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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. April 2008; 19:52
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Debatte/Parteiprojekt:
> Eine Partei, eine Partei, eine Partei!
Es waere keine gute Idee, das Projekt einer neuen Linkspartei in
Oesterreich in der derzeitigen Situation anzugehen
Ja, es war natuerlich sehr erfreulich, dass sich die Linkspartei
(trotz aller Widersprueche und vieler Kritikpunkte) in Deutschland
etabliert hat. Und ebenso natuerlich kann man da auf die Idee kommen,
so etwas koennte auch bei uns existieren. Die Neuwahlgeruechte der
letzten Wochen haben das ihrige dazu getan, dass seit kurzem wieder
das "Und gibt es keine Kampfparteien, dann muessen wir sie
gruenden!"-Fieber grassiert -- der in dieser akin abgedruckte Text ist
nur einer von vielen. Doch seit Jahren schon geistert die Idee einer
eigenen neuen Partei durch die Koepfe vieler Linken, herausgekommen
sind bislang allerdings zumeist nur Kooperationen mit der KPOe, die
keinerlei Erfolg zeitigten; schon allein deswegen, weil sie in der
Oeffentlichkeit nur als KPOe unter neuen Namen wahrgenommen wurden.
Aber was will man mit einer solchen Partei? Als Koalitionspartner sich
anzubieten ist ja wohl erstens illusorisch und wuerde zweitens die
Partei auch gleich wieder kaputtmachen. Bleibt nur die Rolle als
oeffentliche Anklaegerin des Kapitalismus im Parlament und damit als
Transmissionsriemen fuer eine linke Bewegung.
Dies hiesse aber den Schwanz mit dem Hund wedeln zu lassen, denn
politische Parteien saugen soziale Bewegungen auf und
instrumentalisieren sie, wie man leidvoll mit den Gruenen erfahren
musste.
Dennoch waere ein solches Standbein im Parlament als Teil einer
starken Bewegung zumindest ueberlegenswert -- die ersten paar Jahre,
bevor diese Partei durch Systemumarmung korrumpiert wird, kann eine
solche Partei durchaus sinnvoll sein -- denn umgekehrt hatten die
Gruenen, oder besser: die "Gruenalternativen" zu Anfang sehr wohl ihre
Meriten, als sie so etwas wie "frischen Wind" in den innenpolitischen
Alltag brachten und das parlamentarische business as usual doch ein
wenig stoerten.
Aber: Hinter den Gruenen stand damals noch eine Bewegung, die, wenn
auch sehr heterogen, ohne viel Anstrengung die Partei einfach ins
Parlament schwemmte. Nur: Wo gibt es in Oesterreich derzeit eine
Bewegung, die dazu in der Lage waere?
In Oesterreich eine neue Partei zu etablieren ist ungemein
schwierig -- das haengt mit der doch recht hohen Huerde fuer den
Einzug ins Parlament zusammen, wodurch die Waehler eine Stimme fuer
eine Neukandidatur genauso wie fuer die KPOe als "verlorene Stimme"
ansehen, aber auch mit einer Medienlandschaft, fuer die neue Parteien
hoechstens als Stoff fuer die Rubrik "politische Kuriosa" tauglich
sind.
Dennoch konnten sich in der Geschichte der Zweiten Republik bisweilen
neue Parteien etablieren -- allerdings immer nur unter Ausnutzung
besonders guenstiger aktueller Parameter. Die erste Partei, der das
gelang, war der VdU (die spaetere FPOe), die sich, obwohl sich
eigentlich in der Tradition der Liberalen resp. Grossdeutschen sehend,
zum Sammelbecken fuer die 1949 erstmals wieder wahlberechtigten
"minderbelasteten" Nazis entwickeln konnte.
Das war es aber schon an Neuerungen im Nationalrat fuer 37 Jahre. Die
Gruenen kamen 1986 ins Parlament -- ohne eine maechtige Oekobewegung
samt dem Finale von Hainburg (wo die Kronen-Zeitung heftig mithalf)
waere das unmoeglich gewesen.
Es folgte das Liberale Forum. Dieses konnte sich allerdings nur
dadurch etablieren, dass es im Nationalrat selbst gegruendet worden,
also ohne Wahl ploetzlich ein Faktor im Nationalrat und damit in der
oesterreichischen Oeffentlichkeit war. Dadurch, dass das LiF aber so
ziemlich auf den selben politischen Weiden wie die Gruenen graste,
wurde der Raum zu eng fuer zwei Parteien, die Neulinge verschwanden
wieder aus dem Parlament und in Folge auch aus fast allen anderen
allgemeinen Vertretungskoerpern, in die sie nur wegen ihrer
Bundespraesenz gekommen waren.
