**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Juli 2008; 13:17
**********************************************************

Neu(k)wahlen/Glosse:

> Es reicht

Warum Wilhelm Molterer einmal in seinem Leben recht hat

"Es reicht". Dieses eine Mal in seinem Leben hatte Wilhelm Molterer,
Vizekanzler und Angeblich-Chef der kleineren Regierungspartei OeVP
recht. Uns Oesterreichern reicht's mit dieser Grossen Koalition. Nix
geht weiter und die Konflikte sind nicht sonderlich unterhaltsam.
Kleingeister streiten um die fuenfte Kommastelle. Ideen, wie es den
Menschen, also den Arbeiterinnen und Arbeitern, in vier Jahren besser
gehen soll als jetzt, hat niemand. Die SPOe sicher nicht. Dafuer hat
die OeVP durchdachte Ideen, wie man den Arbeiterinnen und Arbeitern
das Geld wegnehmen kann. Die einzigen hoerbaren Zwischenrufe kommen
von rechts. In der buergerlichen Mitte, bei den Gruenen, bleibt's
schoen still. Das ist erbaermlich und frustrierend.

Es reicht. Mir reicht's. Mir fallen als SPOe-Mitglied mehr Gruende
ein, meine Partei nicht zu waehlen, als sie zu waehlen. Werner Faymann
als neuer Vorsitzender und Spitzenkandidat ist nicht das Signal, das
ich erwartet hatte. Ich bin ein politischer Mensch und ein Linker. Ich
bin ein Arbeiterkind. Mit jemandem, der mit Hans Dichand per "Onkel
Hans" ist, will ich eigentlich nix zu tun haben. Man muss sich ja fast
genieren. Nichts gegen Populismus. Guten. Keinen billigen. Findet
endlich wieder zu sozialdemokratischen Ideen! Bekennt Euch zu den
Arbeitern! Warum kein freies Spiel der Kraefte, wo's eh schon wurscht
ist? Zum Beispiel bei den Studiengebuehren? Nein, Pakttreue bis in den
eigenen, vorhersehbaren und selbst verschuldeten Untergang. Dass die
OeVP auf die Pakttreue pfeift, die Koalition aus fadenscheinigen
Gruenden aufkuendigt, Inhalte des Koalitionsvertrags erfindet - ist
euch das alles egal? Habt ihr nichts zu sagen?

Praesentiert Programme, die Bildung fuer alle sicherstellen!
Programme, die in einer Zeit, wo Arbeiterrechte zunehmend mit Fuessen
getreten werden, die demokratische Mitsprache in den Betrieben
ausbauen. Programme, die sicherstellen, dass die Krankenkassen
ausreichend Geld bekommen. Programme, die die systematische
Entwuerdigung von arbeitslosen Genossinnen und Genossen beenden. Das
kostet Geld? Jawohl und das soll es auch. Dann holt es euch. Wo es zu
finden ist, wisst ihr. Es ist mehr als genug da, bei den Schlaffs,
Wlascheks, Mateschitz's und Meinls dieser Welt. Um nur die zu nennen,
die jeder kennt.

"Umverteilung nur von oben nach unten" hab ich auf einem Transparent
am Maiaufmarsch gelesen. Das Gegenteil, Umverteilung von unten nach
oben, fuege ich hinzu, ist Diebstahl. Und den sollte die SPOe nicht
unterstuetzen, indem sie nichts gegen ihn unternimmt.

Das muss ich wohl von einer sozialdemokratischen Partei verlangen
koennen. Ich bin nicht einmal so blauaeugig, ein Bekenntnis zum
Sozialismus einzufordern. Nicht, dass ich nicht daran glauben wuerde.
In dieser Situation waere das ein wohl zu radikaler Schwenk.

Einer der wenigen Gruende, warum ich wieder die SPOe waehlen wuerde,
waere, um einen Bundeskanzler Molterer zu verhindern. Von der
schwarzen "Umverteilung" von unten nach oben habe ich die Schnauze
voll. Eines der wenigen Dinge, die die SPOe in den vergangenen
eineinhalb Jahren zustande gebracht hat, war, das Tempo der
OeVP-"Reformen" ein bisschen zu verlangsamen. Ist der Baertige einmal
Bundeskanzler, wird's grauslich.

Insofern hab ich vor einer neuerlichen Grossen Koalition (unter
Faymann) weniger Angst als vor den anderen wahrscheinlichen Varianten.

Auf der anderen Seite: Es gibt andere Parteien. Wuerde sich die Linke
in diesem Land zu einer gemeinsamen Liste durchringen - diesmal
haetten sie realistische Chancen. Das waere eine echte Alternative,
etwa fuer angefressene Rote wie mich. Ich wuerde es mir ernsthaft
ueberlegen, ein paar Jahre Grauslichkeiten zu riskieren, um eine
langfristige Alternative aufzubauen. Traeumen wird man ja duerfen.
*Viktor Englisch*


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin