**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. August 2008; 15:39
**********************************************************

(K)Wahlen 08/Reportage:

> Man ist per Sie

"Die Christen" werden bei den Nationalratswahlen bundesweit antreten.
Die OeVP-Fundis und radikalen Abtreibungsgegner sehen sich als
Frauenbefreier und Sozialstaatsbewahrer. Und sie sehen sich von
"linksextremen Gewalttaetern verfolgt". Wie sie ticken, hat *Viktor
Englisch* recherchiert. Er hat sich bei einem "Vorwahl-Treffen" Anfang
August eingeschlichen.

"Jedes Treffen braucht einen zuendenden Beginn", sagt Erich Pekarek
und steht vom Sessel am Vorsitztisch auf. "Erheben wir uns also zum
Vater unser". Man hoert das Gemurmel der knapp 20 Anwesenden, ihre
Augen in dem Hinterzimmer eines Waehringer Heurigen sind zu Boden
gerichtet, die Haende gefaltet. Streng, mit Spannung, wie auf Duerers
Gemaelde oder die Finger ineinander verschraenkt. Zum Amen bekreuzigt
sich die Gruppe.

Das einzige, was im Lokal auf das Treffen hinweist, ist ein A4-Flyer,
der in eine Zierleiste in der Tuer steckt. Haette man nicht das Gebet
erlebt, man koennte diese Gruppe schwer einordnen. Vielleicht der
Sparverein des Lokals oder ein Kegelverein. Es sind vorwiegend
Pensionisten und ein paar aeltere Angestellte. Vier Frauen sind hier,
ebenfalls im pensionsfaehigen Alter und zwei junge Maenner.

Der Anfang-60-er neben mir ist mit dem Fahrrad aus dem 14. gekommen.
"Es ist schon weiter als bis zur Arbeit. Ich arbeite im 9. Ist das Ihr
erstes Treffen?"

Fuer ein kleines Treffen einer gut vernetzten Gesinnungsgemeinschaft
ist man hier sehr foermlich. Man ist per Sie. Distanz ist wichtig bei
den "Christen", bei aller Freundlichkeit.

"Die Wahlen haben uns ueberrascht", erzaehlt der schnauzbaertige
Pekarek in ruhigem Tonfall. Der Wiener Landesobmann der Christen
scheint seine Aufgabe gefunden zu haben. Die Umwelt zu missionieren.
Er wirkt entspannter als andere Anwesende, etwa die Frau am Tisch vor
dem seinen. Die mollige Schwarzhaarige mit ausgepraegtem Teint duerfte
um die 40 sein und hat ein waches Auge auf die Gruppe.

"Wir muessen 500 Unterschriften in Wien sammeln. Das werden wir doch
schaffen", zeigt er sich optimistisch. Nicht zu Unrecht: "Die
Christen" haben zwei Landtagskandidaturen geschafft, in Tirol und in
Niederoesterreich. Dann schwadroniert Pekarek sehr umstaendlich ueber
die Modalitaeten der Unterstuetzungsunterschriften. "Und uebrigens:
Wir haben hier auch Kandidaturerklaerungen. Wir brauchen Kandidaten.
Bitte unterschreiben Sie, dass Sie bereit sind, auf unserer Liste zu
kandidieren". Auf jedem Tisch liegen die Erklaerungen, vier oder fuenf
der Anwesenden unterschreiben sofort. Auch der fettleibige Mann an
meinem Tisch. Er faellt optisch ein wenig heraus. Der Mitt-Vierziger
wirkt eher proletarisch, der Rest kleinbuergerlich. Der Pensionist am
Ende meines Tisches, der staendig in seinen Unterlagen kramt, die er
in einer Klarsichtfolie hat, etwa erinnert mit seiner Fischerjacke und
dem blauen Halstuch stark an einen Pfadfinder. Am Kragen seines roten
Polos traegt er ein rotes Kreuz aus Email. Ein Mann am Nebentisch ist
mit dunkler Hose, Krawatte und ohne Sakko gekommen. Ein Mormone, frage
ich mich unwillkuerlich und schaue nach, ob er ein Namensschild
traegt. Fehlanzeige.

