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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Maerz 2008; 18:46
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Glosse/EU:

> Ein Schmuddelthema

Letzten Freitag veranstaltete die Initiative "Rettet Oesterreich" eine
Kundgebung mit der Forderung nach einer Volksabstimmung ueber den
EU-Vertrag. Es werden wohl nicht ganz tausend Leute gewesen sein, die
da im stroemenden Regen am Ballhausplatz standen. Von der Buehne
laesst ein Redner der "Kronen-Zeitung" schoenen Dank ausrichten, dass
sie die Kundgebung mit ihrer Berichterstattung unterstuetzt habe.
Mittendrin im Publikum sind zwei FPOe-Transparente zu sehen. Peter
Westenthaler, aus Angst nicht bemerkt worden zu sein, betonte in einer
Aussendung am Tag danach, dass er auch einen solidarischen Sprung
vorbeigemacht habe. Mit anderen Worten: Eine total liebenswerte
Gesellschaft...

Da nimmt es auch nicht wunder, dass die meisten fortschrittlich
gesinnten Menschen bei aller Skepsis gegen die EU generell und dem
Lissaboner Vertrag im Speziellen das Grauen packt, mit wem sie da
einer Meinung sein koennten. Es gibt zwar auch die astrein linke
Initiative volxabstimmung.at, aber wer ausser Insidern kennt die
schon -- der durchschnittliche Zeitungsleser kaum, egal ob Krone- oder
Standard-Abonnent.

So bleibt die Kritik Sache der Schmuddelkinder der Politik und so
werden diese auch behandelt. Letzte Woche wurden neun Abgeordnete des
EU-Parlaments wegen "Stoerens" durch das Parlamentspraesidium mit
Geldbussen bestraft -- sie hatten an einer Aktion einer groesseren
Gruppe teilgenommen, die im EU-Parlament ein Transparent mit der
Forderung nach einem Referendum ueber den Lissaboner Vertrag
hochgehalten hatten. Wohlgemerkt: Das war eine Aktion von Abgeordneten
und nicht eine im Publikum. Natuerlich waren das eh nur wieder die
ueblichen Verdaechtigen. Einer der Wortfuehrer war der wenig beliebte
und tatsaechlich schwer einzuordnende Hans Peter Martin -- der
Oberlausbub des Parlaments. Und Lausbuben haben nicht zu stoeren, die
sollen froh sein, wenn sie zuhoeren duerfen. Wen man aber so einfach
abstrafen kann, wen man in die Ecke stellen kann, damit er sich
schaemt -- ja, das kann ja niemand sein, mit dem man etwas zu tun
haben moechte.

Umgekehrt weigerte sich das EU-Parlament, einen Beschluss zu fassen,
die Entscheidung des irischen Referendums zu respektieren -- so quasi:
man kann doch den schoenen Vertrag nicht wegen ein paar Miesmachern
fallen lassen.

Proteste gegen die EU-Politik werden nicht verboten, nicht
unterdrueckt. Nein, man ueberlaesst die Kritik den Schmuddelkindern
oder macht die Kritiker erst zu Schmuddelkindern. Da steckt nicht
unbedingt die grosse Strategie dahinter, aber es fuegt sich perfekt
und niemand, der was zu sagen haette, mag dagegen etwas einwenden.
Auch so funktioniert Demokratie.
*Bernhard Redl*


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