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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 4. Maerz 2008; 19:28
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Debatte:

> Missbrauch der Reformpaedagogik

Zu: "Schule ohne Konkurrenz!" (akin 6/08, akin-pd 19.2.2008)

In ihrer letzten Ausgabe liess die akin den Betrachtungen eines
"Paedagogen" freien Lauf. Dem Darwinismus nicht abgeneigt, empfiehlt
jener strenge Auswahlverfahren, die auf alternative
Unterrichtsmethoden aufgebaut werden sollen. Widerlicher geht es nicht
mehr. Wir koennen nur froh sein, dass die buergerliche
herrschaftsstabilisierende traditionelle Paedagogik noch nicht erkannt
hat, wie effiziente Schulpaedagogik auf Basis der Selektion
alternative Methoden anwenden koennte. Besagter Herr argumentiert,
dass nicht alle Kinder gleichzeitig alles lernen und ohnehin nur das
behalten, was sie interessiert (no na !!!); er zieht die
Schlussfolgerung, dass die Kinder nur mehr mit Angeboten konfrontiert
werden sollten, die sie dann ‚selbstbestimmt' auswaehlen. So wuerden
sie sich schon als Kinder zu Spezialisten entwickeln, die in
Universitaeten kein Problem mehr haetten, Lehrinhalte ‚qualifiziert'
auszuwaehlen. Wer hat denn Lust auf lustlos Studierende !!! Ja und
dann haetten wir da Erwachsene, die bereits im Alter von 12 Jahren
gewusst haben, dass es ihr Lebenstraum sein wird, Bauer/Baeuerin,
BaeckerIn oder StrassenkehrerIn zu werden, oder wie? Die Begriffe
Experiment, Entdeckung, Beobachtung der Gaben, Motivation und Weckung
bzw. Foerderung des nach Neugier strebenden Wesens kommen in dem
Artikel genauso wenig vor wie das Ziel der gluecklichen Kindheit und
des nach Glueck strebenden Menschen. So ein Zufall aber auch. Es wird
ja auch nicht die Frage gestellt, welche Erwachsene mit welcher
Kompetenz Interessen eines Kindes entdecken. Beinahe schon peinlich
wird die Frage vermieden, welche Erwachsenen ueber Interessen und
Neigungen jener Kinder und jungen, Erwachsenen entscheiden, wodurch
sie ihnen Bildungsmoeglichkeiten gewaehren oder vorenthalten. Es
braucht keine Heranziehung der herkoemmlichen Statistiken, um zu
beobachten, dass Kinder aus den "bildungsfernen" Verhaeltnissen
eklatant vernachlaessigt werden. Summerhill baut auf der
Inanspruchnahme des freiwilligen Angebotes auf, Montessori spricht
davon, dass es nur noetig ist, den Lernenden die Schoenheit des Lebens
und Lernes basal erlebbar zu machen; am eindringlichsten und erstmals
explizit erwaehnend, warnte das Sivus-Modell davor, dass es eine
Leichtigkeit sei, die Methode ihres Inhalts entleert als
diktatorisches Modell aufzubauen; die Praxis hat bereits den Beweis
erbracht, und jenen, die diesen paedagogischen Ansatz entworfen haben,
war die Gefahr bewusst; sie hatten in der Einleitung all ihrer
Schriften darauf aufmerksam gemacht, in der Hoffnung, dass die Methode
dann nicht missbraucht werden wuerde.

Reformpaedagogische Ansaetze sehen den nach Freiheit und Entfaltung
strebenden Menschen als ihre Basis an: ihr erster Grundsatz ist die
Liebe und Zugeneigtheit zum Menschen sowie die Offenheit fuer die
Entdeckung von Entwicklungspotentialen und damit Interessen. Ein
Bildungssystem, welches die buergerliche Herrschafts- und
Untertanenverhaeltnisse als naturgegeben hinstellt, dessen
Eigeninteresse auf der Stabilisierung eben jener Gewaltstrukturen
beruht - will vermittels Selektion im Kindesalter jedem Maedchen und
jedem Buben ihren und seinen "Platz in der Gesellschaft" zuweisen.
Das, so will es der Autor, weil dann die Wirtschaft gut funktioniert

Wenn kein Mensch das Recht hat, ein Urteil ueber einen anderen
Menschen zu faellen, warum sollte dann einem Erwachsenen die
Moeglichkeit eingeraeumt werden, ueber den Lebensweg junger und
juengerer Menschen eine Entscheidung zu treffen - insbesonders eine
Entscheidung ueber Zugangs- und Ausschlusskriterien zu Wissen und
Bildung? - Der Textzeile: Wer hat uns verraten, Sozialdemokrat(inn)en,
koennte an dieser Stelle hinzugefuegt werden: Wer hat uns betrogen,
Berufspaedagog(inn)en.
*rosalia krenn*



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