"Wir haben auch ein paar Hilfestellungen vorbereitet", erzaehlt
Pekarek, dessen weites gelbes Seidenhemd auch in dieser Hitze noch
keine Anzeichen von Schweiss zeigt. Ueberraschend bei einem Mann
seines Alters und seiner Koerperfuelle. Vielleicht liegt es an seiner
betont ruhigen Art. "Hier etwa sind Zettel, auf denen steht, wie man
mit Moslems reden sollte. Da steht das wichtigste drauf, was man ueber
den Islam wissen muss. Das hat ein anerkannter Religionsexperte in
unseren Reihen erstellt. Wer das per e-mail haben will, soll sich
bitte in die Liste eintragen". Die Liste ist die Rueckseite einer
Rechnung der Telekom Austria.

Immer wieder unterbricht die Kellnerin Pekareks an sich schon
behaebigen Sprechfluss. Bei den Essensbestellungen hat es Probleme
gegeben. Ein Schnitzel ist zu viel. Das nimmt sich der Angestellte
neben mir und bestellt seinen Putenstreifensalat ab. Zu spaet. Keine
zwei Minuten spaeter kommt der Salat, dessen sich Pekarek annimmt. Und
wieder ein Schnitzel zu viel. Statt einer Kinderportion fuer eine etwa
80-jaehrige Frau kommt die grosse. Ein Teilnehmer merkt an, dass die
Waehringer Kinder ganz schoen gross sein muessten, wenn das eine
Kinderportion sei. "Gross und so dick wie Goering", wirft der
pensionierte Offizier mit dem Pfadfinderlook in die Runde und
schmunzelt. Aus seiner Klarsichtfolie faellt waehrend der Bemerkung
eine OeVP-Mitgliedskarte aus Plastik, die er gemaechlich wieder
einsortiert.

"Wie sollen wir denn mit dem Moslems umgehen?", fragt der Fettleibige.
"Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele an einer Evangelisierung
interessiert sind. Aber da waere es fuer mich sehr hilfreich, wenn ich
Unterstuetzung bekommen koennte". "Es ist so, dass sehr viele Moslems
unter ihrer Religion leiden", toent es von weiter vorn. "Die sind
sicher dankbar, wenn man sie anspricht". Die Moslems, die die
Erloesung durch das Christentum still herbeisehnen wie die
amerikanischen Ureinwohner vor der Entdeckung Amerikas. Ein bekanntes
Thema, nicht nur seit den umstrittenen Aussagen Josef Ratzingers. "Das
ist heute nicht unser Thema", mahnt die Schwarzhaarige mit dem
ausgepraegten Teint Disziplin ein. "Im Wahlkampf wuerden wir uns mit
so etwas verzetteln". Der Fettleibige wirkt etwas verloren, akzeptiert
es aber.

Auftritt der Bundeswahlkampfleiter. "Entschuldigung, ich bin etwas zu
spaet gekommen. Die Parkplaetze". "Gruess Sie Gott", erwidert Pekarek.
"Das ist gut, dass Sie da sind. Haben Sie die Unterlagen
mitgebracht?". "Einen Teil. Soll ich den Rest holen?" "Ja bitte,
einige muessen frueher gehen". Der Wahlkampfleiter, dessen bislang
einpraegsamste Eigenschaft sein deutscher Akzent war, verschwindet
wieder und hinterlaesst einen Stapel Unterlagen am Tisch. Ratlosigkeit
bei Pekarek. Er hat den Faden verloren, was bei ihm oefter vorkommt.
"Ja, ja der Islam. Wir haben immer wieder betont, dass der eine
Bedrohung fuer unsere Kultur ist. Da muessen wir Aufklaerung betreiben
unter den Menschen. Und wir fordern auch das Muettergehalt, weil wir
damit dem Islam etwas entgegensetzen koennen: Unsere Kinder".

