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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. Juni 2008; 16:37
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Arbeit/Reportage:

> Harte Arbeit zur Urlaubszeit

Freibaeder - der Inbegriff der Sommerfreizeit. Jeder sehnt sich an
einem heissen Tag nach ihnen. Dass in ihnen harte Arbeit und oft genug
prekaere Arbeitsverhaeltnisse stecken, sieht man meistens nicht.
*

11 Uhr, 28 Grad Celsius. Die Kinder und Jugendlichen stuerzen sich mit
Gekreische vom 3-Meter-Brett ins kuehle Becken des Freibades einer
groesseren Stadt im suedlichen Niederoesterreich. In der Luft
gestikulieren sie wild, manche sehen fuer den Bruchteil einer Sekunde
aus wie Voegel. Das Wasser spritzt ueber den Beckenrand, wenn sie
ankommen. Auf der Liegewiese aalen sich die Menschen in der Sonne.
Wolke ist keine zu sehen. Die anderen Becken sind so gut besucht, wie
man es an einem spaeten Samstagvormittag kurz vor Ferienbeginn
erwarten kann.

Erwin hat sich neben dem Sprungbecken platziert. "Auf die Kinder muss
man aufpassen. Immerhin trage ich hier die Verantwortung", sagt er.
Der End-Zwanziger ist Bademeister und seit sieben Uhr frueh im Dienst.
"Manchmal muss man sie schon aufmerksam machen, dass man erst springen
sollte, wenn der andere aus dem Becken geklettert ist. Die meisten
verstehen, dass sonst was passieren kann. Aber da waren wir als Kinder
auch nicht anders. Ein bisserl wild, da haben wir oft nicht
nachgedacht", sagt er mit einem Laecheln. Bedauern, dass er heute hier
steht statt selbst zu springen oder zu schwimmen, schwingt nicht mit.
"Um 14 Uhr werden wir abgeloest". "Wir", das sind Erwin und ein
Kollege, der Beckenaufsichtsgehilfe ist. "Dann ist fuer uns der
Arbeitstag vorbei. Morgen frueh sind wir wieder da und stellen die
Liegen und Sonnenstuehle auf, bevor die Gaeste kommen. Dann muss noch
die Wassertemperatur geprueft werden, und und und...". Die meiste Arbeit
in einem Freibad passiert, wenn die Gaeste nicht da sind. In der Frueh
haben Erwin und sein Kollege zweieinhalb Stunden Zeit. "Wenn wir
Nachtschicht haben, haben wir weniger Zeit. Das Bad sperrt um halb
acht zu. Da muessen wir aufraeumen, den Mist wegkehren- und werfen und
Pumpen und Filter kontrollieren. Vor neun sind wir selten fertig".
Erst dann kommen die Bademeister zum Schwimmen - vorausgesetzt der
Arbeitstag hat sie nicht zu sehr geschafft. Der Mist von 1.500
Menschen wie in diesem Freibad macht viel Arbeit.

Sechs Tage dauert die Schicht, dann ist ein Tag frei. Solange es kein
Sonntag ist. Dann ist Wechsel: Die Arbeiter der Fruehschicht der
vergangenen Woche uebernehmen die Abendschicht und umgekehrt.
"Zeitausgleich gibt es, wenn das Wetter schlecht ist und das Bad
geschlossen ist", sagt Erwin.

Unsichtbare Arbeit

Das Klischee, dass Bademeister nur in der prallen Sonne herumstehen
und nichts tun ausser vielleicht weibliche Badegaeste anzubraten,
entspricht nicht den Tatsachen. Wobei Erwin nicht boese ist ueber das
Klischee. "Wir arbeiten, wenn andere Urlaub machen. Die schauen
logischerweise nicht so genau hin. Mir geht es ja auch nicht anders im
Urlaub". Nur zweimal haben ihn Leute gefragt, wie das Bad
funktioniert. Wie das so ist mit den Pumpen, der Reinheit des Wassers.
Und wie viel Arbeit ein Bademeister hat. "Natuerlich interessiert das
die Leute nicht. Die wollen nur schwimmen. Wenn ich in einem Hotel
bin, frage ich ja auch nicht, wie das funktioniert".

Seit drei Jahren arbeitet Erwin im Sommer als Bademeister. Trotz
Sechs-Tage-Woche und hoher Verantwortung bei vergleichsweise geringer
Bezahlung ist er in einer guten Position. Er hat ganzjaehrig Arbeit.
Nach der Badesaison arbeitet er auf dem Bauhof seiner Heimatgemeinde.
Vielen Bademeistern in kleineren Gemeinden geht es nicht so. "Fast
alle, die im Bad arbeiten, sind Gemeindebedienstete, die im Sommer
halt das Bad machen", erzaehlt Erwin. "Freiwillig".

Das gilt auch fuer die beiden Kassiererinnen, die auch mehr tun, als
nur Karten verkaufen. "Tschuldigung, ich hab meinen Badeanzug
vergessen", sagt ein jugendliches Maedchen, das gerade eine Tageskarte
gekauft hat. "Na, dann geh halt heim und hol ihn, wir lassen dich
schon wieder rein", sagt die Frau hinter der Kassa freundlich. "Das
passiert auch immer wieder". Sie steht auf, schaut bei der Tuer der
Kassiererkabine heraus. "Ernie, hast net was vergessen?" ruft sie
einer aelteren Frau nach. Die Dauerkartenbesitzerin ist schnurstracks
an ihr vorbeigerannt. "Ah ja. Mein Schluessel fuer die Kabine. Den
haett' ich doch glatt vergessen. Dann haett' ich wieder umdrehen
muessen".

