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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 3. Juni 2008; 16:25
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Polizei/Justiz:
> "Dem Vertrauen abtraeglich"
Die §278a-Beschuldigten sind immer noch in Haft und wissen auch noch 
immer genausowenig, warum eigentlich.
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Nach wie vor sind die zehn Angehoerigen von Tierrechtsgruppen in Haft. 
Mittlerweile wurden einige von ihnen auf verschiedene Strafanstalten 
(LG Wien, JA Wien-Josefstadt, LG Wiener Neustadt, JA Eisenstadt) 
aufgeteilt -- angeblich um einen Kontakt unter ihnen zu vermeiden.
Zum Teil sind die Inhaftierten gegen ihre Anhaltung in Hungerstreik 
getreten. Auch die uebrigen hungerten anfangs, da sie kein 
nicht-veganes Essen zu sich nehmen wollten. Jetzt soll zumindest in 
Wiener Neustadt veganes Essen ausgegeben werden.
Am Freitag oder Montag soll ein erster Haftpruefungstermin 
stattfinden. Bis dahin ist mit keiner Entlassung zu rechnen.
Mittlerweile sind die Vorwuerfe teilweise bekannt. Martin Balluch, 
Obmann des Vereins gegen Tierfabriken und derzeit in Haft, zitiert aus 
den ihm vorliegenden 1500 Seiten des Aktes: Er bestehe "in erster 
Linie aus polizeilichen Ermittlungsberichten von insgesamt 27 
Tierschutzaktionen in den letzten Jahren. Darunter fallen Aktionen von 
'Stalking einer Angestellten eines pelzfuehrenden Geschaeftes' ueber 
'Aufhaengen eines Anti-Pelz Plakates auf der Westautobahn' und 2x 
'Verteilen von Papierschnipseln in Geschaeftsraeumen pelzfuehrender 
Geschaefte' bis zum Beschaedigen von Autos, Einschlagen von Scheiben 
und Werfen von Stinkbomben. In dem gesamten Akt ist keine Rede von 
Brandlegung oder Gasangriffen, wie das meines Wissens von der 
Staatsanwaltschaft gegenueber Medien behauptet wurde. Vielmehr hat der 
ORF berichtet, gab es im Jahr 2000 eine Brandstiftung mit 
Tierschutzzusammenhang, seitdem nicht mehr." Tatsaechlich komme, so 
Balluch, sein Name in diesen Aktenstuecken gerade dreimal vor, 
allerdings lediglich im Zusammenhang mit Stellungnahmen von ihm 
gegenueber Medien. Konkrete Vorwuerfe gegen sich konnte er in diesem 
ersten Aktenteil nicht erkennen.
Ein weiterer Aktenteil wurde am Mittwoch bekannt. Darin ist etwas zu 
lesen von einem wohl ebenfalls verdaechtigten gruenen Gemeinderat aus 
NOe, der die wesentlichste belastende Aussage gemacht haben soll. 
Angeblich habe er ausgesagt, er sei ueberzeugt von der Taeterschaft 
eines der Beschuldigten in Bezug auf einen Brandanschlag. Doch der 
Mandatar bestreitet nun ganz massiv, diese Aussage je gemacht zu 
haben.
Proteste
Nun sind auch viele buergerliche Stellungnahmen eingelangt, die weder 
als links, gruen oder menschenrechtsorganisiert verdaechtigt werden 
koennen. Von der Hausdurchsuchung bei RespekTiere in Bergheim 
(Salzburg) berichtet beispielsweise das dortige Bezirksblatt alles 
andere als wohlwollend ueber die Polizeiaktion und laesst nur die 
Betroffenen zu Wort kommen. SP-Justizsprecher Jarolim bezeichnete die 
Geschehnisse "als dem Vertrauen der Buergerinnen und Buerger in 
Polizei und Justiz abtraeglich", bezweifelte den Haftgrund 
Verdunklelungsgefahr und fand "es bedauerlich, dass seitens der 
Behoerden keine weiteren Informationen herausgegeben wurden, die die 
geaeusserten Vorwuerfe nachvollziehbar oder widerlegbar machen 
wuerden." Waehrend diese Worte, wohl auch aus Ruecksicht auf die 
schweigsame Justizministerin, eher bedaechtig gewaehlt worden waren, 
wird der Oesterreichische Tierschutzverein sehr deutlich: "Die 
Polizeiaktion war jedenfalls voellig unangebracht und ueberzogen und 
erinnert in ihrer brutalen Vorgehensweise an unselige Nazizeiten. Was 
geht in den Koepfen eines Staatsanwalts vor, der gegen Tierschuetzer 
die WEGA aufmarschieren laesst und in einem Richter, der gegen 
Tierschuetzer U-Haft verhaengt? Denn selbst wenn die Vorwuerfe sich 
bewahrheiten sollten, handelt es sich dabei um Notwehraktionen fuer 
hilflose Tiere."
Auch die Proteste auf der Strasse halten an. Als ein Beispiel von sehr 
vielen Demos der letzten Tage fuer die Freilassung der Inhaftierten 
sei hier die Demo am Donnerstag in Wien genannt (Bild). Es 
demonstrierte eine Gruppe von rund 200 Leuten vom Schottentor zum 
Landesgericht und zum Justizministerium -- bewacht von 9 
Polizeiwaegen.
Klar wurde dabei aus den Reden, Parolen und Transparenten, dass es bei 
den Protesten weniger um Tierschutz geht, sondern um Solidaritaet fuer 
Menschen, deren fundamentale Rechte unter fadenscheinigen 
Begruendungen mit Fuessen getreten werden.
In Wien gibt es mittlerweile fast taeglich kleinere Demonstrationen, 
mehrmals waren auch schon Gruppen nach Wiener Neustadt unterwegs. 
Kundgebungen gab es auch in einigen Landeshauptstaedten, in mehreren 
deutschen Staedten sowie in Zuerich und Talinn vor den diplomatischen 
Vertretungen Oesterreichs. Fuer den 4.Juni wurde ein globaler 
Aktionstag ausgerufen.
Polizei und Justiz hingegen duerften sich davon wenig beeindrucken 
lassen. Im Gegenteil: Oberstleutnant Josef Boeck, der Leiter der Soko 
Tierschuetzer, verfasste bereits am Tag nach den Verhaftungen einen 
"Anfallsbericht", in dem es heisst: "Bei Recherchen in diversen 
Internetforen wurden am 22.5.2008 auf den Seiten 'at.indymedia.org' 
sowie 'no-racism.net' ... Missfallenskundgebungen festgestellt, welche 
der StA Wr. Neustadt zur strafrechtlichen Beurteilung zur Kenntnis 
gebracht werden".
-br- 
Laufende Aktionshinweise: http://at.indymedia.org/
 Sonstige Infos: http://antirep2008.lnxnt.org
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