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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 3. Juni 2008; 16:41
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Polizei/Justiz:
> Dabei sein ist alles
Hintergrundwissen zu § 278a StGB
Den inhaftierten TierrechtsaktivistInnen wird die Bildung einer 
kriminellen Organisation nach § 278a StGB vorgeworfen. Dieser 
Paragraph wurde urspruenglich 1993 gemeinsam mit dem § 165 StGB gegen 
Geldwaesche eingefuehrt, um bei der Bekaempfung der organisierte 
Kriminalitaet bereits die Mitgliedschaft in einer kriminellen 
Organisation unter Strafe zu stellen, ohne das von dieser kriminellen 
Organisation bzw. deren Mitgliedern bereits konkrete Taten begangen 
worden sind. Der Straftatbestand ist ein sogenanntes 
"Vorbereitungsdelikt", das heisst, dass der Tatbestand der kriminellen 
Organisation ein im Vorfeld zukuenftiger verbrecherischer Aktivitaeten 
liegendes Verhalten erfasst, das fuer sich alleine gesehen straflos 
waere.
Mehrere Voraussetzungen muessen gleichzeitig vorliegen, um den 
Tatbestand der kriminellen Organisation zu erfuellen; im weiteren 
folgen nun Erlaeuterungen zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen.
Die kriminelle Organisation muss auf laengere Zeit angelegt sein, das 
heisst auf unbestimmte Zeit oder mindestens auf mehrere Wochen. Die 
Judikatur spricht konkret von ca. 3 Monaten. Weiters muss der 
Zusammenschluss "unternehmensaehnlich" aufgebaut sein, was sich 
zusammenfassend erklaeren laesst mit dem Vorliegen von Arbeitsteilung 
(zB. Planung und Ausfuehrung), hierarchischem Aufbau 
(Weisungsbefugnisse bzw -gebundenheit), und einer bestimmten 
vorhandenen Infrastruktur (zB. Organisationsvermoegen). Eine groessere 
Anzahl von Personen ist als weiteres Merkmal einer kriminellen 
Organisation erforderlich -- hier hat die Rechtsprechung einen 
Richtwert von zehn Personen entwickelt. Eine kriminelle Organisation 
benoetigt natuerlich auch eine Zielsetzung - die strafrechtlichen 
Moeglichkeiten diesbezueglich finden sich im den Ziffern 1 bis 3. 
Jeweils eine Alternative aus jeder einzelnen Ziffer muss gemeinsam 
vorliegen, damit der Tatbestand erfuellt ist. Die Gesetzgebung hatte 
bei der Einfuehrung des Delikts der kriminellen Organisation klare 
Vorstellungen, welche Bereiche der organisierten Kriminalitaet damit 
poenalisiert werden sollen, weswegen im Absatz zur Ziffer 1 des § 278a 
StGB zB. Suchtmittelhandel, Schlepperei oder Waffenhandel dezidiert 
erwaehnt werden. Geschuetzte Rechtsgueter sind jedenfalls Leib, Leben, 
Gesundheit oder Eigentum -- die kriminelle Organisation muss es sich 
zum Ziel gesetzt haben wiederkehrend und geplant schwerwiegende 
strafbare Handlungen gegen diese Rechtsgueter zu begehen.
Die Ziffer 2 behandelt das Streben der kriminellen Organisation nach 
massiven finanziellen Vorteilen oder einem grossen Einfluss auf 
Politik oder Wirtschaft -- dieser angestrebter Einfluss muss ein 
erheblicher sein, das bedeutet, dass grundsaetzliche Entscheidungen 
politisch oder wirtschaftlich Verantwortlicher dadurch massiv 
beeinflusst werden sollen. Die Beeinflussung einzelner Unternehmen ist 
nicht ausreichend -- der angestrebte Einfluss bezieht sich auf 
Wirtschaft oder Politik als Ganzes.
Die Abschirmung gegen Strafverfolgungsmassnamen oder alternativ die 
Bestechung und Einschuechterung anderer sind die Strafbestandsmerkmale 
der Ziffer 3. Was genau unter Abschirmung gegen 
Strafverfolgungsmassnahmen zu verstehen ist, wurde von Lehre und 
Rechtsprechung entwickelt. Es muessen jedenfalls Mittel sein, die zum 
Schutz der kriminellen Organisation vor Strafverfolgung gegen die 
Behoerden ergriffen werden und ueber die ohnedies ueblichen 
Vorsichtsmassnamen bei der Verwirklichung verbrecherischer Vorhaben 
hinausgehen, wie z.B. die Gruendung von Scheinfirmen zu Tarnzwecken, 
der haeufige Wechsel von Wertkartenhandys, Verwendung von Codes bei 
der internen Kommunikation, die Anmietung von konspirativen Wohnungen 
oder andere Strategien, die die Strafverfolgung erschweren oder 
unmoeglich machen sollen. Es gibt aber auch abweichende Lehrmeinungen, 
die im haeufigen Wechsel von Wertkartenhandys und dem Verwenden von 
Codewoertern noch keine Abschirmung in besonderer Weise sehen
Diese erwaehnten Merkmale einer kriminellen Organisation nach § 278a 
StGB sind dann erfuellt, wenn eine solche Organisation gegruendet wird 
oder wenn sich wer an einer solchen als Mitglied beteiligt. Das Delikt 
benoetigt als weiteres Element Vorsatz hinsichtlich aller 
Organisationsmerkmale.
Das alles klingt nicht neu, sondern wohl bekannt. Alle, die sich mit 
dem deutschen §129a StGB -- der Bildung einer terroristischen 
Vereinigung -- auseinandergesetzt haben, kennen die konstruierten 
Vorwuerfe im Kontext der Kriminalisierung linker Strukturen - 
unabhaengig von Tierrechten, antifaschistischen Aktionen oder 
G8-Mobilisierungen, die offenbar einzig und allein dazu dienen, 
mittels der Delikte der terroristischen Vereinigung dem Staat Einblick 
in linke Gruppierungen bzw. Arbeit zu ermoeglichen. Ganz allgemein 
fuehren in Deutschland nur 1% der eingeleiteten Strafverfahren wegen 
der Bildung einer terroristischen Vereinigung zu tatsaechlichen 
Verurteilungen.
(Rechtshilfe/gek.)
Volltext: http://at.indymedia.org/node/10412
Kontakt: antirep2008{AT}gmx.at
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