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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Mai 2008; 18:58
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Glosse:

> Keine Gedenkmuenze fuer Max Reinhardt

Im TV aeusserte sich Publikumsliebling Lizzy Engstler kuerzlich launig
ueber Herbert von Karajan ("wir" haben ja ein Karajan-Jahr) und Max
Reinhardt. Dieser soll mal ueber Karajan gesagt haben: "Aus dem wird
nie etwas!" Lizzy Engstler: "So kann man sich taeuschen. Von Max
Reinhardt gibt's keine 5-Euro-Gedenkmuenze." Stimmt: Karajan, der in
der NS-Zeit Karriere machte, bekam eine Gedenkmuenze - Max Reinhardt,
bekanntlich einer der Gruender der Salzburger Festspiele - die viel
spaeter Karajan praktisch zu "seinen" Festspielen machte -, der 1938
"sein" Schloss Leopoldskron "verlor", in die USA floh und dort 1943,
vor 65 Jahren also, starb, nicht.

Die NS-Kulturpolitik war ja ganz wesentlich von dem Gegensatz gepraegt
zwischen den Personen, die damals Karriere machten, und denjenigen,
denen die Karrieristen sehr viel von ihrem Erfolg zu verdanken hatten:
die einen, die die Karriere machten, waren "Arier" - so wie etwa
Richard Strauss und Franz Lehar; die anderen, ihre Saenger und
Librettisten waren - Juden.

Ueber Lehar heisst es in einer Richard-Tauber-Biografie: Ganz ohne
Lehar ging die saubere Nazi-Chose nicht; weil der sich bei jeder
Gelegenheit dem System anbiederte, sozusagen brav Maennchen machte und
Pfoetchen gab, konnte man ihn mitlaufen lassen.

Ganz anders erging es seinem Saenger und Librettisten: Richard Tauber
starb im Exil, Paul Abraham in New York in einer Nervenheilanstalt,
Fritz Gruenbaum und Fritz Loehner-Beda im Konzentrations- und
Vernichtungslagern; zuvor schrieb Loehner-Beda, von dem das Lied "Dein
ist mein ganzes Herz" aus Lehars "Land des Laechelns" stammt, noch das
"Buchenwaldlied".

Wie gesagt: der eine grosse Tenor der damaligen Zeit, Richard Tauber,
starb im Londoner Exil. 1933, bevor er Deutschland verliess, wurde er
dort brutal von Nazis verpruegelt; 1938 musste er dann auch
Oesterreich verlassen. Der andere grosse Tenor dieser Zeit (gross an
Stimme, klein an koerperlicher Gestalt) war Josef Schmidt. Tauber war
Halbjude, Schmidt Jude - er starb 1942 in einem Schweizer
Internierungslager.

Uebrigens waren die Salzburger Festspiele zwar ein sehr markantes,
aber keineswegs das einzige Beispiel dafuer, dass die Nazis
Kulturpolitik fuer ihre Zwecke instrumentalisierten. Und waehrend der
ganzen Anschluss-Zeit, auch schon davor und dann noch bis 1947 liess
sich Attila Hoerbiger als "Jedermann" von den Salzburgern bejubeln
("Jedermann" stammt ja von dem Juden Hugo von Hofmannsthal, der der
Librettist der meisten Opern eines anderen Karrieristen, Richard
Strauss, war) - waehrend seine Frau Paula Wessely u.a. in
NS-Propagandafilmen reuessierte. Aber ueber die Familie
Hoerbiger-Wessely hat sich Elfriede Jelinek besser und pointierter
geaeussert als ich dies koennte. Apropos Propagandafilme: Im
Amsterdamer Verzetsmuseum, das Museum des Widerstandes gegen die
Nazis, wird u.a. dargestellt, wie intelligent und engagiert etliche
Niederlaender gegen Propagandafilme protestierten: mit Ansteckern, die
im Wesentlichen "Ich gehe nicht in Nazi-Filme" besagten. Kurz: mit
ihrem Sager ueber Karajan und Max Reinhardt hat Lizzi Engstler, ohne
es zu beabsichtigen, an diejenigen erinnert, die damals erfolgreich
waren, weil sie sich den Nazis anbiederten - und an diejenigen, die
damals ihre Heimat, ihre Freiheit - und in vielen Faellen in
Konzentrations und Vernichtungslagern ihr Leben verloren!
*Gerhard Lehner*


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