"Aber wie soll das gehen? Vom Muettergehalt werden ja vor allem
Moslems mit ihren vielen Kindern profitieren! Da verstaerken wir ja
noch, was wir bekaempfen!", warnt ein Mann am Tisch neben mir.
"Deshalb fordern wir auch, dass das an die oesterreichische
Staatsbuergerschaft gekoppelt ist. Und da muss man sich noch andere
Massnahmen ueberlegen, damit moslemische Familien mit
Staatsbuergerschaft das nicht bekommen". Gemessen an der sonstigen
Ruhe der Runde entspannt sich eine hitzige Diskussion. Meinung und
Gegenmeinung fliegen hin und her, allerdings erhebt niemand seine
Stimme. Regelmaessige Untersuchungen als Zugangshuerde fuer Moslems?
Die wuerden sicher keine Beamten regelmaessig in die Wohnung lassen.
Irgendwo dazwischen faellt das Stichwort Homoehe, ein Reizwort fuer
die Fundis. Im allgemeinen Chaos der Wortmeldungen und Unterbrechungen
geht das irgendwie unter.

Ich gehe auf eine Zigarette und treffe Hans, einen Kleinunternehmer
aus einem Nachbarbezirk. Einer der wenigen, dem ein Du ueber die
Lippen kommt. "Ich bin ein wenig enttaeuscht. Mir fehlt das Programm.
Nur gegen die Homo-Ehe zu sein, ist zu wenig. Obwohl, da bin ich
selbstverstaendlich auch dagegen. Das war schon beim ersten Treffen
so. Wie soll ich meinem Angestellten sagen, warum er die Christen
waehlen soll? Das ist noch sehr chaotisch". Entmutigen lassen will er
sich vom heutigen Treffen nicht. "Das wird schon noch, das braucht
Zeit". Ganz ueberzeugt klingt der Mitt-Dreissiger nicht. "Mir geht es
um die abendlaendische Kultur. Die ist bedroht, die muessen wir
bewahren", erklaert er, warum er hier ist. Was er unter
abendlaendischer Kultur versteht, kann er nicht so genau erklaeren.

Auf der Broschuere der "Christen" zeigt man sich grosszuegig in Bezug
auf die abendlaendische Kultur. Allgemeine Menschenrechte,
Gleichstellung der Frau - alles Ergebnisse der christlichen Wurzeln
Europas, die es zu verteidigen gelte. Das Wort Demokratie kommt in
dieser Aufzaehlung interessanterweise nicht vor.

Der Wahlkampfleiter huscht an uns vorbei, Prospekte und Broschueren
unter jedem Arm. Wir gehen zurueck. Der Stoss auf dem Unterlagen-Tisch
ist gewachsen. Er verdeckt fast den Wahlkampfleiter, einen Burschen
Anfang oder Mitte zwanzig. Haar zurechtgefoent mit Scheitel, runde
Brille, glatt rasiert. Er wirkt juenger, als er ist. Sein Polo mit den
Querstreifen erinnert an die, die Erwin Proell waehrend seiner
Sommergespraeche gerne traegt. Die Farben sind etwas dezenter. "Nehmen
Sie sich nur" sagt der Wahlkampfleiter, offenbar eine Leihgabe
radikaler Abtreibungsgegner an die "Christen". Keine Ausnahme.
Bundesobmann Alfons Adam, der heute versucht, eine Gruppe in Kaernten
aufzubauen, ist beim Verein "pro vita" engagiert, der fuer seine
fundamentalistischen Positionen in Sachen Abtreibung bekannt ist.
Human Life International, eine andere dieser Gruppen, stellt
regelmaessig Filme fuer Wahlkampfveranstaltungen der "Christen"
bereit, ebenso "Jugend fuer das Leben".

"Im Anschluss an diesen Film, der die volle unmenschliche Grausamkeit
zeigte, mit der sogenannte Aerzte schutzlose Kinder im Mutterleib
zerstueckeln, nahmen viele die Gelegenheit wahr, vor unserem Notar die
Unterschrift auf die Unterstuetzungserklaerung zur Einleitung des
Familien- und Kindervolksbegehrens fuer ein Muettergehalt zu
unterzeichnen (...)", heisst es etwa ueber eine Veranstaltung auf der
Partei-Homepage.

