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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 7. Oktober 2008; 18:01
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Linkes Wahlbuendnis:
> Was schaffte die "Linke" bis jetzt?
Bewertungen auf einem Wiener Treffen am 4. Oktober
Die Eingangsrede, von Sonja Grusch mit Schwung vorgetragen und 
intellektuell durchaus nicht seicht, wird an anderer Stelle abgedruckt 
werden: als eine der zentralen Erwaegungen/Eroerterungen blieb dem 
Hoerer im Ohr, dass diese Kleinkonstellation von Gruppen des 
ehemaligen Wahlbuendnisses "Linke", wie sie derzeit besteht, sich auf 
ein Vielfaches vergroessern muesse. Das trifft die Vorstellung auch 
anderer AktivistInnen. Es ist erfreulich, dass sich die 
Hauptsprecherin eben derjenigen Gruppierung, die bei der Wahlkampagne, 
aber auch bei den vorbereitenden Sitzungen durchwegs sehr dominant 
auftrat und manchmal andere Gruppierungen ein wenig zur Seite zu 
draengen schien, diesen fundamentalen Prozess angesprochen hat -- ohne 
den das Projekt tot ist.
Wir wollen aber einige der - wie stets optimistischen - Ueberlegungen 
und Thesen von Hermann Dworczak (SOAL) zusammenfassen - die uns 
interessant erscheinen. Angesichts des unbedeutenden Wahlergebnisses 
muss gefragt werden, ob das Hauptziel, die Wahlkampagne als Forum fuer 
Oeffentlichkeit und als Auslotung der Moeglichkeit der Zusammenarbeit 
heterogener Gruppierungen zu gebrauchen, angepeilt werden konnte. 
Hermann Dworczak gibt darauf eine eher positive Antwort: "Es gab kein 
Sektierertum, sondern eine kollektive Kampagne", und er betonte, dass 
jetzt "ein Buendel von Massnahmen" notwendig sei, nicht eine einzelne 
Massnahme, wie etwa die blosse Konzentration auf 
Kollektivverhandlungen. "Es geht um die Verschraenkung dieser 
Moeglichkeiten". Das koennte "ein weiterer Schritt im Aufbau des 
Linksprojektes sein" und er fordert dazu auf, sich um politisches 
Selbstverstaendnis in schriftlicher Form zu bemuehen. Es sollten viele 
Leute einmal "zur Feder greifen und ihre Positionen entwickeln", was 
immerhin die Ermutigung einer Massenproduktion ist, von der die 
bestehenden Programme der Einzelorganisationen und das gemeinsame 
Programm ergaenzt und erweitert werden koennen und muessen. 
Wuenschenswert waere "vielleicht ein gemeinsames Papier des 
Koordinationsrates fuer die naechste Konferenz".
Fuer eine solche Konferenz gaeb´s, laut Dworczak, 4 Hauptthemen: 1. 
Die neue Regierung und ihr Programm, 2. der Sozialabbau. Der "wird 
enorm sein" , sagt er, 3. der Bankenkrach, 4. die 
Rassismusproblematik. Aussenpolitisches wird nicht erwaehnt. Immerhin 
sind die genannten Themen solche, die von der breitesten Linken 
mitgetragen werden koennen.
Was blieb vom ersten Experiment? "Das grosse Plus der Wahlbewegung 
ist, dass es feste Strukturen gibt, dass es Leute gibt, die 
zusammengearbeitet haben." In diesem Zusammenhang werden zwei der 
wichtigsten politischen Brennpunkte der letzten Zeit erwaehnt: Johnson 
& Johnson in Hallein und Glanzstoff in St. Poelten. Bei Glanzstoff hat 
es eine sehr massive Solidaritaetskampagne gegeben. Unsere Leute vor 
Ort ueberlegen sich eine Kandidatur zu den Gemeinderatswahlen." 
Gaenserndorf bei Wien wird als politisches Agitationszentrum oft 
uebersehen, aber dort "hat es vielleicht das beste Ergebnis gegeben, 
was die Unterstuetzungserkaerungen betrifft. Sie sagen, sie wollen 
weitermachen." Und das in Gaenserndorf!
