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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. April 2008; 19:50
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Glosse/Tibet:
> Asymmetrischer Medienkrieg
Warum man nicht alles glauben darf, was man aus China hoert
Fuer Tibet gehen in Europa Zehntausende auf die Strasse. In Paris etwa
muss die Olympische Fackel von der Polizei geschuetzt werden, die
Beamten werden von der wuetenden Menge attackiert, in Wien kampieren
"Free Tibet"-Aktivisten vor der chinesischen Botschaft (aber nur am
Vormittag). In anderen Erdteilen sieht es nicht anders aus.
Fernsehbilder haben sie wachgeruettelt, Zeitungsartikel,
Internetcommunities. Tibet befreien zu wollen ist in, auch wenn es
waehrend der Demo regnet, und der Dalai Lama ist der Superstar der
Befreier. Ueberall tauchen tibetische Moenche auf (woher die alle
kommen, fragt man sich), auch an tibetischen Fahnen kommt man dieser
Tage kaum vorbei, zumindest wenn man in urbaneren Gebieten lebt. Die
Weltpolitik diskutiert ueber Tibet, von Sanktionen ist die Rede, dann
wieder nicht. Politiker wollen nicht zur Olympia-Eroeffnungsfeier nach
Beijing reisen, andere wollen schon, aber sie lassen verlauten, dass
sie dort die Menschenrechte ansprechen werden. Kurzum, Tibet ist seit
Wochen DAS Thema der Weltpolitik.
Die tibetische Propagandamaschinerie laeuft wie geschmiert. Die
chinesische Regierung hilft nach Kraeften mit, indem sie meistens -
nichts sagt. Wer kann schon behaupten, zu wissen, was wirklich in
Tibet und den angrenzenden autonomen Provinzen passiert? Niemand.
Welcher Europaeer versteht den chinesischen Beissreflex gegenueber
separatistischen Bewegungen? Niemand. Die chinesische Regierung hat
sich im Krieg der Medien als unfaehig erwiesen, den breiten Massen der
Weltoeffentlichkeit irgendetwas zu kommunizieren. Ein fataler Fehler.
Die von westlichen Medien offenbar als besonders glaubwuerdig
erachteten Informationen von Exiltibetern legen nahe, dass die Provinz
nach Schiessorgien des chinesischen Militaers halb entvoelkert ist und
die Nachbarregionen gleich dazu. Tibetische Kloester duerften
demzufolge auch nicht mehr allzuviele stehen, abgesehen davon, dass
offenbar alle Moenche, derer man habhaft werden konnte, verhaftet
wurden. So die Angaben von Tibetern, die sich auf Tibeter stuetzen,
die irgendwen kennen, der einmal dort war, der wiederum mit einem, der
wirklich dort ist, auf einer staendig zusammenbrechenden Handyleitung
telefoniert hat. Das nennt man auch Stille Post, aber das kommt im
Westen gut an. China ist (theoretisch) ein kommunistisches Land und
man weiss ja, wie die sind. Aus China hoert man so gut wie nichts.
Dass es Tibeter waren, von denen die Gewalt ausging, die chinesische
Geschaeftsstrassen in Brand setzten, erfaehrt man nur, wenn man
Qualitaetsmedien konsumiert. Dass Tibeter Polizei und Militaer
angriffen, zum Teil mit Waffen, erfaehrt man auch so gut wie nicht.
Ja, die ach so friedliebenden und staendig in Meditation begriffenen
Tibeter haben bewaffnete Banden gebildet, die pluendernd durch
Nordchina ziehen. Dargestellt wird es anders - so wie 1999 im Kosovo.
Gefoerdert wird diese sehr verzerrte Wahrnehmung durch das positive
Bild des Dalai Lama im Westen. Der Theokrat hat es verstanden, sich
als eine Art Friedensengel zu positionieren, der sein unterdruecktes
Volk per gewaltlosem Widerstand quasi in Freiheit beten will. Nur, wer
hat ihn legitimiert? Gewaehlt wurde er nie, er ist Priesterkoenig
einer bestenfalls mittelalterlichen Gesellschaft. Er hat erfolgreich
verhindert, dass irgendeine andere, vielleicht laizistische,
Identifikationsfigur aufgebaut wird.
Der Mann ist ein "Wolf in Moenchsrobe", wie es die chinesische
Regierung etwas blumig ausdrueckte. Er will nichts anderes, als das
tibetische Volk zurueck unter die Knute der Lamas zwingen, unter der
sie bis zum chinesischen Einmarsch standen. Dass diese Macht gebrochen
wurde, ist nur zu begruessen. Was nicht heisst, dass auch die
chinesischen Verbrechen in Tibet zu begruessen waeren. Sie sind zu
verurteilen. Und natuerlich muss gesagt werden, dass es der
chinesischen Regierung um Land und um strategische Positionen ging
(und darum, Konterrevolutionaeren ein potentielles Rueckzugs- und
Aufmarschgebiet zu nehmen) und nicht nur darum, die Tibeter zu
befreien.
Will die chinesische Regierung die Proteste im Westen eindaemmen,
nutzen Appelle nicht. Die Tibeter haben es geschafft, die Geschichte
emotional zu besetzen. Mit einem Befreiungskampf gegen einen brutalen
Unterdruecker kann sich jeder identifizieren. Die chinesische
Regierung haette durch offene Information sicherstellen muessen, dass
dieses Bild nie entstehen kann. Sie haette von Anfang an klarmachen
muessen, dass es darum ging, gewaltsame Aufstaende niederzuschlagen.
Sie haette westliche Journalisten zu den Opfern dieser Aufstaende
bringen muessen, statt sie aus dem Land zu weisen. Dieses Geschaeft
haben die Tibeter besorgt, die jedes Opfer dieses Konflikts und jedes
brennende Haus zu ihren Gunsten umgedeutet haben. Die chinesische
Nicht-Information hat Misstrauen geweckt. Umgekehrt ist die
chinesische Informationspolitik Produkt tiefsten Misstrauens
gegenueber dem Westen. Man wollte auf jeden Fall vermeiden, dass
westliche Medien den Aufmarsch chinesischer Truppen zeigen koennen.
Diese Bilder waeren, so ist man in Beijing ueberzeugt, antichinesisch
gedeutet worden. Moeglich. Sicher ist, dass die Nichtexistenz
chinesischer Informationen genau das Bild im Westen hat entstehen
lassen, vor dem die chinesische Regierung Angst hatte. Und die sieht
sich in ihrer Angst bestaetigt. Nur, z' Tod g'fiacht ist a g'stuam.
*Viktor Englisch*
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