totalliberalisierung der Postmaerkte
abgeschlossen werden. Eine Unterordnung unter diese
Liberalisierungspolitik fuehrt zwangslaeufig dazu, dass einige wenige
private Monopole bald den Markt diktieren werden. Aehnlich wie bei der
AUA wird ueber kurz oder lang der mit Abstand groesste Anbieter in
diesem Bereich, die deutsche Post AG, sich die oesterreichische Post
einverleiben wollen. Aehnlich wie bei der AUA bestehen ueber den
OeIAG- und Post-Aufsichtsrat schon heute enge Verbindungen zu
deutschen Grosskonzernen, die ihrerseits an der Deutschen Post
beteiligt sind. Was bleibt ueberhaupt nach diesem Kahlschlag von der
oesterreichischen Post noch ueber? Offensichtlich soll der Betrieb
filetiert werden, einzelne Leistungen wie z. B. die Briefzustellung
sollen sukzessive und ohne dass es das Publikum sofort merkt auch an
andere Firmen uebertragen werden. So hofft man die Totalprivatisierung
durch die Hintertuer durchzusetzen.

Die EU-Liberalisierungsrichtlinien werden nach dem Mehrheitsprinzip
auf EU-Ebene beschlossen, daher koennen hier die grossen EU-Staaten im
Interesse ihrer Konzerne kleinere Staaten ueberstimmen und damit deren
oeffentlichen Postanbietern den Garaus machen. Appelle an die
EU-Maechtigen, sie moegen von ihrer neoliberalen Grundlinie ablassen,
sind derzeit Appelle an den Weihnachtsmann, solange nicht einzelne
Mitgliedstaaten den Mut aufbringen, diese Liberalisierungspolitik in
ihrem Wirkungsbereich zu verweigern.

In den letzten Wochen wurde vielfach der Eindruck vermittelt, die
Regierenden haetten aus der Jahrhundertfinanz- und Wirtschaftskrise
gelernt. Eine Rueckkehr zum neoliberalen "business as usual" kann es
nicht geben, hoerte man einhellig aus Konzernvorstaenden und
Regierungskonferenzen. Die EU wurde verschiedentlich als
Krisenmanagerin und neuer Hort krisenabwehrender Regulierung gefeiert.
Alles Show. Die grosse Abzocke auf Kosten der Arbeitenden und der
Gemeinschaft soll wie sich jetzt zeigt ungebremst weitergehen. Es gibt
den Weg raus aus der Sackgasse, fuer eine demokratische Wende. Gehen
muessen wir ihn selbst.
(Werkstatt Frieden & Solidaritaet/gek.)
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Alle, die sich gemeinsam mit der Werkstatt gegen Beschaeftigungsabbau
und Postamtsschliessungen einsetzen wollen, sind herzlich zu unseren
naechsten Treffen eingeladen:
Linz: Do, 13. November 2008, Ort: Werkstatt-Buero (Waltherstr. 15,
4020 Linz), 18 Uhr.
Wien: Do, 20. November 2008, Ort: Amerlinghaus (Stiftgasse 8, 1070
Wien), 19 Uhr.



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