"Hier liegen nur ein paar hundert Prospekte. Wenn sie uns heute
ausgehen - bei mir im Auto liegen 15.000", kuendigt der
Wahlkampfleiter an. Es sind Hochglanzprodukte, sehr professionell
gemacht. Nicht billig. "Bei Bedarf koennen wir jederzeit neue liefern.
Das ist ueberhaupt kein Problem. Teilen Sie sie aus, auch an Leute,
die sie vielleicht nachher in die Muelltonne werfen. Wir haben genug".
Bei den Zeitschriften solle man sparsamer sein - aber auch da waere
Nachdruck kein Problem. "Und in ein paar Wochen kommt unsere neue
heraus, die speziell auf den Wahlkampf zugeschnitten ist". Aufwaendig
produzierte Wahlkampfwerbung in rauen Mengen scheint fuer die
christlich-fundamentalistische Bewegung kein Problem zu sein.

"Sollen wir die auch in Postkaesten werfen?" "Da waere ich vorsichtig.
Das kann auch gegenteilige Reaktionen ausloesen", sagt der
Wahlkampfleiter. "Im Wahlkampf gelten andere Regeln", wirft
selbstbewusst ein Mann von weiter vorne ein. Er ist spaeter gekommen
und hat sich als Herr zu Greifing eingetragen. Sein Habitus ist der
eines Angehoerigen einer ehemals adeligen Familie. Teure Lodenjacke,
schmaler Krawattenknoten. Sein Gesicht sieht aus wie eine Mischung aus
John Gudenus und Josef Cap. "Ich werde mir jedenfalls sehr viele
dieser Broschueren mitnehmen und meine eigene, grosse Verteileraktion
machen", kuendigt er an und greift beherzt zu, mit einem leicht
arroganten Laecheln auf den Lippen. Er glaubt zu wissen, wer der
eigentliche Chef ist. Vielleicht nicht unberechtigt: Auf ihn hoert
man. Vor allem der Bundesheeroffizier zollt ihm grossen Respekt.

Der Offizier ist es auch, der als naechster das Podium betritt.
"Verkauf ist das wichtigste. Schreiben Sie sich eine Liste zusammen
mit allen Menschen, die Sie kennen. Sie werden ueberrascht sein, wie
viele Sie kennen. Und dann ueberlegen Sie sich, wer von diesen
Menschen fuer unsere Ziele offen ist. Rufen Sie jeden von denen an:
Wissen Sie schon, wen Sie waehlen werden? Wenn er ja sagt,
verabschieden Sie sich. Wenn nicht, versuchen Sie ihn zu ueberzeugen:
Warum nicht die Christen? Und jeder, den Sie gewinnen, soll es auch so
machen". Ein Schneeballsystem, wie er selber sagt und er wirkt ein
wenig als wuerde er das fuer seinen eigenen Einfall halten.
Bedaechtiges Nicken. Den meisten scheint die Idee einleuchtend. "Wir
muessen vorsichtig vorgehen, langsam und gut organisiert. Staendige
Rueckmeldungen sind das wichtigste. Halten Sie die Leute bei der
Stange! Telefonieren Sie taeglich mit Ihnen, um das aktuelle Geschehen
zu besprechen. Am besten, die rufen Sie an!". Ein Zellensystem. "Das
haben wir von den Nazis und den Kommunisten gelernt". Einen
Unterschied scheint er nicht zu machen. "Die waren sehr effektiv, als
sie im Untergrund waren. Das waren auch unsere Vorgaenger vor 2.000
Jahren. Netzwerke, Zellen! Und wir muessen uns heute daran halten,
auch wir sind im Untergrund!". Das Unterwandern einer Gesellschaft,
ein Thema, das den Offizier zu beschaeftigen scheint. Spaeter wird er
mir Tricks verraten, wie man eine gegnerische Veranstaltung umdrehen
oder neutralisieren kann. "Sieben Prozent einer Gesellschaft, die gut
organisiert sind, reichen, um eine Gesellschaft umzudrehen", wird er
mir mit einem Laecheln erzaehlen, ganz aufgeregt. Dass er sich und
"die Christen" zu diesen sieben Prozent zaehlt, davon ist auszugehen.

