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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. September 2008; 16:44
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EU:

> UN-Terror-Sanktionen: EuGH fordert Grundrechte ein

Wenn die EU Gelder einfriert, muss sie den Betroffenen Moeglichkeiten
zur Rechtfertigung geben -- auch wenn damit nur UNO-Vorgaben erfuellt
werden.


Der Europaeische Gerichtshof (EuGH) ist heikel. Grundrechte sind zu
beachten, auch wenn das hehre Ziel des Kriegs gegen den Terror
verfolgt wird. Der EU-Hoechstgericht gab der Berufungsklage des
saudiarabischen Geschaeftsmannes Yassin Abdullah Kadi und einer in
Schweden ansaessigen Stiftung, die die europaeischen Vertretung der
somalischen Havala-Organisation Al Barakaat darstellte, statt. Diese
hatten sich dagegen verwahrt, dass der EU-Ministerrat ohne Anhoerung
ihre Vermoegen eingefroren hatte, weil ihre Namen auf einer Liste des
UN-Sanktionsausschusses von Unterstuetzern Osama bin Ladens, der
Al-Kaida und der Taliban standen. (Rechtssachen C-402/05 P und
C-415/05 P).

Al Barakaat ist dabei besonders zu erwaehnen. Die halbkommerzielle
Institution war fuer Somalia von grosser Bedeutung, lief doch ueber
sie unter anderem das informelle, ohne kommerzielle Interessen
funktionierende Havala-Geldueberweisungssystem Somalias. Die
schwedische Stiftung ermoeglichte es in Europa lebenden Somalis
guenstig Geld nach Hause zu ueberweisen. Doch Al-Barakaat wurde im
Oktober 2001 nach den 9/11-Anschlaegen nach einer Forderung der USA
weltweit voellig lahmgelegt. Nicht nur die Konten wurden eingefroren,
sondern auch das von Al-Barakaat betriebene Telefonnetz wurde von
saemtlichen internationalen Relay-Stationen abgeklemmt (s.a. akin
30/01). Bis heute wurde kein Nachweis einer Terrorfinanzierung durch
Al-Barakaat oeffentlich bekannt.

Der EuGH hob die Sanktionen gegen die beiden Klaeger nicht sofort auf,
sondern setzte eine dreimonatige Frist, in der die Betroffenen vom
EU-Rat eine ausfuehrliche Begruendung fuer die Sanktionen zu erhalten
haben und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeraeumt werden muss.
Sollte diese Anhoerung nicht zu einer Aufhebung der Sanktionen
fuehren, koennen die beiden Betroffenen erneut eine Entscheidung ueber
die Rechtmaessigkeit der Konteneinfrierung bei der EU-Gerichtsbarkeit
verlangen.

Das allerdings kann wieder dauern. Das EU-Gericht Erster Instanz
brauchte 4 Jahre um ein Urteil ueber die 2001 eingebrachten Klagen zu
sprechen -- und lehnte diese rundweg ab. Vorgaben des
UN-Sicherheitsrats haetten Vorrang vor EU-Recht, so die damalige
Begruendung. Erst jetzt, 3 weitere Jahre nach diesem ersten Urteil
widersprach der EuGH. Er erklaerte, nicht ueber die UN-Resolution
richten zu wollen, aber die Umsetzung der EU waere nicht rechtskonform
gewesen.

Wenn die EU nach Anhoerung auf ihren Sanktionen beharrt, sind die
Chancen der Klaeger auf Aufhebung nicht besonders gross, denn diesmal
muessten Gericht erster Instanz oder EuGH sich wahrscheinlich doch
damit auseinandersetzen, ob sie eine UN-Resolution aushebeln koennen.

Der EuGH hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Sanktionen gegen
Terrorverdaechtige fuer nichtig erklaert, unter anderem gegen die
Exil-Oppositionsgruppe Iranische Volksmudschahedin. In den bisherigen
Urteilen ging es jedoch stets um Personen und Organisationen, die die
EU unabhaengig von der UN-Terrorliste aufgrund eigener Einschaetzungen
auf eine gesonderte EU-Liste gesetzt hatte.

Wer auf die Sanktionsliste der davon UNO kommt, bestimmt ein
Sanktionsausschuss. Die EU setzte die Vorgaben der UNO entsprechend
ihrer voelkerrechtlichen Verpflichtungen ohne weitere Pruefung um und
verpflichtete die Banken, entsprechende Konten zu blockieren. Derzeit
befinden sich mehrere hundert Personen und rund 100 Organisationen auf
dieser Liste.
(akin)

Quellen u.a.:
http://www.sueddeutsche.de/politik/873/308815/text/
http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/eugh-staerkt-terror-verdaechtige/
http://en.wikipedia.org/wiki/Al-Barakaat


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