Es wird darauf hingewiesen, dass es am 7. 10 eine gemeinsame Aktion 
mit der KPOe Steiermark geben wird, am Dienstag den 7. 10. eine Aktion 
am Schwedenplatz mit dem OeGB. Allerdings wird die Mattheit des OeGB 
von Dworczak, und nicht nur von ihm, hier scharf kritisiert: "Eine 
sehr mickrige Geschichte". Wir werden noch darauf zurueckkommen. Es 
wird zumindest dort eine Pressekonferenz mit dem OeGB-Boss Hundsdorfer 
geben, die Linke wird ihre Stellungnahme zu den Kollektivvertraegen 
abgeben.
Der Konflikt um die Dammstrasse (Erweiterung einer Moschee im 20. 
Bezirk, d.Red.) wird "kardinal" sein, und es wird vermutlich 
zahlreiche weitere Aktionseinheiten fuer konkrete Anlaesse geben. Etwa 
bei der Angelobung von Graf als 3.NR-Praesident; auch bei den 
Europawahlen wird man sich einbringen.
Dass Massenmobilisierungen auch in Oesterreich und in der derzeitigen 
Situation moeglich sind, habe die Kampagne gegen den Reformvertrag 
bewiesen, die von 60 Organisationen unterstuetzt wurde, bei der 
Tausende zum Parlament gegangen sind und das Parlament umzingelt 
haben.
Fuer die Wiener Spitzenkandidatin Selma Schacht sind 5 Punkte wichtig: 
1. Internationaler Gewerkschaftstag 2. Die Frage der Organisation. Wie 
machen wir weiter? Soll es regelmaessige Treffen geben und wenn, in 
welchen Abstaenden? 3. Eine Demo anlaesslich der Regierungsangelobung. 
"Uns als Wienerinnen faellt hier die Hauptaufgabe zu." 4. Das Problem 
der KV-Verhandlungen. Wie koenne man zu den Verhandlungen Stellung 
nehmen, wenn sie hinter geschlossenen Tueren stattfinden und keine 
Oeffentlichkeit haben? Sie lieferte die zweite scharfe Kritik an der 
Gewerkschaft. 5. Schliesslich muesse eine Liste von Organisationen 
aufgestellt werden, "die wir wegen der Erweiterung des 
Linksbuendnisses ansprechen."
Der ehemalige Betriebsrat Gehmacher, der die Mechanismen in den 
Betrieben und in der Gewerkschaft kennt, erinnert daran, dass frueher 
Kampagnen zu Verhandlungen "einiges an Diskussionen ausgeloest" haben. 
Man muesse Leute suchen, die in den Betrieben Flugblaetter verteilen, 
das koenne die "reale Verankerung befoerdern". Er moechte einen 
Arbeitskreis zu diesem Thema machen.
Ein Genosse machte darauf aufmerksam, dass Graf auch Praesident eines 
ASKOe-Fussballvereins sei. "Die SPOe unterstuetzt Graf offenbar nicht 
nur im Parlament." Es folgte die erste unbarmherzige Kritik an der 
SPOe mit der Schlussfolgerung: "Wir muessen die Spieler auf unsere 
Seite ziehen."
Und nochmals wird die Gewerkschaft angegriffen, naemlich eine ihrer 
Fraktionen. "Hat die AUGE denn nichts geplant?" Selma Schacht 
berichtet: "Ich weiss von anderen (Fraktionen) nichts." Auf der 
Veranstaltung am Schwedenplatz wollen der OeGB und 50 Freiwillige die 
soziale Ungleichheit pantomimisch darstellen, berichtet Schacht. Da 
kann Hundsdorfer ohne Schwierigkeit den Wohlhabenden, Reichen und 
Verfuegenden spielen. Die Genossin Sonja von der SLP bemerkt: "Mir ist 
bei intensivem Studium nicht gelungen, diese Veranstaltung zu finden." 
Auf den Pages des OeGB naemlich. Eine weitere Kritik. Das ist 
uebrigens System. Schon die grossen Pseudo-Streiks der Vergangenheit 
und ihre Teilkundgebungen waren auf der Page des OeGB nicht zu finden.
Leo Gabriel vom Social Forum Austria legt den Finger auf die 
Finanzkrise. Er berichtet, dass die Frage beim ESF in Malmoe intensiv 
diskutiert und die Demokratisierung des Bankenwesens gefordert wurde. 
Vielleicht koennte man im Rahmen des Oesterreichischen Sozialforums 
eine Diskussionsrunde ueber Alternativen zur Finanzkrise einrichten, 
zu der auch andere Organisationen eingeladen werden koennten.
