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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Juli 2008; 14:00
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EXTRABLATT
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Linksprojekt/Glosse:

> Fuer eine chaotische Kandidatur!

Nutzen wir die spezielle politische Situation nutzen, um die Sache eines
Linksprojekts ohne Verkrampfungen anzugehen.

*Von Bernhard Redl*

Das Linksprojekt steht unter Druck. Ploetzlich sind Neuwahlen angesagt und
es stellt sich die Frage des Handelns. Ich hab mich in dieser Debatte schon
mehrmals damit zu Wort gemeldet, um meine Skepsis auszudruecken. Wir hatten
schon so viele ambitionierte Versuche in dieser Richtung, die immer wieder
sang- und klanglos an den Urnen untergingen - mit einer Ausnahme, den
Gruenen naemlich, und unter diesem Erfolg leiden wir noch heute. Das heisst:
Eine ordentliche Partei mit ordentlichen Strukturen, die in den Nationalrat
mit Hilfe systemkonformer Kraefte einzieht, brauchen wir genausowenig wie
die krampfhafte Konstruktion eines politisch korrekten, aber dauerhaft
erfolglosen Buendnisses, das einfach nur politische und menschliche
Ressourcen schluckt.

Jedoch: Ich gebe der SLP sehr recht, wenn sie meint, dass fuer eine
erfolgreiche Kandidatur die Chancen jetzt zwar nicht gut sind, aber sie wohl
nie besser werden, also man es auch gleich versuchen kann und auch sollte.

Ich habe bekrittelt, dass keine Bewegung vorhanden ist, die eine solche
Partei ins Parlament bringen koennte. Und ich habe mich besorgt gezeigt,
dass beim Vorhandensein einer solchen Bewegung diese durch eine Partei
kaputtgemacht werden koennte - auch dafuer sind die Gruenen ein mahnendes
Beispiel.

Doch mit der jetzigen, kurzfristig veraenderten Situation der Neuwahlansage,
wo einfach eine grosse Frustriertheit in der Bevoelkerung vorhanden ist,
andererseits aber auch keine Bewegung da ist, die von so einer Partei
kaputtgemacht werden koennte, kann man eine Kandidatur ruhig versuchen.

Machen wir uns nichts vor, wir koennen lediglich eine Chance nutzen, die wir
nicht haben. Die Wahrscheinlichkeit, als Wahlalternative ernstgenommen zu
werden, tendiert gegen Null. Eine solche Kandidatur kann hoechstens den
Wahlkampf bisserl nutzen, um Oeffentlichkeit fuer unsere Anliegen zu
gewinnen.

Ein Einzug in den Nationalrat ist also ziemlich unwahrscheinlich. Da
brauchen wir also auch keine grossen Struktur- oder Programmdebatten. Wir
muessen das ganze nicht so bierernst nehmen, sondern koennen locker-laessig
einfach zwei Monate Wahlkampf machen - wahrscheinlich verschwindet das
Projekt am 28.September sowieso wieder in der Versenkung, aber dann haben
die Beteiligten nicht jahrelange Vorbereitungen in den Sand gesetzt, sondern
hoechstens sich den Sommer vermiest. Wenn man das Projekt aber eben eher als
lustvolle Protestform ansieht, kann man die Arbeit in diesen beiden heissen
Monate sogar mit so einigem an Spass verbinden.

Ich weiss schon, Dadaismus, Spassguerrilla und Chaos sind nicht Sache von
KPOe, SLP oder LSR, aber ich schlage vor, vergessen wir diesen ganzen
Organisationsoverhead, sondern nutzen wir die vorhandenen Strukturen und die
vorhandene Dynamik ohne grosse interne ideologische Debatten. Ueberspitzt
formuliert: Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur einen lustvollen
linken Haufen!

Zur Struktur

Es kann ja dann doch passieren: Dieser Haufen schafft einen Einzug ins
Parlament mit drei oder vier Abgeordneten. Wer soll das dann sein? Trotz
meines Votums fuer eine ernsthafte Spasskandidatur muss man ueber diese
Moeglichkeit reden. Dann waere es wohl am Besten, wir stellen ohne
irgendwelche Quoten bezueglich Geschlecht, Alter oder
Organisationszugehoerigkeit Menschen auf unsere Liste, von denen wir wissen,
dass sie den Job gerne machen moechten, dennoch aber keine
Karriereambitionen haben. Sie sollten einen eigenen Kopf haben und nicht
irgendwen vertreten wollen - niemand will ein Mandat ausueben, um andere zu
vertreten, sondern man macht das, um was im eigenen Sinn zu veraendern. Das
imperative Mandat funktioniert einfach nicht, also braucht man das gar nicht
zu versuchen - mir ist lieber ein kluger linker Kopf im Parlament, in dem es
manchmal ein bisserl anders tickt als in meinem Kopf, als ein Vor- und
Ruecksichtl, der moeglichst irgendwie alle vertreten soll. Wichtig ist nur,
dass es Menschen sind, die man im Falle der Kritik anrufen kann und die
einem dann auch zuhoeren.

Deswegen halte ich auch nichts von der jederzeitigen Abwaehlbarkeit - wer
ein Mandat annimmt, nimmt auch einen Fulltime-Job auf Zeit an, den er oder
sie mit der eigenen Lebensplanung verbinden koennen muss. Abgeordnete, die
staendig Angst haben muessen, ihren Job zu verlieren, koennen keine gute
Arbeit leisten. Zur Kontrolle reicht meines Erachtens eine strikte
Rotationspolitik ohne Ausnahmemoeglichkeit, denn dann koennen sich die
Mandatare darauf einstellen.

Ich weiss schon, nach ein paar Jahren wird die Spitze dieser Partei wie bei
den Gruenen auch die Rotation aushebeln. Aber ehrlich: Nach 10 Jahren im
Nationalrat ist diese Partei sowieso vollkommen korrupt, das ist einfach der
Struktur des Systems zu verdanken. Eine Zeitlang werden wir uns dann noch
Hoffnung machen, dass dieser Prozess umkehrbar waere, aber sollte diese
Partei sogar 20 Jahre im Parlament aushalten, werden wir sie genauso
ablehnen wie heute die Gruenen. Das heisst: Selbst wenn diese Partei bei
Wahlen erfolgreich sein koennte, ist es politisch nur ein Projekt auf Zeit,
das aber in eben dieser Zeit vielleicht in unserem Sinne ein bisserl was an
der Stimmung im Land veraendern kann. Mehr braucht man sich da gar nicht
erhoffen, aber in Oesterreich waere das schon ziemlich viel. Wirklich etwas
veraendern kann man sowieso nur von unten und nicht durch einen Haufen
Volkstribunen.

Also mein Vorschlag: Machen wir jetzt ohne grosses buerokratisches oder
pathetisches Brimborium eine lustvoll-chaotische Kandidatur und schauen wir
mal, was passiert. Denn mit hochwichtiger Ernsthaftigkeit haben wir es schon
probiert - das hats noch nie gebracht...
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