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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Mai 2008; 18:37
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International/Oesterreich/Debatte:
> Walter Baier oder: Wie ich lernte, die Bombe zu stoppen
Zwischen KPOe und LSR ist eine heftige Debatte ueber den Iran 
entstanden, die auch fuer weitere Teile der Linken interessant sein 
koennte.
Die im vorstehenden Artikel ueber die Gaza-Veranstaltung angesprochene 
Eventual-Forderung nach einem Nuklearangriff auf den Iran fiel Anfang 
Mai in einer Diskussion auf der Uni Wien, wie im "Standard" vom 5.Mai 
berichtet wurde. Dieser zitierte den israelischen Historiker Benny 
Morris, der ueber die von ihm angenommene Notwendigkeit eines 
Praeventivschlags gegen den Iran meinte, dieser muesste gefuehrt 
werden: "Mit konventionellen Waffen. Und wenn das nicht reicht, dann 
mit unkonventionellen." Diese Andeutung konnte man nur verstehen, wie 
es auch der Standard-Autor ausdeutschte: "Ein atomarer 
Praeventivschlag also."
Die Diskussion fand statt im Rahmen der Konferenz "Die iranische 
Bedrohung. Die Islamische Republik, Israels Existenzkampf und die 
europaeischen Reaktionen" , ausgerichtet von der "Stop the 
Bomb-Kampagne".
Diese Kampagne, die mit "the bomb" prinzipiell nur das angebliche oder 
tatsaechliche Atomwaffenprogramm des Irans meint, hatte auch der 
vormalige KPOe-Chef Walter Baier unterstuetzt, der deswegen auch schon 
heftig angegriffen worden war, da er damit Kriegstreiberei 
unterstuetze. Bislang hatte Baier sich zu den Vorwuerfen oeffentlich 
kaum geaeussert, nach dem zitierten Bericht fuehlte er sich aber 
genoetigt, doch mittels Leserbrief an den Standard zu antworten. Dort 
schrieb er, er hoffe, dass bei obgenannter Veranstaltung dem doch 
widersprochen worden sei und dass er keinen Krieg wolle, sondern auf 
die "Verstaerkung des oekonomischen und politischen Drucks" auf den 
Iran hoffe, da dies "die einzige akzeptable Option fuer die 
Durchsetzung der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen" sei.
Die "Liga der Sozialistischen Revolution" (LSR, vormals 
ArbeiterInnen-Standpunkt) haelt das eher fuer naiv und wird recht 
ausfaellig: "Wenn Walter Baier tatsaechlich annimmt, dass die 
antinationalen Kriegstreiber Grigat, Hartmann & Co. gegen das 
Kriegstreiben des Benny Morris protestieren wuerden, dann ist er 
entweder ein hoffnungsloser Dummkopf oder ein Luegner. In Wirklichkeit 
versucht Baier jetzt, wo sich Empoerung ueber STOP THE BOMB breit 
macht und sich sogar der STANDARD - bislang eine Hochburg der 
Antinationalen - von diesen abwendet, von den Hoersaal-Militaristen zu 
distanzieren."
Daraufhin meinte Baier pikiert in einem weiterem Statement: "Der von 
der LSR gepostete Text stellt keine Kritik, sondern eine Denunziation 
dar. Sein Ziel ist nicht Debatte, sondern Ausgrenzung."
Didi Zach versuchte dazu als Landessprecher der KPOe Wien Schaden von 
der Partei abzuwenden: "Die KPOe braucht sich nicht -- weder 
oeffentlich noch sonstwie -- von der STOP THE BOMB-Kampagne zu 
distanzieren, weil die KPOe diese Kampagne nie unterstuetzt hat." Und: 
"Die KPOe -- dies ist im Statut verbuergt und politische Praxis 
unserer Partei -- versteht sich nicht als monolithischer Block, wo 
alle 'eine Meinung haben muessen' und 'nur sagen duerfen', was ein 
Parteitag oder der Bundesvorstand beschlossen hat. Dazu stehen wir --  
dies ist eine Schlussfolgerung aus unseren eigenen historischen Erfahrungen."
Daraufhin forderte die LSR in einem Offenen Brief Walter Baier und die 
KPOe auf, gemeinsam mit dem LSR eine Diskussionsveranstaltung zu 
lancieren, um die Position der Linken zum Iran zu debattieren. Diese 
sollte sobald als moeglich stattfinden.
Man wird sehen. Eine Iran-Debatte im Stil der Israel-Debatte braucht 
die Linke nicht unbedingt. Ernsthafte Gespraeche zu diesem heiklen 
Thema waeren aber sehr willkommen.
*Bernhard Redl*
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