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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. April 2008; 19:18
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EU-Vertrag:
> Demonachlese
Das Wetter war an diesem Samstagnachmittag recht gemischt, eigentlich 
kuehl, doch wenn die Sonne hervorkam wirklich leiberltauglich. So 
aehnlich gemischt war auch die Kundgebung der "Plattform 
Volksabstimmung". Etliche hundert Leute standen da um 15 Uhr vor dem 
Parlament und der Grossteil davon waren - in Anlehnung an Josf 
Ratzenboeck gesagt - Kronen-Zeitungs-Leser, denen man es ansah. Und 
die mussten sich aus dem Lautsprecher (ausgeliehen von den Wiener 
Gruenen) Konstatin Wecker und die Internationale anhoeren. Dann kam 
die Demo vom Westbahnhof an - mit ganz vielen roten Fahnen und auch 
einigen in Rot-Weiss-Rot.
Die Menschenkette um das Parlament wird gebildet und schliesslich 
werden Reden geschwungen. Als erstes Freda Meissner-Blau, die 
ehemalige Frontfrau jener Partei, die dieser Tage als einzige 
Oppositionspartei fuer die Ratifizierung des EU-Vertrags stimmen wird. 
Und zum ersten Mal gefiel mir, was FMB sagte. Denn sie positionierte 
sich glasklar, indem sie meinte, dass sie zwar fuer eine 
Volksabstimmung, aber gegen die "hasserfuellte" Kampagne der 
Kronen-Zeitung sei. Ein lautes "Buuuh" erhob sich. Warum gebuht wurde, 
war hingegen nicht so ganz klar - offensichtlich buhte der einen Teil 
wegen der Beschimpfung der Kronen-Zeitung, waehrend der andere Teil 
wohl die Kronen-Zeitung selbst ausbuhte und anschliessend die 
Verteidiger der Kronen-Zeitung ausbuhte, in Ermanglung eines griffigen 
Slogans, den man in der unerwarteten Situation haette skandieren 
koennen. Als Meissner-Blau dann wieder zu Wort kam, meinte sie noch, 
wenn die EU der Meinung waere, sie braeuchte das Volk nicht, dann 
koenne sie das haben, und rief zum Wahlboykott auf. Aehnlich auch 
Hubsi Kramar, der meinte, das Publikum haette es sich jetzt endgueltig 
mit der Obrigkeit verscherzt: "Die Regierung mag euch nimmer!" und 
"Ihr seids eben ziemlich bloed: Wenn Wahlen etwas veraendern koennten, 
waeren sie laengst verboten!" Zuletzt gab er dem Publikum mit auf dem 
Weg, dass das jetzt sowieso alles anders wird: "Die paar Rechte, die 
ihr jetzt noch ein paar Jahre habts, geniesst sie noch ein bisserl!"
Laut Veranstalter war die Demo ueber 5000 Menschen gross, von 2700 
sprach die Polizei. Diese hielt sich uebrigens auffallend im 
Hintergrund - bei einer Kundgebung, zu der die Kronen-Zeitung 
aufgerufen hatte, provoziert man nicht. Ebenfalls aufgerufen soll 
H.C.Strache per persoenlichem Brief die Mitglieder seiner Partei zu 
dieser Kundgebung haben - so behauptete das zumindest ein anwesender 
FPOeler. Der Versuch eine Querfront zur Linken aufzubauen ist 
allerdings eindeutig belegt: FPOe-Generalsekretaer Vilimsky zeigte 
sich laut Aussendung "enttaeuscht" ueber den mangelnden 
Kooperationswillen der Linken: "Nur gemeinsam koennen wir dieses 
Globalisierungsmachtwerk der Eurokraten aus Bruessel zu Fall bringen. 
Das sollten auch die Organisatoren der heutigen Demo nicht aus den 
Augen verlieren."
Das Establishment hingegen tut alles, damit EU-Kritik absolut nicht 
salonfaehig wird. Bei der ORF-Diskussionssendung am Sonntag Abend 
waren neben dem Verfassungsrechtler Mayer nur die fuenf 
Klubchefitaeten eingeladen - damit ging man absolut sicher, dass jeder 
Protest nach nationalistischer Rueckwaertsgewandheit aussieht. Denn im 
Parlament gibt es keine fortschrittliche Stimme gegen den Lissaboner 
Vertrag. Und im Montags-"Standard" durften wir unter dem subtilen 
Titel "Der EU-Vertrag ist gut fuer Oesterreich" einen Leitartikel von 
Thomas Mayer lesen, der uns erklaerte, was nun die Pflicht von Politik 
und Medien sei: "Wenn es gelte, grundsaetzliche Ziele - Aussoehnung 
zwischen Staaten, Ausbau der Freiheit, der Grundrechte, des Wohlstands 
der Buerger und der europaeischen Demokratie - voranzubringen, dann 
muessten Politiker Rueckgrat zeigen. Auch die Medien, die Art und 
Qualitaet des oeffentlichen Diskurses mitbestimmen." Jawoll! Wenn die 
Menschen ihre neuen demokratischen Rechte nicht wollen, dann muss man 
sie eben dazu zwingen. Auch ein Standpunkt...
*Bernhard Redl*
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