"Rechnen Sie mit Anfeindungen", setzt der jugendliche Wahlkampfleiter
fort. "Die kommen von der linksextremen Seite. Bei einer Veranstaltung
der Abtreibungsgegner in Salzburg haben Demonstranten der
Sozialistischen Linkspartei nicht vor Gewalttaetigkeiten
zurueckgeschreckt. Sie haben Vortragende vom Mikrofon zurueckgehalten,
zum Teil auch mit Schlaegen. Und sie haben Stuehle zertruemmert". Er
malt das Schreckgespenst des roten Stosstrupps an die Wand, der auf
Verdacht alles kurz- und kleinschlaegt, Andersdenkende inklusive. Der
Fettleibige nickt interessiert. Bei den "Christen" und anderen Fundis
hoert man diese Geschichten immer wieder. Vor allem Abtreibungsgegner
sehen sich nach eigenen Angaben immer wieder Gewalt ausgesetzt.

Polizei, Securities und oft genug Betroffene und Zeugen schildern im
Regelfall, die Gewalt sei von den christlichen Fundis ausgegangen,
nicht von den Gegendemonstranten. "Dass die Abtreibungsgegner Frauen
am Aermel ziehen, die in die Abtreibungsklinik am Fleischmarkt wollen,
und sie festhalten wollen, passiert immer wieder", hat mir vor ein
paar Jahren ein privater Sicherheitswaechter erzaehlt. Er hat fuer die
Klinik gearbeitet. "Schlaege gibt es selten, so klug sind die
Abtreibungsgegner mittlerweile auch". Was nicht heisst, dass die
Situation nicht eskalieren kann. Beschimpfungen oder den Versuch,
psychische Gewalt auf Patientinnen der Klinik auszuueben, gebe es
immer wieder.

"Auch im Internet sieht man das. Die Leute, die auf Internetforen wie
orf.at oder standard.at sind, sind meist Linke. Die greifen uns an"
schildert der Wahlkampfleiter und beweist wieder, dass man Realitaet
auf mehr als eine Art sehen kann. Die Forenwaechter von orf.at
stoehnen regelmaessig unter der Unterwanderung durch rechte
Kampfposter, seien es Burschenschafter, Berufsposter der Volkspartei
oder kirchennaher Gruppen. "Posten Sie dort, wenn und so oft Sie
koennen", raet der Bursch.

Verfolgt und ausgegrenzt sein - eine Sichtweise der Welt, die sich bei
Gruppen wie den "Christen" grosser Beliebtheit erfreut. "Auch die
Kirchen stehen nicht geschlossen hinter uns", kritisiert Nadja Schwarz
im persoenlichen Gespraech. Die Frau mit dem ausgepraegten Teint hat
die Teilnehmer die Veranstaltung ueber genau im Auge behalten.
Mittlerweile ist es 21 Uhr. "Priester haben unsere Leute daran
gehindert, unsere Prospekte in den Kirchen zu verteilen. Unsere Leute
sind rausgeworfen worden. Koennen Sie sich das vorstellen?",
kritisiert sie. Man habe es nicht leicht und suche die Distanz zu den
Kirchen. "Wir sind fuer eine Trennung von Staat und Kirche", erklaert
Schwarz. Die Gesellschaft muesse aber nach christlichen Werten
ausgerichtet sein: Keine Homoehe und Muettergehalt. Erst, dass Muetter
bezahlt werden, damit sie mit ihren Kindern zuhause bleiben, werde
wahre Gleichberechtigung bringen. Vaeter als Kindererzieher werden in
diesem Modell nicht erwaehnt. Das "Gehalt" soll nach den Vorstellungen
der Partei bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ausbezahlt werden.
Finanziert werden soll es unter anderem mit dem Abbau von
Kinderbetreuungseinrichtungen. Anspruchsberechtigt sollen nur
oesterreichische Paare sein - vorausgesetzt, sie sind verheiratet.