Nun teilte sich die Vollversammlung in drei Arbeitsgruppen auf. Eine 
befasste sich mit den Kontakten zu den sozialen Gruppen, und man 
schlug in diesem Zusammenhang vor, einen Text in der akin zu 
veroeffentlichen: man koenne die Gruppen zur Konferenz einladen. Leo 
Gabriel brachte ein sehr wichtiges Argument ein: Die Gespraeche 
sollten horizontal gefuehrt werden. Man solle zuerst fragen: Was habt 
ihr fuer Initiativen? "Zuerst hoeren, was andere sagen."
"Aug und Ohr" machte folgenden Vorschlag: Ein Textentwurf zur 
Einladung der sozialen Gruppen existiere schon, man koenne ihn 
verwenden und gegebenfalls erweitern. Die sozialen Gruppen waeren aber 
nur an etwas ganz Neuem interessiert. Man muesse ihnen also etwa 
sagen, dass sich dieses Forum (auf der Konferenz und auf den folgenden 
Treffen) als eine "offene, plenarische Struktur" verstehe, und dass es 
sich dabei nicht um eine Organisation von SLP, KI und LSR handle, was 
andererseits nicht bedeute, dass nun die spezifischen Erfahrungen und 
Profile der ja fuer die Mobilisierung hauptverantwortlichen 
Organisationen in der plenarischen Struktur aufgeloest werden sollten. 
So etwas Griffiges wie etwa ein radikales Plenarkonzept - es koenne 
auch etwas Anderes sein -- muesse den Leuten geboten werden.
Ein Genosse meinte dazu: "Wir muessen uns klar machen, was unsere 
Perspektive ist. Wir muessen unsre Schwerpunkte -- Teuerung, 
Rechtsextremismus -- bekanntgeben." Erst dadurch koennten wir die 
Gruppen erfassen, dadurch naemlich, dass wir ihnen konkrete Punkte 
vorschlagen und sie dann fragen, ob sie mitarbeiten wollen.
Leo Gabriel: Es sei wichtig, dass wir unseren Prozess auch 
veroeffentlichen Die Frage ist, ob schon zu dieser Konferenz 
aufgerufen werden solle. Und das KPOe-Thema laesst ihn nicht los "Die 
Leute sollen konkret gefragt werden, was sie ueber ein Gespraech mit 
der KPOe denken." Man sollte die KPOe zumindestens einladen und 
ausloten, ob sie will.
Gehmacher berichtete ueber die Gewerkschafts-Gruppe. Prozentuelle 
Forderungen sind wichtig, mit denen man sich vom OeGB abheben koenne. 
Eine analoge Forderung stelle auch die IG Metall auf. Die "Plattform 
fuer Kaempferische Gewerkschaften" - nicht zu verwechseln mit der 
"fuer einen kaempferischen OeGB" - habe einen Sockelbetrag von 200 
Euro als Forderung aufgestellt. In ein Flugblatt soll "aber auch etwas 
Demokratisches" hineinkommen: Die Betriebsraete sollen aufgefordert 
wenden, Versammlungen zu machen.
Wir sind der Meinung, sagte Gehmacher, dass das Wahlprogramm 
weitergilt. Es muessten weiters Listen von Betrieben aufgestellt 
werden, "in denen man ein bisschen was machen kann."
Es wird ueber die Arbeitsgruppe Finanzen berichtet. Auf der 
Veranstaltung wird ein Einleitungsreferat gehalten, Sonja koordiniert. 
In diesem Zusammenhang ist eines der wichtigsten Themen der 
Antikapitalismus der Rechtsextremen. Es sollte dazu eine eigene 
Veranstaltung stattfinden. Leo Gabriel meint, sie koenne im Rahmen des 
Sozialforums stattfinden; die Genossin Grusch haelt dagegen, dass es 
wichtig sei, dass eine Veranstaltung in Wien stattfinde eben fuer 
jene, die am Sozialforum nicht teilnehmen koennen. Das muesse nicht 
heissen, dass nicht Leute auch am Sozialforum teilnehmen koennten.
*Aug und Ohr (bearb.)*
Ein bundesweites Treffen der "LINKEn" soll am Samstag, den 18. 
Oktober, in Wien stattfinden. Ob der Termin wegen des Seminars zum 
Thema 90 Jahre KPOe noch verschoben wird, ist unklar. Wir koennen hier 
leider nur auf: http://linkewaehlen.at verweisen.
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