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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 3. Juni 2008; 16:47
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Pensionen/Kommentar:
> Doch wieder politische Politik?
Die SPOe macht einen halben Rueckzieher beim "Anpassungsautomatismus" 
bei Pensionen. Hat sie erkannt, dass politische Entscheidungen wieder 
Politikern ueberlassen werden sollten oder agiert sie rein 
populistisch?
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Wenn selbsternannte Experten befinden, dass nicht mehr Geld genug da 
ist fuer die Pensionen, soll also weiterhin der Nationalrat 
entscheiden, was passiert. Das hat ueberraschend Bundeskanzler Alfred 
Gusenbauer (SPOe) befunden. Die OeVP schaeumt und ortet eine 
Fuehrungskrise innerhalb der SPOe. Immerhin habe Sozialminister Erwin 
Buchinger dem Pensionsautomatismus zugestimmt.
Soweit die tagespolitische Debatte, die tief in das Wesen der 
Innenpolitik blicken laesst. Die SPOe-Fuehrung ist zu weit gegangen 
mit dem Koalitionsfrieden und die OeVP hat sich von einem politischen 
Gestaltungswillen vordergruendig verabschiedet.
Die Hoehe kuenftiger Pensionen beziehungsweise das Alter, ab dem 
Menschen in Pension gehen koennen, sollte nach wenigen Jahren nicht 
mehr Gegenstand politischer Entscheidungen sein. sondern auf 
abstrakten mathematischen Formeln basieren. Das sah die Einigung der 
Koalitionspartner im Prinzip vor. Die Berechnungen der Experten werden 
als gottgegeben und unhinterfragbar hingenommen. Sollten, und das ist 
logisches Resultat der Einigung, weite Bevoelkerungsschichten im Alter 
(weiter) verarmen, ist das Ergebnis "objektiver" Kriterien und nicht 
eines bewussten Entscheidungsprozesses.
Das ist zynisch, dumm und falsch. Falsch und dumm insofern als so 
getan wird, als seien die Hoehe der Pensionen und ihre Finanzierung 
gegebene, unabaenderliche, Groessen. "Es gibt nicht genug Geld" (fuer 
alle), schreit die Politik in Zeiten, in denen das oesterreichische 
Bruttoinlandsprodukt nie genannte Groessen erreicht. Wohlhabende 
Schichten werden immer reicher und die werktaetigen Massen (und die, 
die vom Arbeitsprozess ausgeschlossen bleiben) werden immer aermer. 
Wenn eine Million Menschen in Oesterreich arm oder armutsgefaehrdet 
sind, und die "Pensionsreform" sicherstellt, dass diese Gruppe noch 
groesser wird, kann man diese Haltung nur als zynisch bezeichnen. Wer 
sagt, dass nicht neue Finanzierungsquellen herangezogen werden 
koennen? Richtig: Die Experten, samt und sonders Anhaenger 
reaktionaerer oekonomischer Denkrichtungen. Nebenbei wird so getan, 
als seien Pensionisten reine Kostenfaktoren. Bleibt die Frage: Wem 
nutzt das? Natuerlich den privaten Pensionsversicherungen, die mit der 
Angst vor der Altersarmut das grosse Geschaeft mit denen machen, die 
es sich gerade leisten koennen, ein wenig Geld zur Seite zu legen.
Die offizielle Politik ist dieser "Logik" erlegen und sitzt wie ein 
Karnickel vor der Schlange. "Die Pensionen sind nicht mehr 
finanzierbar" lautet das Mantra, das sie hypnotisiert hat. Die 
politische Klasse hat den Willen und die Intelligenz verloren, das zu 
aendern. Dass man die Qualifikation der Experten hinterfragen koennte, 
auf diese Idee kommt niemand. Auch nicht Alfred Gusenbauer. Obwohl er 
richtigerweise die Notbremse gezogen hat, hat er das aus den falschen 
Motiven heraus getan. Er fuerchtet sich vor der Parteibasis, nicht vor 
der drohenden Massenarmut. Im Grunde scheint auch er ueberzeugt, dass 
die Pensionen "nicht finanzierbar" sind. Die einzige Partei, die in 
diesem Zusammenhang politisch agiert, ist ironischerweise die OeVP. 
Sie ist ueberzeugt, dass das staatliche Pensionssystem ausgehoehlt 
gehoert. Und sie ist der Ueberzeugung, dass die Politik alles tun 
muss, um private Pensionsversicherungen zu foerdern (von denen ein 
guter Teil der Volkspartei nahe steht). Notfalls auch auf dem Ruecken 
der Bevoelkerung.
*Viktor Englisch*
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