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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. Mai 2008; 15:00
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Wien/Kultur/Kommentar:
> Denkmaeler sind einfacher
*Aussendung des Teams des Juedischen Filmfestivals*
Im Wilden Westen galt damals: "Nur ein toter Indianer ist ein guter 
Indianer!" Heute muss man leider feststellen, dass es einfacher ist, 
Kolloquien und Denkmaeler ueber die verschwundene juedische Praesenz 
zu organisieren, als die lebende juedische Kultur zu foerdern.
Seit 17 Jahren existiert nun ein Juedisches Filmfestival in Wien, 
frueher auch als Juedische Filmwoche bekannt. Seit 1991 und in der 
Folge 14 Mal wurde es von uns organisiert. Jaehrliche muehsame 
Verhandlungen mit Vertretern der oeffentlichen Hand waren gepaart mit 
deren Erwartung, dass wir uns und andere freiwillig ausbeuten lassen. 
Nur werden wir als ehrenamtliche Veranstalter von eben dieser 
oeffentlichen Hand verpflichtet, die Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB) bei der Gebarung des gefoerderten 
Festivals walten zu lassen. Dies bedeutet u. a. - und hier stimmen wir 
vollinhaltlich zu - dass wir nicht nur wirtschaftlich, sparsam und in 
zweckmaessiger Weise handeln, aber uns auch selbstverstaendlich an 
alle gesetzlichen Vorlagen und Reglementierungen strikt halten 
muessen; so z.B. die Kollektivvertraege, die Zollvorschreibungen, die
Sozialversicherungsanmeldepflichten, die Unterlassung von 
Schwarzarbeit und Schwarzplakatierug etc., etc.
Weiters erwartet die oeffentliche Hand, um die Gesamtfinanzierung 
sicher zu stellen, dass wir zur Finanzierung auch Sponsoren suchen. 
Und wir haben auch einige wenige Sponsoren gewinnen koennen. Aber die 
grossen, traditionellen Sponsoren wie Banken, Versicherungen, 
Fluglinien, Hotelketten, die an einer Partnerschaft mit der 
Filmwirtschaft interessiert sind, foerdern lieber die den 
Mainstream-Film huldigenden Grossveranstaltungen. So ernteten wir 
diverse Briefe, die alle - loebliche Ausnahmen waren jedoch die 
Vereinigung der Filmschaffenden und der Mobilfunkbetreiber A1 - mit 
dem Resuemee endeten: ...es tut uns leid, aber wir haben schon alles 
der Viennale gegeben ...
Juedische Filmen sind fuer manche gefaehrlich, es ist schon schwierig, 
solche Filme zu definieren. Fuer uns galt und gilt folgende 
Definition: Filme sind fuer uns juedisch, wenn sie sich mit juedischen 
Schicksalen und Lebenswelten beschaeftigen. Ob nun die Menschen, die 
vor oder hinter der Kamera agierten, Juden waren oder sind, hat fuer 
unsere Programmierung keine Bedeutung. Bedeutung hat vielmehr die 
Rolle unseres Festivals: Wir wollen sowohl mit dokumentarischen als 
auch mit Spiel- oder Experimentalfilmen den Dialog foerdern, denn nur
wenn miteinander kommuniziert wird, werden Konflikte beherrschbar 
werden. Voraussetzung hierfuer ist jedoch, dass man sich die Filme 
ansieht, bevor man darueber redet! Leider war dies nicht immer der 
Fall, so erinnern wir uns schmerzlichst daran, wie wir selbst von 
juedischer Seite angegriffen wurden, weil wir Filme zeigten, in denen 
PalaestinenserInnen als Menschen dargestellt wurden. Filme sind 
lebendig, so sind sie auch Spiegelbilder der Gesellschaften, wo sie 
gedreht sind, sei es in Europa, in Israel, Palaestina oder woanders.
Jetzt sind nicht nur das Juedische Filmfestival 2008, sondern auch die 
Weiterfuehrung unserer Bemuehungen in ernster Gefahr. Bis heute 
konnten wir keine Finanzierung aufstellen, die annaehernd die 
geforderte Sorgfallt fuer eine professionelle Veranstaltungsplanung 
und Durchfuehrung ermoeglicht.
Dieser Brief richtet sich an alle, die unser Juedisches Filmfestival 
als ein Zeichen lebendiger juedischer Kultur wahrnehmen und sich mit 
der von uns definierten Rolle der Veranstaltungsreihe identifizieren. 
Wir ersuchen Sie, die Ihnen bekannten Entscheidungstraeger aus Kultur, 
Wirtschaft und Medien zu erinnern, das es gerade die Politik war, die 
das Juedische Filmfestival Wien wiederholt und oeffentlich als 
unverzichtbarer Fixpunkt im Wiener Kulturkalender deklarierten.
Es ist offensichtlich einfacher, ein Denkmal zu bauen. So sagen Sie 
bitte Ihren Ansprechspartnern, dass, wenn heuer keine adaequate 
Finanzierung aufzustellen ist, wir vielleicht daran denken werden 
muessen, dem Juedischen Filmfestival ein Denkmal zu konzipieren, wo 
stehen koennte: 
IN DIESER STADT GAB ES VON 1991 BIS 2007 EIN 
JUeDISCHES FILMFESTIVAL, 2008 HAT IHM DIE 
OeFFENTLICHE HAND EIN ENDE GESETZT. 
ES WAR DAS JUeDISCHE FILMFESTIVAL, DAS IN 
EUROPA AM LAeNGSTEN BESTAND...
(gek.)
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