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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. September 2008; 16:36
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(K)Wahlen/Glosse/Linke:

"...weil du auch ein Arbeiter bist."

Anmerkungen zum LINKE-Programm

Was lange waehrt, wird endlich ... fertig: Das Wahlprogramm des
Wahlbuendnisses LINKE ist da. Die Lektuere erzeugt bei mir ein
déjà-vu: Es kommt mir alles so bekannt vor; wurden Texte aus der
Linken nicht schon vor 20 Jahren so formuliert und waren sie nicht
schon damals voellig anachronistisch? Dieser Text sieht offensichtlich
als politischen Adressaten den Industriearbeiter an. Ja, modernerweise
ist das Programm natuerlich "gegendert" und daher auch fuer die
Industriearbeiterin. Und selbstverstaendlich werden auch die Rechte
der migrantischen, behinderten und homosexuellen Minderheiten
erwaehnt -- man hat gelernt, dass die "Nebenwidersprueche" eben doch
nicht ganz so unwichtig sind. Aber sonst? Sonst orientiert sich der
Diskurs am klassischen Proletarier, der Vollzeit fuer einen
Grosskonzern arbeitet.

Saetze wie: "Die SPOe hat in den letzten 18 Monaten einmal mehr
gezeigt, dass sie keine ArbeiterInnenpartei mehr ist" oder
"Mindestlohn von € 1.100,- netto und automatische Inflationsabgeltung
statt Armut" oder "Wir brauchen Lohnerhoehungen fuer alle unabhaengig
von Geschlecht und Nationalitaet - die die Reallohnverluste der
letzten Jahre wettmachen!" sind voellig richtig. Aber da fehlt doch so
einiges. Denn dass die Arbeitswelt mittlerweile voellig umgekrempelt
wurde, scheint an dieser Linken vorbeigegangen zu sein. Die
klassischen Proletarier gibt es immer noch, aber es gibt auch "neue
Selbstaendige", egal ob jetzt Scheinselbstaendige oder tatsaechlich
selbstaendige, aber prekaere Ich-AGs. Doch die kommen bei dieser
Linken nicht vor. Das Problem der Pflege wird zwar angeschnitten, das
heikle Thema der privaten Pflege zuhause durch migrantisches Personal
aber elegant umschifft. Und die allerorts diskutierten Modelle eines
Grundeinkommens werden vollkommen ausgeblendet.

Man kann bei der Beurteilung dieser Linkspartei einraeumen, dass sie
nicht viel Zeit zur Erstellung eines Wahlprogramms hatte. Aber selbst
bei Nachsicht aller Taxen: Was soll man von einer linken wahlwerbende
Gruppierung halten, die zu diesen aktuellen Problemstellungen und
Debatten nichts zu sagen hat, sondern in ihrer Vorstellungswelt im
19.Jahrhundert steckengeblieben zu sein scheint?
*Bernhard Redl*


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