Aehnliches gilt fuer das BZOe -- dessen Abgeordnete waren wie beim LiF
als FPOe-Abgeordnete gewaehlt worden. Die BZOeler waren sogar ab ovo
in Regierungsverantwortung eingebunden. Dazu kam ihr Status als
Landeshauptmannpartei und damit auch die Nutzbarkeit der
Anti-Wasserkopf-Haltung der Kaerntner.
Daneben sind bezueglich neuer Parteien nur noch zwei Phaenomene zu
nennen: Zum einen Hans Peter Martins Kandidatur fuer das
Europaparlament, die auf Anhieb gelang -- fuer den richtigen Anschub
hatte da ebenfalls die Kronen-Zeitung gesorgt. Zum anderen der Einzug
der KPOe in den steirischen Landtag. Dieser war zwar auf den ersten
Blick erstaunlich, doch ein Blick zurueck macht auch das
verstaendlich: Die Grazer KPOe ist seit 1945 im Grazer Gemeinderat
vertreten gewesen, hatte also bereits eine Basis, die vom politischen
Ausnahmetalent Kaltenegger ausgeweitet werden konnte. Mit dieser
Prominenz der Grazer Erfolge und dem Umstieg Kalteneggers in die
Landespolitik waren bei der Landtagswahl weder der Faktor einer
mangelnden Bekanntheit noch die Angst vor der Abgabe einer "verlorenen
Stimme" gegeben -- die Unzufriedenheit liess sich also in die Kanaele
der Partei leiten.
Welche dieser Moeglichkeiten koennte eine neue oesterreichische
Linkspartei nutzen? Sie hat keine etablierten politischen Stimmen wie
Kaltenegger oder Lafontaine aufzuweisen. Sie kann nicht auf alten,
regional starken Parteien wie der PDS oder der ehemaligen Kaerntner
FPOe aufbauen. Sie kann keine publizistische Unterstuetzung durch den
Boulevard erhoffen. Abspaltungen innerhalb des Nationalrats oder
zumindest von starken politischen Gruppen von SPOe oder Gruenen sind
derzeit nicht absehbar. Und eine breite Bewegung, die eine Partei
einfach so ins Parlament tragen koennte, ist ebenfalls nicht
vorhanden.
Was bleibt, ist eine ahistorsche Sehnsucht, auch einmal am Runden
Tisch mit den Etablierten sitzen und vor dem versammelten
Fernsehpublikum den Bundeskanzler beschimpfen zu duerfen.
Nun koennte man ja sagen, schoen, versucht es doch, wenn es euch Spass
macht! Schaden kann es ja nicht. Nur: Durch ein solches Projekt wuerde
wieder enorm viel an politischer Kapazitaet aufgebraucht, die wir
anders viel besser nuetzen koennten. Und nachher kommt wieder die
Frustration, der politische Kater, der auch nicht gerade dazu angetan
ist, Menschen fuer den politischen Kampf zu motivieren.
Das Projekt einer neuen linken Partei kann in ein paar Monaten
vielleicht aktuell sein. Vielleicht ergibt sich nach immer noch
moeglichen baldigen Neuwahlen wirklich eine derartige Wut in der SPOe,
dass ein paar Abgeordnete sagen: "Jetzt reichts!" -- unwahrscheinlich,
aber nicht unmoeglich. Auch ein Zerreissen der Gruenen bei einer
Koalition mit der OeVP ist nicht voellig undenkbar. Aus solchen
Bruchstuecken liesse sich etwas machen. Aber im Moment waere ein
solches Projekt nur vergebene Liebesmueh.
Egal aber, ob sich fuer ein solches Projekt eine historische Chance
ergibt oder nicht: Was wir brauchen, ist Arbeit von unten. Die ist
zwar auch frustrierend, weil die sichtbaren Erfolge nicht gerade
berauschend sind, aber wenn wir Druck ausueben wollen, ist das immer
noch effektiver, als krampfhaft einer Beteiligung an einem politischen
System nachzuhecheln, das man im Grunde seines Herzens ja sowieso
nicht fuer erhaltenswert haelt. Am Krankenbett des Kapitalismus stehen
wirklich schon genuegend Leute herum.
*Bernhard Redl*
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