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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Mai 2008; 18:57
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Glosse:
> Bahnfahren 2008
Was waren das fuer Zeiten! Ja, ich weiss, das Gejammer, das frueher
alles besser war, ist eine Alterserscheinung. Nein, frueher war nicht
alles besser. Aber Bahnfahren, das war besser. Sicher, heute sind die
Zuege doch etwas schneller und sie sollen noch schneller werden.
Zumindest auf den Hauptverkehrsrouten. Aber ist Schnelligkeit alles?
Natuerlich, auch frueher gab es bisweilen ueberfuellte Zuege. Aber
darum geht es mir nicht. Mein Thema ist: Frueher war es angenehmer,
mit der Bahn zu fahren. Ein Beispiel: Man konnte die Fenster aufmachen
und sich den Wind um die Nase wehen lassen, die Sonne auf der Haut
spueren oder einfach nur am Bahnhof zum Abschied Winke-Winke machen --
ohne bloede Scheibe dazwischen. Die meisten Abteile hatten damals
Sitze, die man sogar soweit umlegen konnte, dass man das ganze Abteil
in ein Matratzenlager verwandeln konnte -- schlafen, bequemer als im
Schlafwagen war, sofern der Zug nicht so voll war, problemlos
moeglich. Und man durfte rauchen, konnte den Woelkchen nachsehen und
stundenlang der Kontemplation anhaengen.
Es war viel billiger als Fliegen. Und im Urlaub auch viel
genussvoller, denn weil die Zuege weitaus gemuetlicher waren, war die
lange Zeit im Zug, selbst wenn man von Wien nach Madrid fuhr, auch
kein grosses Drama.
Heute sind unsere Fernzuege weitgehend Glassaerge. Es herrscht
Rauchverbot, das nach orwellscher Manier "Rauchfreiheit" heisst, die
Fenster sind wie zugenagelt, es regiert die Einheitsluft der
Aircondition und das Innere der Waggons ist gestaltet wie ein
Grossraumbuero. Tatsaechlich ist da kaum mehr ein Unterschied zu
erkennen, sitzen die meisten Menschen mittlerweile hier doch auch vor
ihren Computern oder telefonieren -- kein Wunder, selbst wenn man
nicht arbeiten muss, ist das Fluechten in die Welt elektronischer
Ablenkung doch nur mehr eines der wenigen Dinge, die einem das
Zugfahren ertraeglich macht. Schliesslich traut man sich ja oft nicht
einmal mehr etwas zu essen, weil man Angst hat, man koennte der
Sterilitaet dieses Raumes irgendetwas Boeses antun. Und unterhalten
wollen sich fremde Menschen im Zug nur mehr sehr selten. Die alten
Abteile hatten etwas Heimeliges, fast wie Kaffeehaeuser, wo man doch
recht rasch ins Gespraech kam, die modernen Waggons hingegen sind so
gemuetlich wie ein McDonalds.
Die Zeiten werden ungemuetlicher. Die Eisenbahn ist dafuer nur ein
Beispiel.
*Bernhard Redl*
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