Zentraler Punkt: Der "Lebensschutz", eine euphemistische Bezeichnung
fuer die radikale Ablehnung der Fristenloesung. "Wie kommen wir dazu,
dass wir massenweise wehrlose Kinder abschlachten?" fragt Schwarz.
"Das hat doch nichts mit den Rechten der Frau zu tun. Und da sieht man
schon die ideologische Ausrichtung roter Politik. Da wird die
Abtreibung unterstuetzt. (Landeshauptfrau Gabi, Anm.) Burgstaller etwa
sorgt dafuer, dass jeden Samstag ein Wiener Arzt nach Salzburg kommt
und Abtreibungen vornimmt. Sie respektiert nicht, dass sich die
Salzburger Aerzte weigern, das zu tun. Da besteht kein Unterschied
zwischen ihrer Politik und dem Nationalsozialismus". "Unsere"
Gesellschaft solle zerstoert werden, mutmasst die Frau ueber die
Beweggruende. Warum, diese Antwort bleibt sie schuldig. Auch die
Gruenen sind nicht so gut angeschrieben. Nicht mehr, sagt Schwarz.
"Die haben sich vom Umweltschutz entfernt und setzen jetzt auf eine
falsche Gesellschaftspolitik". Klingt ein wenig nach VGOe.

Die "Christen", das wird in dem Gespraech offenkundig, sind
verzweifelt auf der Suche nach Aushaengeschildern, die nicht aus dem
Fundi-Eck kommen. "Wir sprechen alle Menschen an, die unsere Werte
teilen - auch wenn nicht alle mit unserem Namen gluecklich sind. Er
steht fuer unsere Werte". Das sei unabhaengig vom Religionsbekenntnis.
Gerade unter glaeubigen Moslems gebe es viele, die gegen die Homo-Ehe
seien. "Wir sind keine rein christliche Partei. Wir haetten gerne
Moslems oder Juden, die fuer uns antreten und fuer uns in ihren
Glaubensgemeinschaften Werbung machen". Das, so das offensichtliche
Kalkuel, wuerde der Partei mehr Glaubwuerdigkeit nach aussen
verleihen. Wie das mit der Werbung umzusetzen sei? Schwarz schlaegt
vor, die Prospekte etwa in einer Synagoge zu verteilen. Mich wuerde
sie am liebsten gleich eine Kandidaturerklaerung unterschreiben
lassen. Ich bitte hoeflich um Bedenkzeit und nutze die mittlerweile
allgemeine Aufbruchstimmung, um mich ebenfalls auf den Weg zu machen.
So unauffaellig, wie ich gerne moechte gelingt mir das nicht. Der
Bundesheeroffizier haelt mich ein wenig auf, schildert mir seine
Unterwanderungskonzepte.

Ich haenge mich an Maximilian an, einen der wenigen jungen Maenner, um
rascher einen Abgang machen zu koennen. Auf dem Weg zur U-Bahn
schildert er mir seine Beweggruende, warum er bei den Christen ist.
"Die OeVP vertritt nicht mehr unsere Werte. Wie unser Bundesobmann
einmal gesagt hat: Wenn sie wieder auf den wahren Weg zurueckfindet,
loesen wir uns auf und engagieren uns bei der Volkspartei. Aber
momentan koennen wir nur von aussen Druck ausueben und etwas
veraendern". Die Partei sei kein Selbstzweck. "An der SPOe und den
Gruenen gefaellt mir ja das Soziale. Das haben wir gemeinsam, das wird
in unserem Muettergehalt deutlich". Aber, die Gesellschaftspolitik.
"Dieser Zentralismus, das ist das Schlimme. Deshalb kann man sie nicht
waehlen. Die Kinder wollen sie moeglichst frueh den Eltern wegnehmen
und staatlich in Kindergaerten erziehen. Das ist nicht gut. Die Kinder
sollen bei ihren Eltern bleiben duerfen".

Ein Punkt, der sich auch im Parteiprogramm und auf der Broschuere
findet. Die Formulierung spricht Baende: "Die Erziehungsgewalt der
Eltern muss absoluten Vorrang haben". ###



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin