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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. April 2008; 19:24
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Arbeit:
> Wenn ein Job nicht reicht
271.000 Menschen in Oesterreich arbeiten geringfuegig - oft mehrfach
"Mit Medien will ich nichts zu tun haben. Sonst verlier ich meinen
Job". Barbara D. (Name von der Redaktion geaendert) hoert man die
Vorsicht an. Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, scheint fuer
die Mittdreissigerin aus Niederoesterreich nicht unbegruendet zu sein.
Fuer ihren Arbeitgeber, einen Hausreinigungsunternehmer aus der
Region, scheint das Arbeitsrecht eine unverbindliche Empfehlung zu
sein. "Ich bin fuenfmal geringfuegig bei meinem Chef gemeldet",
erzaehlt sie. Nicht legal, heisst es auf Nachfrage bei der
Arbeiterkammer. "Ich muss fuenf Gebaeude reinigen, und die muessen
jeweils extra abgerechnet werden. Deshalb bin ich nur geringfuegig
gemeldet", erzaehlt D. Draussen fallen Schneeflocken, getrieben vom
Fruehlingswind. Wirbel machen will sie keinen. "Es ist schon schwer
genug, einen Arbeitsplatz zu finden, der sich auch mit der
Kinderbetreuung ausgeht. Und ich brauch das Geld". Auf etwa 1.000 Euro
kommt D. im Monat - brutto. Ein notwendiger Bestandteil des
Familieneinkommens der Familie mit zwei Kindern. Man kommt ueber die
Runden. Ein, vielleicht, zwei Urlaube pro Jahr sind drin. Kurze und
sparsame, wohlgemerkt. Wenn keines der Kinder zum Zahnarzt muss oder
andere Sonderbelastungen anstehen.
Kein Einzelfall. Bei geringfuegig Beschaeftigten gebe es
ueberdurchschnittlich viele Beschwerden wegen Verstoessen gegen das
Arbeitsrecht, heisst es etwa von der Arbeiterkammer Niederoesterreich.
Laut ihren Erhebungen arbeiten allein in diesem Bundesland etwa 5.000
Beschaeftigte fuer mehr als einen Arbeitgeber. Der Grossteil neben dem
Hauptjob. Und ein nicht geringer Teil hat mehrere geringfuegige
Beschaeftigungsverhaeltnisse. "Das sind aber nur die geringfuegig
Beschaeftigten, die gemeldet sind und Sozialversicherung zahlen", sagt
ein Mitarbeiter der AK. Ein Zeichen, dass die Loehne in vielen
Bereichen zu niedrig sind. Dazu kommen noch mehrere Tausend, die neben
der Pension oder der Arbeitslosenversicherung geringfuegig
dazuverdienen. Beides Bevoelkerungsgruppen, bei denen jeder Euro
zaehlt. Die Zahlen gelten nur fuer Niederoesterreich. Eine
oesterreichweite Detailerhebung gibt es laut Hauptverband der
Sozialversicherungstraeger nicht. "Im April kommen die naechsten
Details. Frueher geht es nicht, wir haben eine Systemumstellung",
heisst es aus der Statistikabteilung. Dass es in anderen
Bundeslaendern wesentlich anders laeuft als in Niederoesterreich
glaubt man dort aber nicht.
Nimmt man diese Groessenordnung als Basis fuer eine grobe Schaetzung,
waeren in Oesterreich etwa 40.000 Menschen darauf angewiesen, mehr als
einen Arbeitsplatz zu haben. "Besonders betroffen sind Frauen", sagt
Claudia Tschernutter, Wirtschaftsexpertin der AK in einer
Presseaussendung. Sie machen mehr als zwei Drittel der geringfuegig
Beschaeftigten aus. An ihnen bleibt oft die Kinderbetreuung haengen.
Die ist am Land nur vormittags gewaehrleistet, Teilzeitjobs sind
Mangelware. Wie Barbara D. bleibt vielen nur die
(Schein)geringfuegigkeit. "Wie soll ich das sonst machen mit dem
Kind?" fragt eine zweite Putzfrau. Sie jongliert ebenfalls mit
mehreren geringfuegigen Jobs, in ihrem Fall bei mehreren Arbeitgebern.
Nicole, eine studierte Biologin aus Wien, ist ebenfalls betroffen.
Halbtags arbeitet sie in einer Bank. "Dann komm ich oft nur eine
Stunde heim und geh schon wieder arbeiten". Nebenbei kellnert die
34-Jaehrige in drei Lokalen. "Mit dem Hauptjob wuerde ich nicht ueber
die Runden kommen". Eine Vollzeitstelle, von der sie auch leben kann,
waere ihr lieber. "Aber ich mache nebenbei noch eine Ausbildung auf
der Uni. Und das ginge zeitlich nicht". Irgendwie ist sie auch ueber
diese Loesung froh. "So geht es fuer mich zeitlich leichter". Die
geforderte Flexibilitaet der Arbeitnehmer scheint eine Einbahnstrasse
zu bleiben. Wer Kinder zu betreuen hat oder eine Ausbildung machen
will, schafft das mit einem Vollzeitjob meist nicht. Eine lange
Mittagspause um das Kind abzuholen, einen Nachmittag fuer die
Vorlesung freinehmen, eine Woche lernen - geht alles im Regelfall
nicht. Nur wenn das Unternehmen ruft, ist Flexibilitaet eine Tugend,
wie man an der steigenden Zahl geleisteter Ueberstunden sieht. 340
Millionen gemeldete waren es 2006, juengere Daten gibt es nicht. Das
war laut Statistik Austria eine Steigerung von fast 18 Prozent
innerhalb von zwei Jahren.
Das Problem "Geringfuegig Beschaeftigte" zeigt auch die Grenzen des
angeblich boomenden Arbeitsmarkts. 271.000 sind es heute in ganz
Oesterreich. Vor zehn Jahren waren es 163.000. macht eine Steigerung
von etwa 60 Prozent. Besonders deutlich war das in den vergangenen
zwei Jahren - dem Zeitraum, in dem sich der Arbeitsmarkt angeblich
erholte. Seit Anfang 2006 gibt es um 50.000 Geringfuegige mehr.
Gemeldete, wohlgemerkt. "Immer mehr Vollzeitarbeitsplaetze werden
durch Teilzeit- oder geringfuegige Arbeitsverhaeltnisse ersetzt",
versucht Tschernutter die Entwicklung zu erklaeren. "Geringfuegige
werden oft zur Spitzenabdeckung herangezogen, vor allem im
Dienstleistungsbereich". Eine Entwicklung, die sich vor allem waehrend
eines beginnenden Konjunkturabschwungs verstaerkt. Auch wenn das
Geschaeft noch gut laeuft, stellen Unternehmer keine neuen
Vollzeitarbeitskraefte ein, wenn absehbar ist, dass die Nachfrage bald
schwaecher wird und der neue Dienstnehmer bald gekuendigt wird.
Stattdessen uebernehmen mehrere Geringfuegige die Stelle. Die koennen
nach und nach abgebaut werden. Fuenf mal acht Stunden
Wochenarbeitszeit abbauen macht es moeglich, kurzfristiger zu
reagieren als einen 40-Stunden-Dienstnehmer rauszuwerfen. Aus
Unternehmersicht ein Vorteil. Was aus den Betroffenen wird, ist
zweitrangig.
Dazu kommt, dass viele geringfuegigen Beschaeftigungsverhaeltnisse
Umgehungsgeschichten sind. Das kommt vor allem in der Gastronomie vor,
heisst es von der AK. Dienstnehmer werden nur geringfuegig angemeldet,
was geringere Lohnnebenkosten fuer den Unternehmer bedeutet. Arbeiten
sie trotzdem Vollzeit, bekommen sie den Rest schwarz ausbezahlt. Nur
kurzfristig ein Vorteil. Auf laengere Sicht fehlen Pensionszeiten,
auch die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind geringer als
bei einem regulaeren Verdienst. Ausserdem ermoeglicht das vielen
Unternehmern, Kollektivvertraege zu umgehen. Klagen sind selten. "Die
Leute kommen eigentlich nur, wenn sie gekuendigt werden", sagt etwa
ein AK-Mitarbeiter. Die meisten haben Angst, wie Barbara D. Fuer sie
hat das Verhalten ihres Dienstgebers nur Nachteile. Bei ihr fallen
diverse Beguenstigungen weg, die sie bei einem einzigen geringfuegigen
Beschaeftigungsverhaeltnis haette. Auch wenn sie sich selbst
sozialversichert hat - jedes Jahr muss sie mehrere hundert Euro an
Steuern und Sozialversicherungsabgaben nachzahlen. Waere sie regulaer
beschaeftigt, wie es ihr zustuende, waeren solche Nachzahlungen fuer
sie kein Thema.
*Viktor Englisch*
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