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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Maerz 2008; 17:32
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Zeitgeschichte:
> Wer war Hermann Abs?
Ueber das Nazireich und seine Bank
Maerz 1938: Der Sumpf an der Macht. Jubelnde Massen auf dem
Heldenplatz. Die ersten Zuege rollen aus Oesterreich nach Dachau.
Eichmann in Wien. Der gesamte Apparat, wohl geuebt darin, jede
Freiheitsregung niederzumetzeln, laeuft ueber zu den neuen Herren, mit
denen so manche in der Polizei, in der Justiz, im Heer so lange schon
sympathisierten.
Hinter den Kulissen werden Aktien verschoben. Abs in Wien. Anschluss
der Creditanstalt an die Deutsche Bank. Kennen Sie sich noch aus?
Eichmann ist doch irgendwie auch heute noch ein Begriff. Aber - Abs?
Wer war das nur? Und was hat das mit uns zu tun?
Hermann Josef Abs stand fast vier Jahrzehnte ganz oben an der Spitze
der Deutschen Bank. Seit 1938 gehoerte er ihrem Vorstand an. Er war
ihr Verbindungsmann zur Reichsregierung, er leitete ihre
Auslandsabteilung und schaltete die Firmen in den angeschlossenen
Laendern gleich. Er sass auch im Aufsichtsrat der "IG Farben", einer
der schlimmsten Sklavenhalterfirmen im Dritten Reich. 1976 ging er in
Pension, aber noch kurz, bevor er 1994 starb, nannte man ihn
"Deutschlands maechtigsten Mann".
Der Chemiekonzern IG Farben hielt waehrend des Zweiten Weltkriegs etwa
350.000 Zwangsarbeiter - unter anderem im firmeneigenen
Auschwitz-Nebenlager Monowitz; seine Tochterfirma DEGESCH ("Deutsche
Gesellschaft fuer Schaedlingsbekaempfung") lieferte Zyklon B fuer den
Massenmord und haeufte so enorme Kriegsprofite an. Aber davon hat Herr
Abs doch sicher nichts gewusst.
Blicken wir ein wenig zurueck: Abs war nicht der erste Fuehrer der
Deutschen Bank. Ihr Gruender (1870) war Georg von Siemens; im selben
Jahr gruendete Bismarck das zweite Deutsche Reich. Die enge Verbindung
von Finanzkapital und Industrie, wie die Familie Siemens sie
verkoerperte, bestimmte fortan die Geschaeftspolitik der Deutschen
Bank.
Emil Georg von Stauss (1920-1933 Vorstand, dann Aufsichtsrat der
Deutschen Bank und Vizepraesident des Nazi-Reichstags) hatte (wie ein
Grossteil der deutschen Wirtschaft) den Aufstieg Hitlers massgeblich
unterstuetzt.
Von Stauss war schon einer der Baumeister der deutschen
"Suedoststrategie" vor und im Ersten Weltkrieg gewesen. Er hatte
vergebens versucht, der Deutschen Bank die Erdoelquellen in Rumaenien
und am Persischen Golf zu sichern. Nach dem verlorenen ersten Krieg
hatte er die deutsche Automobil- und Luftfahrtindustrie gross gemacht.
Seit 1930 Abgeordneter der Deutschen Volkspartei im Reichstag,
gehoerte von Stauss zu Goerings besten Freunden und ebnete (politisch
und finanziell) Hitlers "Machtergreifung" den Weg.
Er starb 1942. Elektrokonzernchef von Siemens (dessen Firma Hitlers
Aufstieg finanziert hatte und im Krieg unzaehlige Zwangsarbeiter
ausbeutete) pries ihn als "einen Mann, dessen wirtschaftliche
Unternehmungen stets von politischen Ueberlegungen getragen waren."
Damals, im Krieg, war aber schon Hermann Josef Abs der starke Mann der
Deutschen Bank.
Am 5. Maerz 1938, ein paar Tage vor dem Einmarsch, nahm Abs erstmals
an einer Sitzung des Aufsichtsrats der Creditanstalt teil. Die
Deutsche Bank besass einen Minoritaetsanteil der Aktien der CA (13 %)
und haette gerne mehr davon gehabt. Wie Abs spaeter berichtete, wurde
dieser Wunsch "nicht einmal eroertert". Wenige Tage spaeter
marschierten die Deutschen ein.
Bald darauf, am 26. Maerz 1938, war Abs wieder in Wien. Deutsche Bank
und CA unterzeichneten ein Dokument, demzufolge die Deutsche Bank
"bereit" war, einen Grossteil der Aktien der CA zu uebernehmen und
"Berater" zur Verfuegung zu stellen, um die "Anpassung der
Creditanstalt" an die Veraenderungen durch den Anschluss zu
"erleichtern".
Hat nicht gleich geklappt, denn die Aktienmehrheit der CA gehoerte dem
Staat Oesterreich, den es jetzt nicht mehr gab, und wurde nun einer
Holding des deutschen Finanzministeriums (VIAG) uebertragen. Aber
schon im Dezember 1938 setzte Abs - auch gegen Teile der Nazipartei,
die nicht gleich einsahen, wer hier das Sagen hatte - seinen Willen
durch.
Die Deutsche Bank besass nun 38 % der CA-Aktien, bildete mit der VIAG
ein Konsortium und bestimmte den Kurs. Auch die Boehmische Unionsbank
wurde ihrem Imperium angeschlossen. 1942 erhielt die Deutsche Bank
weitere 25 % CA-Aktien und war nun Hauptaktionaer.
Damals, auf dem Hoehepunkt der deutschen Expansion, war die Deutsche
Bank die groesste Bank Europas. Sie kontrollierte die deutsche und
europaeische Industrie in einem bis dahin unbekannten Ausmass.
Natuerlich ging es 1938 nicht nur um die Aktienmehrheit einer (ehemals
juedisch gefuehrten) Bank. Aber doch zu einem nicht unwichtigen Teil.
Das rassistische Gejohle der Nazis interessierte Abs nur insoweit, als
sie seinen Expansionsplaenen nuetzten.
Von Wien aus bereitete Abs den Anschluss der Banken und Rohstoffe
Suedosteuropas vor. Die Deutsche Bank gehoerte zu den grossen
Gewinnern der Arisierungen und der Sklavenarbeit. Dabei machte sich
Abs die Finger nicht schmutzig: Die Nazis und die Wehrmacht erledigten
fuer ihn die Drecksarbeit.
Auch die Niederlage Hitlers schadete ihm und seiner Bank nicht
nachhaltig. Abs war drei Monate eingesperrt. Die US-Militaerregierung
in Deutschland (OMGUS) - deren Arbeitsgruppe "Deutsche Bank" aus
juedischen Fluechtlingen und progressiven Historikern bestand -
empfahl, die Deutsche Bank zu liquidieren und ihre verantwortlichen
Mitarbeiter als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen.
Aber der Wind drehte sich rasch. Im Kalten Krieg waren Amerika und
Westdeutschland Verbuendete gegen die "rote Gefahr".
Abs war die dominante Figur der deutschen Wirtschaft - und somit auch
der deutschen Politik, all die Jahre und Jahrzehnte lang. Er war nie
bei der NSDAP und auch spaeter bei keiner anderen Partei. Das hatte er
nicht noetig, er war auch so maechtig genug.
Er war einer der Baumeister des neuen vereinten Europa unter deutscher
Hegemonie. Unter ihm dienten die deutschen Kanzler Adolf Hitler,
Konrad Adenauer und Willy Brandt. Die Kanzler kamen und gingen; das
Imperium der Deutschen Bank wuchs und gedieh.
*Michael Genner*
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