Weniger Glueck haben die zwei Kellnerinnen und der Koch im Buffet.
"Ich kann sie leider nur waehrend der Saison beschaeftigen", erzaehlt
der Kantineur. Er betreibt auch die Sauna beim Stadtbad mit
angeschlossenem Restaurant. "Im Winter gibt's leider nicht genug
Arbeit und Umsatz".

Heute hat trotz guten Besuches das Geschaeft noch nicht voll
eingesetzt. Die Mitarbeiter im Buffet stehen eher gelangweilt herum
oder putzen. "Am Nachmittag, wenn's wirklich voll ist, kommt man eh
nicht dazu. Hoechstens am Abend, wenn alle weg sind. Oft kann's
laenger dauern", erzaehlt eine der Kellnerinnen. Sie bessert mit dem
Saisonjob ihre Mindestpension auf. Die anderen wollen nicht sagen, wie's
mit ihnen nach der Saison weitergeht. Auch der Kantineur ist wenig
auskunftsfreudig in dieser Hinsicht. Er scheint ein schlechtes
Gewissen zu haben. "Aber ich koennt' mir die Leute das ganze Jahr
nicht leisten", erzaehlt der baertige Mittfuenfziger mit Kopftuch.
"Reich wird man mit diesem Geschaeft schon lange nicht mehr. Die Leute
kaufen sich kaum noch was. Ich versteh's eh. Wenn Eltern mit zwei
Kindern kommen, sind alles in allem gleich mal 50 Euro weg. Die
Eintrittskarten, ein Eis, vielleicht ein Getraenk, das war's. Und das,
obwohl das Bad und wir wirklich nicht sehr teuer sind". Ein halbes
Grillhenderl gibt's hier um 3.50. Aktionspreis, den ganzen Sommer
lang, erzaehlt er. "Die meisten nehmen sich halt was mit in der
Kuehltasche. Veruebeln kann ich's ihnen nicht, auch wenn's mein
Geschaeft ist". Die Kellnerin mit der Mindestpension schenkt sich
einen Kaffee ein, waehrend er das erzaehlt, der Koch mit den
Taetowierungen am Unterarm hat sich hingesetzt und raucht eine
Zigarette. "Es wird schon noch stressig genug heute", sagt er und
atmet den Rauch aus.

Dreimonatsjob ohne Perspektive

Saisonkraefte im Freibad oder am Badeteich sind eher die Regel als die
Ausnahme. Vor allem kleinere Gemeinden koennen es sich nicht leisten,
Bademeister ganzjaehrig anzustellen. "Wir machen das meist so, dass
wir das Gehalt ueber sechs Monate als Pauschale auszahlen", schildert
der Buergermeister einer kleinen Voralpengemeinde. "Da sind die Leute
in der Zeit wenigstens sozialversichert. Wir haben gerade einmal
dreitausend Einwohner. Auf Dauer geht es leider auch nicht, dass
unsere Gemeindebediensteten das Freibad quasi mit betreuen". Dass das
Bad kostendeckend ist, davon koenne ohnehin keine Rede sein.
Groessere, attraktivere Baeder oder Seen in der Umgebung ziehen viele
Menschen ab. Hier gibt es gerade einmal einen Beachvolleyballplatz und
einen Ping-Pong-Tisch. Von einem zweiten Becken keine Rede.
Ebensowenig von einem neuen Bademeister, den die Gemeinde
haenderingend sucht. Provisorisch machen heuer ein paar
Gemeindebedienstete den Bademeister. "Wir hatten jahrelang eine
Gemeindebuergerin, die ein Sozialfall war. Die hat im Sommer immer
hier gearbeitet und ist so wenigstens auf ein paar Versicherungszeiten
und eine kleine Pension gekommen". Hart erarbeitet: In dieser Gemeinde
muss ein Bademeister die ganze Saison durcharbeiten. Einen zweiten
gibt es nicht. Ohne Schlechtwettertage kommt man hier ueberhaupt auf
keine freien Tage. " Jetzt suchen wir gerade Studenten, die vielleicht
einen Sommerjob brauchen. Wir zahlen auch nicht schlecht. Aber das
Interesse haelt sich in Grenzen".

Vielleicht liegt das an den hohen Anforderungen: In den meisten
Bundeslaendern braucht ein Bademeister eine Rettungsschwimmerpruefung.
Mit Ausnahme Kaerntens, dort muss er nicht einmal schwimmen koennen.
Und eine Bademeisterpruefung. Auch wenn man die meist auf der Gemeinde
machen kann - sonderlich attraktiv ist der Bademeisterjob nur auf den
ersten Blick. Viele Interessenten springen ab, sobald sie den
umfangreichen Verantwortungsbereich vorgesetzt bekommen. Die
Perspektive, im Regelfall nur drei Monate im Jahr Arbeit zu haben, ist
auf Dauer nicht reizvoll, die Bezahlung ist nicht so, dass man den
Rest des Jahres davon leben koennte. Und das Klischee vom dicken
Bademeister, der nur herumsteht und gerne kleine Kinder quaelt,
duerfte auf junge Interessenten auch nicht anziehend wirken. Unter
Sozialprestige versteht man etwas anderes. Die meisten, die sich fuer
den Job entscheiden, brauchen dringend Geld. Im Herbst wird sich schon
was anderes finden. Vielleicht als Skilehrer. Vielleicht hat ja
irgendwer einen Eislaufplatz. Vielleicht braucht ein Eisstockverein
einen Zeugwart. Oder vielleicht sucht ein Wintertourismusbetrieb einen
Hausmeister. Vielleicht.
*Viktor Englisch*


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